Zu dem kürzlich durch unser Redaktionsmitglied Max Conradt zur Diskussion gestellten Thema “Verstaatlichung der Medizin“ veröffentlichten wir am 28. Februar mehrere Leserbriefe. Nachstehend einige weitere Auszüge aus eingegangenen Briefen:

Alle Arzte Staatsbeamte?

Ihr Artikel "Alle Ärzte Staatsbeamte?" hat mich sehr interessiert. Es wäre nicht auszudenken, wenn ich mir meinen Arzt eines Tages nicht mehr aussuchen könnte. Es gibt oft Situationen, da braucht man einen Vertrauten, und da gibt es heute eben nur noch den von mir gewählten Arzt. Wenn das auch in Deutschland eines Tages anders würde, wäre das meines Erachtens ein großer Rückschritt.

Uwe Preetzel, Hbg. 4

Kein Vorbild

loh bin ganz und gar gegen eine Verstaatlichung des Gesundheitswesens, da ich das System aus eigener Erfahrung in Schweden kennengelernt habe, als ich dort mit der Familie für zwei Jahre wohnte (1970 ? 71). Es ist tatsächlich so, wie Sie schreiben, daß dde Ärzte ihren Beruf als Job betrachten und man monatelang auf Aufnahme ins Krankenhaus warten muß.

Selbst bei aikuten Fällen muß man stundenlang in der Ambulanz warten. Hierzu ein Beispiel: Mein Sohn brach sich eines Tages auf dem Heimweg von der Schule den Arm. Wir konnten mit ihm nun nicht in das nächste Krankenhaus fahren, nein, wir mußten in das für uns zuständige, das eine halbe Autostunde von unserer Wohnung entfernt war. Dort warteten wir von nachmittags um halb vier bis abends acht Uhr, bis endlich der zuständige Arzt kam (zwischendurch hatten Schwestern und Assistenzärzte einen Blick auf den "Fall" geworfen) und uns sagte, was gemacht werden würde. Dann warteten wir wieder bis um zehn Uhr abends. Zu dem Zeitpunkt kam unser Sohn in den OP zum Eingipsen des Armes, da es ein komplizierter Bruch war.

Man bedenke, welche seelische Belastung für ein siebenjähriges Kind, das schon starke Schmerzen zu ertragen hatte. Bei der Nachuntersuchung fand ich dann jedes Mal einen anderen Arzt vor, der sich also nur an Hand der Karteinotizen ein Bild von dem Heilungsverlauf machen konnte.

Seit Wochen habe ich darauf gewartet, ob sich wegen des Schließens der Deutschen Werft wohl eine Stimme erhebt. Es ist eine Schande, daß es soweit kommen mußte. Natürlich haben nicht die Japaner an allem schuld. Zwar sind die Löhne dort nur halb so hoch wie bei uns. Wenn man bedenkt, daß im Schiffbau die Lohn- und lohnabhängigen Kosten etwa 35/45 % der Baukosten eines Schiffes betragen, so ist natürlich der Lohn ein entscheidender Faktor. Für Zahnpasta und Gardinenstangen haben wir Kartelle, die die Hand erheben, für Löhne haben wir kein Anti-Trust-Gesetz. Jeder soll leben und gut leben. Aber es ist doch kindliches Denken, durch zu hohe Löhne ganze Industrien lahmzulegen und nachher über Steuern und Geldentwertung mit Ertragsausgleichen die Schiffswerften wieder zu beleben.

Auch die Japaner haben in Korea, in Hongkong, Taiwan und anderen Ländern mit riesigen Arbeitslosenmassen kühne Wettbewerber, denn bei der heutigen Technik kann man überall, auch in unterentwickelten Ländern, Seeschiffe, große Carrier, bauen. Am Persischen Golf, in Dubai, will man eine Groß-Schiffswerft erstellen, in einem Gebiet, wo sich 70°/o der Weltschiffstonnage kreuzt. Modernste Technik und niedrige Löhne sind für deutsche Werften und Reeder eine tödliche Konkurrenz. Niemand kann in Europa und in den USA erwarten, daß Banken Unternehmen finanzieren und modernisieren, die weder leben noch sterben können. Aber nachdem wir mit beispiellosem Schwung die Wirtschaft aus den Trümmern zur Weltklasse erhoben haben, scheinen wir vom "Hans-im-Glück"-Taumel erfaßt zu sein.

Natürlich mangelt es hier und dort vielleicht auch am Management. Für Seeschiffahrt brauchte man schon immer, nicht nur auf See, ganze Männer. Diplome allein machen keine Unternehmer. Wer ein hohes Regierungsamt bekleidet hat, braucht noch nicht fähig zu sein, eine gute Rolle im Weltschiffbau zu spielen.

Ich könnte noch mehrere solcher Beispiele anführen, aber das würde wohl zu weit führen. Das Ende vom Lied ist schließlich, daß man sein Geld zusammenrafft und einen Privatarzt aufsucht. Der wohnt irgendwo in der Nähe, und man kann jederzeit nach vorheriger Anmeldung hingehen.

Im Gegensatz zur Ambulanz oder dem Distrikarzt (beides staatlich), wo ein Besuch sieben Kronen kostet, knöpft einem der Privatarzt zwischen, 60 bis 100 Krorten ab. Neben dem Gesundheitswesen wurden in Schweden ja auch die Apotheken verstaatlicht. Dies brachte aber keineswegs eine Verbilligung der Arzneimittel mit sich. Hildegard Grospitz, Hbg. 73

Chancengleichheit

Man muß Ihnen sehr dankbar sein dafür, daß Sie das Thema "Alle Ärzte Staatsbeamte?" zur Diskussion stellen. Es ist ein Thema, das uns alle angebt, und außerdem ist es so, daß das Gesundheitswesen zu den ersten und heftigsten Kampfgebieten der Sozialisten gehört. Ich meine, es ist sehr gut, daß wir uns immer wieder die abschreckenden Beispiele in England und Schweden vor Augen führen können. Es ist gut, daß hier jedem, der nicht endgültig ideologisch verklemmt, ist, klargemacht wird, wie illusionär die schöne neue Welt der Sozialisten ist.

Auf jeden Fall ist unser "kapitalistisches" Gesundheitswesen wesentlich effektiver und kostengünstiger. Aber auch in unserem Gesundheitswesen würde ein bestmöglicher medizinischer Dienst sicher beträchtlich mehr kosten, als z. Z. von gesetzlich Versicherten hierfür aufgebracht wird. Es wäre also ganz simpel zu fragen, was man den gesetzlich Versicherten für die Gesundheit von ihrem Einkommen wegnehmen kann, ohne daß sie anfangen zu meutern. Ich muß noch darauf hinweisen, daß sowieso das Gesundheitswesen einen steigenden Teil der steigenden Einkommen benötigen, wird. Was soll eigentlich das Gerede von "Chancengleichheit"? Soll etwa ver-

Das Ende der Deutschen Werft

Der Wirtschaft fehlt es nicht nur an Stabilität, sondern auch an Harmonie, an dem Gefühl und dem Bewußtsein, gemeinsam der deutschen Volkswirtschaft zu dienen.

Solange nicht jedermann durchdrungen ist, mehr als seine Pf licht zu tun, muß die Regierung in unseren Steuersäckel greifen, um Schiffswerften mit Weltruf am Leben zu erhalten. Ich hoffe und wünsche, daß im Aufsichtsrat der Howaldswerke? Deutsche Werft AG noch ein Mann zu finden ist, der das Werk von William Scholz, seiner Arbeiter und Mitarbeiter weiterführt. Als die Harland & Wolff Shipyard nicht weiter wußte, hat man sich Iver Hoppe aus Dänemark nach Belfast geholt. Die großen Aufträge, die die Werft in Belfast erhalten hat, sprechen für Hoppe. Sollten wir uns schämen, einen überragenden Japaner zu nehmen, aus einem Volk, das wir früher gerne als Preußen des Fernen Ostens rühmten? IHI-Ishikawajima-Harima, Tokio, haben ihr Know-how unter anderem auch zwei italienischen Werften verkauft. Die Italiener haben sich nicht geniert.

F. K. R. Werner, Hbg. 52

Bürger am kürzeren Hebel

Zu der Meldung "Schulz antwortet auf Proteste der sechs Hamburger Bürgerinitiativen" (Hamburger Abendblatt vom 3./4. März 1973):

Solange die eingezeichneten Trassen Osttangente, Kerntangente, Alsterhalbring, die Trassenführung durch Niendorf und die Großborsteler Chaussee nicht aus dem Flächennutzungsplan 1973 herausgestrichen werden, sitzt der Bürger am kürzeren Hebel; und verbale Tröstungen "vielleicht werden Alsterhalbring und Kerntangente nie gebaut" nützen ihm gar nichts. Der Flächennutzungsplan ist eine Realität des Staatsmechanismus, und in der vorliegenden Form eine Bedrohung gegen die Interessen der Bürger.

Waltraud Brodersen, Hbg. 54 boten werden, mehr für die Gesundheit auszugeben? Den Linken wäre auch so etwas zuzutrauen. Die Ärzte werden bei uns ja schon seit Jahren moralisch unter Druck gesetzt, niemanden besser zu behandeln. Wann werden sie endlich den Mut haben, dieses Ansinnen zurückzuweisen? Anderenfalls würde es für die Ärzte allerdings höchste Zeit, darauf zu verzichten, von ihren Privatpatienten beträchtlich mehr Geld zu verlangen bei gleichen Leistungen.

Günther Albers, Weiden, Kr. Köln

Klassenlose Krankenhäuser

Die in Hamburg unter dem Begriff "Klassenloses Krankenhaus" angestrebte Reform bringt doch nur eine Verschleierung der bisherigen Klassenaufteilung. Ich bin der Meinimg, der Senat sollte lieber dafür sorgen, daß ausreichend Ärzte und Krankenhäuser vorhanden sind, um eine wirklich gleiche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Übrigens stellt sich die Frage, ob die Bevölkerung wirklich klassenlose Krankenhäuser will.

Jens Meyer, Hbg. 90

Dickes Lob für gute Idee

Mit großem Erfolg kochte Küchenchef Ernst-Günther Timm für die Mitarbeiter des Schwarzkopf- Hauses drei Wochen lang nach den Rezepten der Frühjahrsdiät aus dem Hamburger Abendblatt. Von Aussprüchen wie: "Ich fühl mich jetzt viel wohler und frischer" bis zu stolzen Abnahmeziffern zwischen fünf und zehn Pfund reichen die begeisterten Urteile nach Beendigung der Entschlackungskur.

70 Prozent der Belegschaft des Hamburger Unternehmens fürHaarund Körperpflege haben freiwillig unter den zwei angebotenen Gerichten das Diat-Essen gewählt. Küchenchef Timm und seine Helferinnen nahmen gern Kalorienzählen und Mehrarbeit in Kauf, um täglich über 300 Diätgerichte auf den Tisch zu bringen. Auch Personal- und Sozialabteilung ? die für das Diätessen den Firmenzuschuß um weitere 50 Prozent aufstocken mußten, sind sehr zufrieden. Personalchef Gerhard Rost: "Das machen wir im nächsten Jahr bestimmt wieder."

Bleibt nur noch der Dank der Belegschaft an das Hamburger Abendblatt für diese gute Idee.

Hans Schwarzkopf GmbH.j Hbg. 50

"Bitte, bevor sich der Nachwuchs einstellt . . ."

Auf vielen S-Bahnhöfen (und natürlich auch an vielen anderen Stellen in Hamburg) ist man leider immer der Gefahr einer "Verschmutzung von oben" durch unsere "ach so geliebten Tauben" ausgesetzt. Nichts gegen die Tauben an sich, aber wir wissen alle (der Tierschutz eingeschlossen), daß sich die Tiere "explosiv" vermehrt haben und nun zu einer Art "Stadtplage" geworden sind. Die verschiedenen "Behördenaktionen" gegen die Stadttauben haben bisher nur wenig genützt. Ich übertreibe wohl nicht, wenn ich im Namen vieler Hamburger darum bitte, dieser Plage ? und zwar bevor sich bei den Tauben der Nachwuchs eingestellt ? energisch Kontra zu bieten, und das bitte auch, bevor die IGA beginnt, zumal, wie ich im vergangenen Sommer beobachten konnte, im Botanischen Garten (der ja zum Ausstellungsgelände gehört) eine Unzahl von Tauben ihr Domizil hat. ? Ich bin mir allerdings im klaren, daß ich mir durch diesen Brief den Unwillen vieler Tierfreunde (und vor allem Tierfreundinnen) zuziehen werde.

Elisabeth Schult, Hbg. 70