Kerne spürbare politische Kursänderung, aber sicherlich straffere Führung und in Zukunft pointiertere politische Aussagen! ? So läßt sich das Ergebnis des Wachwechsels umreißen, den Hamburgs Freie Demokraten am Wochenende nach stürmisch verlaufenen Wahlgängen vollzogen haben. Neuer Landesvorsitzender ist für die nächsten zwei Jahre der 57jährige Rechtsanwalt und Urenkel eines Hamburger Senators, Herman F. Arning.

Für den Verlierer und bisherigen Landesvorsitzenden, den 71 Jahre alten Willy Max Rademacher, gab es gleich ein Trostpflaster. Er wurde nahezu einmütig und unter großem Beifall zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

Das Votum für den neuen Landesvorsitzenden war allerdings nur ganz knapp. Der erste Wahlgang verlief ohne Entscheidung. Nur eines wurde klar:

Der dritte Mitbewerber, Heinz H. R. Wichmann, schied für die weitere Betrachtung aus. Er hatte nur zwölf von 109 Stimmen erhalten. Beim zweiten Anlauf in der Stichwahl schaffte es dann Arning mit hauchdünnem Vorsprung: 55 Stimmen für ihn, 53 für Rademacher.

Behutsam legte der passionierte Pfeifenraucher Arning sein ständiges Requisit aus der Hand und eilte, während die Delegierten noch über das Kopf-an- Kopf-Rennen nachgrübelten, ans Rednerpult: "Das ist für mich ein bedeutender und verpflichtender Augenblick." Und in respektabler Verbeugung vor seinem Vorgänger: "Für mich kann es kein besseres Beispiel geben, dem ich nacheifern könnte, als Willy Max Rademacher." *

Aber dann appellierte der neue Landesvorsitzende an sein Parteivolk: "Ich bin der festen Überzeugung, daß di£ Chancen der FDP noch nie so groß waren wie jetzt. Aber wir stehen in Hamburg vor zwei Wahlkämpfen. Wir alle müssen uns jetzt mit großer Intensität einsetzen."

Bezüglich der Bürgerschaft, so gab, er gleich zu erkennen, hat Arning keinen Ehrgeiz. Er will sich ganz auf seine Arbeit als Landesvorsitzender konzentrieren.

Kurz danach stand auch der frühere Landesvorsitzende noch einmal am Rednerpult: "Ich nehme das Ergebnis mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen." Mit offensichtlicher Anspielung auf das Verhalten von Peter Blachstein auf dem SPD- Landesparteitag vor 14 Tagen meinte Rademacher: "Ich hoffe, Sie erkennen meine loyale Haltung an. Ich habe je^ denfalls nach meiner Abwahl den Saal nicht verlassen."

Die übrigen Wahlen im Weißen Saal des Curio-Hauses schleppten sich mühevoll und bis Mitternacht hin. Nur der 30jährige Diplom-Volkswirt Wilhelm Rahlfs kam auf Anhieb zum Ziel. Gleich im ersten Wahlgang wurde er mit hoher Stimmenzahl zum 1. stellvertretenden Landesvorsitzenden erkoren. Das wai ein sehr beachtenswertes Vertrauensvo-, tum für den jungen Nachwuchspolitiker der Hamburger FDP. Die beiden weiteren Stellvertreter Günther Glatz und Marlise Nicolaysen erreichten erst nach langwierigen Stichwahlen den Sitz am Vorstandstisch.

Monoton und immer wieder gleichlautend in der Formulierung ertönte über das Mikrofon: "Ich gebe jetzt die Ergebnisse der neuen Wahlen bekannt." Nur einmal eine kleine und beifällig quittierte Abwechslung, als die Mikrofonstimme verkündete: ?Ich gebe jetzt

das Ergebnis . . . der Bundesliga bekannt."

Um Mitternacht gaben es Hamburgs Freie Demokraten erschöpft auf. Weite-" re notwendige Wahlen und der Wahlkampfbericht wurden auf einen neuen Landesparteitag verschoben, der möglichst noch im April stattfinden soll.

In einem Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt nannte der neue Landesvorsitzende Arning, seit 1940 als Rechtsanwalt in der Hansestadt und sei'] 1956 in der FDP tätig, die Ziele, die er sich für sein neues Amt gesteckt hat: Mehr politische GruJdsatzdebatten in den Sitzungen des Landesausschusses und stärkere Kontakte zu den Jungdemokraten. Arning: "Das ist ein altes Anliegen von mir. Wir brauchen die ständige Auseinandersetzung und Aussprache mit der jungen Generation."