Es stank fürchterlich und brannte ein bißchen in den Augen!" Die Erde, die ein Mann gerade auf dem Waldweg bei der Straße Ringheide in Neugraben abgeladen hatte, kam Oliver Plett (14), Lars-Christian Geschonke (8) und seinem Bruder Karl-Alexander (11) "irgendwie komisch" vor. Als die Kinder sie näher untersuchten, stießen sie auf leere Glasampullen, die zum größten Teil serbrochen waren. Den Fund zeigten sie zu Hause ihren Eltern. Beunruhigt alarmierten sie das Neugrabener Ordnungsamt, das schnell ermittelte, woher die Erde mit den Ampullen gekommen war. Daß in dem Sand auch Spuren des hochgiftigen Hexachlorcyclohexans (HCH) waren, wurde erst später bei der Untersuchung in Hamburg festgestellt.

"Ich hatte ja keine Ahnung, aau aas gefährüch sein könnte", sagt Karlheinz Hartz (45) aus der Straße Lehmheide. Der Mann hatte einen Tell der Erde bei Gartenarbeiten übriggehabt und damit Schlaglöcher auf dem nahen Waldweg stopfen wollen. Wie gefährüch der Sand aus dem Garten von Karlheinz Hartz war, ahnte auch das Ordnungsamt zunächst nicht: Es forderte den Hauseigentümer und Gartenfreund Hartz auf, die Erde sofort wieder in seinen Garten zurückzubefördern. "Karreschieben ist mein Hobby", sagt der kaufmännische Angestellte Hartz seitdem ironisch, denn nur zwei Tage später war er den Sand schon wieder los.

Die Behörden hatten den Sand zur Untersuchung in die Anstalt für Hygiene in Hamburg schaffen lassen. Mehrere Personen, die mit dem Abtransport der Erde beschäftigt waren, klagten anschüeßend über Hautreizungen. Ärztllche Behandlung- so Wolfgang Pages, Sprecher der Hamburger Umweltbehörde - waren jedoch nicht erforderiich.

Die Bewohner der Neubausiedlung Ringheide warten jetzt auf das endgültige Ergebnis der Bodenuntersuchung. "Was wir wissen, ist das Resultat einer Bützanalyse", sagt Wolfgang Pages.

Pages vermutet daß die Glasampullen wohl aus der Produktion emer Pharmafabrik, die das Gelände früher genutzt hatte, stammen.

Wie das hochgiftige HCH in den Boden gekommen ist, weiß er nicht. Der Behördensprecher: "Aus der Produktionspalette der Firma ergibt sich das nicht. Aber es kann natürüch nicht ausgeschlossen werden, daß die doch irgendwann einmal Pflanzenschutzmittel produziert haben!"

Hexachlorcyclohexan ist der Hauptbestandteü etücher Insektenvernichtungsmittel, die unter verschiedenen Namen im Handel sind. Das Gift verursacht beim Menschen Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen und kann zu schweren Leberschäden führen. HCH gelangt beim Einatmen über das Blut und die Leber in das Fettgewebe, wo es abgelagert wird. In BUlbrook hatten im vergangenen Jahr Angehörige der Umweltschutzorganisation "Greenpeace" einen Schornstein der Chemiefabrik Boehringer besetzt. Sie wollten damit gegen die Produktion des Pflanzenschutzmittels "Lindan", bei dem HCH- Staub vöüig unkontrolüert in der Gegend herumfliegen konnte, protestieren. Landwirte durften damals Obst und Gemüse wegen der hohen HCH-Niederschläge nicht verkaufen. HOLGER BAUER