Wer in Ulzburg-Henstedt, 15 Kilometer vom Stadtrand Hamburgs, auf dem platten Lande, ein First Class Hotel errichtet muß sich besonders anstrengen. Die Leitung des Wiking-Hotels strengt sich an. Das Haus ist sehr gut geführt und Alfred Runge, der Direktor, hat sich etwas einfallen lassen. Er bietet kulinarische Attraktionen, die eine kleine Reise wert sind. So hat denn auch der Feinschmecker-Club Hamburg das erst im Januar eröffnete Restaurant bereits anonym getestet und ihm für "hervorragende gastronomische Leistung" seine "Große Ehrenurkunde" verliehen.

Mittags gibt es hier fünf verschiedene Menüs von 10,75 bis 18,50 DM und ein Tellergericht für 7,85 DM. Ich habe Cremesuppe, Mixed Grill und Sachercreme gegessen und dazu ein gepflegtes Holsten-Pilsner vom Faß getrunken. Es war alles gut doch wieder nicht so gut wie ich es erwartet hatte. Es stellte sich heraus, daß der Chefkoch ausgerechnet an diesem Tage frei hatte. Dieser junge, sehr begabte Mann namens Rüdiger Kowalke stammt aus einer alten Lübecker Gastronomenfamilie. Er hat im Inund Ausland gelernt und natürlich auch im elterlichen Karpfenrestaurant in Reinfeld. Zuletzt war Rüdiger Kowalke stellvertretender Küchenmeister im Hamburger Flughafen-Restaurant

Die umfangreiche Karte liest sich hübsch. Sie bietet u. a. am Tisch flambierte Spezialitäten, Geflügel und Wild und sehr delikate Vorspeisen, speziell vom Hummer.

Sicher gehört das Wiking zur oberen Preisklasse. Dennoch Vorspeisen ab 5,95 DM und Hauptgerichte ab 10,50 DM. Bier vom Faß kostet ab 0,80 DM, offene Weine kosten ab 1,80 DM, eine Flasche Wein ab 8,50 DM. Für Männer mit großem Appetit und großem Portemonnaie hält das Wiking eine "Herrenkarte" bereit Das viergängige "Kaufmanns-Menü" für 18 DM kann man noch leicht schaffen. Das umfangreiche "Hanseaten-Menü" für 26 DM und das fünfgängige "Kapitäns-Menü" für 32 DM erfordern etwas Stehvermögen und einige Klare zwischen den Gängen. Das siebengängige "Senatoren-Menü" erinnert uns an . die großen Festessen, die einst die Hamburger Stadtväter im Rathaus konsumierten und die sich über viele Stunden erstreckten. Es besteht aus: Finkenwerder Rauchaal auf Vollkornschwarzbrot ? Tortue "Sir James" ? Burgdorf er Spargelspitzen mit Requefort-Hollandaise gratiniert ? Hühnerbrüstchen "Maryland" ? "Emince de Veau" (zartes, feinblättrig geschnittenes Kalbfleisch in Sahne und Weißwein geschwenkt) 1 ? Champignons und Trüffel, dazu Berner Rösti ? gebakkener Camembert mit gebakkener Petersilie und Preiselbeeren (45 DM). (Telefon 04193/5081, täglich von 11.00 bis 24.00 Uhr. Tischbestellung empfohlen.)

Bisher hatte Volksdorfnur den schönen Dorfkrug, Teil des sehenswerten Museumsdorfes. Seit kurzem gibt es ein zweites, sehr hübsches und schön gelegenes Restaurant Jochen Sander (32), gelernter Kellner und Koch, hat sich in London, Paris und München seine Sporen verdient und in Hamburg in Pöseldorf und im Dorfkrug gewirkt. Nun hat er im ehemaligen Cafe Weinhardt im Park gegenüber dem U-Bahnhof Volksdorf, Sander's Restaurant eröffnet

Der behagliche Gastraum ist im Bauernstubenstil eingerichtet Man hat einen hübschen Blick durch die großen Fenster. Auch auf der Terrasse sitzt man angenehm. Hier werden allerdings nur Getränke oder Kaffee und Kuchen serviert Wir haben die Küche zu viert getestet da wir schon Gutes von Sander gehört hatten. Sie ist aber noch unterschiedlich: Manches ist nur mäßig, anderes gut bis lobenswert Doch die Teller waren vorgewärmt der Service freundlich und aufmerksam. Küchenmeister Gottfried Schneider war früher im Bavaria-Blick. Gern bestellt wird der "Hamburger Räucherteller", die chinesische Gemüsesuppe, gebackene Scampi, auch das mexikanische Pfeffersteak.

Jochen Sander hat viel investiert Er kann daher nicht billig sein. Hauptgerichte kosten abends (ab 18 Uhr) zwischen 14 und 16 DM. Mittags allerdings bekommt man nach der Tageskarte alle gängigen kleinen und großen Gerichte für 3,50 bis 13 DM. Sonntag mittags gibt es nur Menüs (11 bis 24 Uhr, außer dienstags, Telefon 603 47 02).

Bis zum nächsten Sonnabend!

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.Hamburg von 7 bis 7", Ausgabe 1971/72, 480 Seiten, erscheint im Seehafen -Verlag Erik Blumenfeld. 19,80 DM