Alle, die das frostige Spitzengespräch zwischen Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und seinem Herausforderer Walther Leisler Kiep noch in Erinnerung hatten, waren bei der ersten Bürgerschaftsiitzung nach der Wahl baff. Kiep, Jetzt CDU-Abgeordneter, eüte strahlend auf Dohnanyi zu und schüttelte ihm kräftig die Hand. Sinneswandel zwischen vor-

Kitem und festem? Die Aufklärung: ir Bürgermeister feierte M. Geburtstag. Doch die Aufmerksamkeit des Hauses richtete sich schnell auf die Plätze gar" Unkt außen im Plenarsaal, Ein BUtzüchtgewitter ging Über die Abgeordneten der 0 AL nieder, die neue Kraft, die zur ersten polltischen Entfaltung im Hamburger Parlament Platz nahm. Wer Bürger?chreclu erwartet hatte, wurde enttäuscht Da saßen zunächst einmal neun meist Junge Leute von nebenan.

Ganz geheuer war ihnen im holzgetäfelten Sitzungssaal aber nicht "Ich komme mir hier vor wie im alten deutschen FUm. Hier ist alles sehr abgehoben, so, als ob der Kongreß tanzt", kommentierte sensibel GAL-Fraktionschef Thomas Eberiruuän"

Aber anders als nach einem guten alten deutschen Film spendeten die Parlamentsneulinge Alterspräsidentin Charlotte Fera (CDU) nach ihrer Eröffnungsrede keinen Beifall Statt dessen sorgten sie für einen ersten zarten Paukenschlag. "Wir wollen eine Pause", verlangten sie nach gut 20 Minuten - und bekamen sie sofort und ohne Widerspruch. CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau kommentierte diesen ersten Parlamentssieg der GAL gelassen: "Wenn deren Erfolgserlebnisse auf diesem Niveau bleiben, kann ich das aushalten." ,

Während die Grün-Alternativen berieten, wie sie auf die Gedanken, Ermahnungen und guten Wünsche von Charlotte Fera reagieren sollten, zeigte Parlamentsneuling Ingeborg Knipper (CDU) bützschnelle Reaktion. Ei ging ums Geld und um protokollarischen Nachhilfeunterricht.

Ihr Fraktionskollege Uwe Neubüser. "Haben Sie sich schon in die Anwesen. heitsllste eingetragen? Sonst gibt es keine Diäten." Frau Knipper: "Eingetragen schon längst, aber bisher hat mich noch niemand nach meiner Kontonummer gefragt."

Ob die GALer unterdessen im Fraktionsraum 164, früher mal Besitzstand der FDP, wohl Kreide gefressen haben? Thomas Ebermanns Antwort auf die Rede der Alterspräsidentin jedenfalls war dem im Parlament übllchen Ton durchaus angemessen.

Der Grüne später: "Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, daß wir alle einen moderaten Unterton in der Stimme hattea" Und dann - Drohung an die Parteien herkömmllcher Art? - weiter: "Heute ging's ja nur um Formalien. Wenn es um die Inhalte geht, wird das anders." Muß man also noch mit tanzenden Derwischen auf den Parlamentsbänken rechnen? Dazu gab die GAL ein Versprechen ab: "Die vorherrschende Form der Kommunikation im Parlament wird verbal bleiben."

Die erste Bürgerschaftssitzung besaß dennoch außergewöhnllche Anziehungskraft. Gänge, Logen, Zuschauertribüne alles war proppenvoll Vor allem Ehefrauen der Parlamentarier zierten das Hohe Haus. Unter ihnen: Elke Klose, Frau des ehemaligen Bürgermeisters und Jetzigen SPD-Abgeordneten Hans-Ulrich Klose. Ganz in Türkis reichte sie einer Grünen mehr als die Hand. Für Regula Schmidt-Bott, einst SPD-Vorstandsmit- §Ued und nach Kloses Rücktritt aus der PD aus- und in die GAL eingetreten, hatte sie gelbe Gerbera zur Parlamentspremiere mitgebracht.

Die Bürgerschaftskanzlei indes wird sich erst noch an die GAL-Leuto gewöhnen müssen. Sie nämllch konnten nicht einsehen, daß zwar Kanzlei, Präsidium und Senat während der Sitzung mit Mineralwasser versorgt werden, die Abgeordneten aber nicht. Kurzerhand holten die GALer sich die Wasserflaschen vom Kanzleitisch. CDU-Bürgermeisterkandidat Kiep anerkennend: "Gute Idee." Und er witzelte: ?Nächstes Mal hole ich mir die von Dohnanyi.

SUSANNE VON BARGEN

MENSO HEYL

Die Besetzung der Ausschüsse

Ohne Komplikationen verllef die Wahl für den Bürgerausschuß. Nach den Mehrheitsverhaltnissen in der Bürgerschaft stellt die CDU - neben dem Parlamentsprttsidenton - zehn Abgeordnete: Walther Leisler Kiep, Hartmut Perschau, Wolfgang Peiner, Rolf Kruse, Klaus Lattmann, Karl-Heinz Ehlers, Alfred de Chapeeurouge, Charlotte Fera, Ove Franz und Fridtjof Kelber.

Für die SPD kommen neun Abgeordnete: Henning Voscherau, Bodo Schümann, Eugen Wagner, EUsabeth Kiausch, Erich Rumpel, Hans Peters, Reinhardt Hinze, Gerd Weiland und Hans Saalfeld.

Für die GAL zieht Thea Bock in den Ausschuß, der unter anderem auch als sogenanntes Notparlament fungiert.

Weniger glatt Uef die Wahl von je drei Mitglledern und Stellvertretern für die sogenannte G-10- Kommission (Kontrolle bei der Beschränkung des Post- und Briefgeheimnisses durch die Po- Uzei) sowie für den Ausschuß zur Kontrolle des Verfassungsschutzes. Die GAL-Abgeordnete Bettina Hoeltje: "Auch wir haben einen Sitz zu beanspruchen. Alles andere ist gegen den Wählerwülen." Schlleßllch habe man 1974 bis 1978 auch der FDP einen Sitz zugestanden. Die SPD: "Damals hatten wir von zwei Sitzen der FDP einen abgegeben. Jetzt bekommen wir nur noch einen Sitz, und den brauchen wir selbst" Die CDU, sie bekommt jetzt zwei Sitze, meinte zur GAL: "Sie hätten eben 30 Prozent der Stimmen holen müssen."

Gewählt wurden Hartmut Perschau und Joachim Lampe (Stellvertreter Rolf Kruse und Klaus Lattmann) für die CDU sowie Henning Voscherau (Stellvertreter Hans- Jürgen Grambow) für die SPD. Bernd Vetter (GAL) verlor, bekam aber bei der G-10-Kommission genau wie seine Fraktionskollegin Thea Bock beim Verfassungsschutz-Ausschuß acht Stimmen mehr, als die GAL-Fraktion Mitglleder hat scho.