Eigener Bericht

Göttinnen, 5. Oktober

"Eine prachtvolle Rolle! Keine Plakatflgur, sondern ein Mensch. Für mich jedenfalls eine Rolle mit schönen Möglichkeiten", meint Günther Lüders frohgestimmt über seine neue Rolle als Rentner. Als Rentner August Bodendick in dem soeben im Göttinger Atelier verfilmten Fernsehspiel "Kein Auskommen mit dem Einkommen", das unter demselben Titel bald in unseren Kinos zu sehen sein wird. Für den feinsinnigen Komiker Lüders, der uns erst

kürzlich als Filmregisseur mit der reizenden Familienkomödie "Vater, unser bestes Stück", überraschte, eine dankbare Aufgabe.

Wir wissen es ja: Erfolge haben es so an sich. Der Buchschlager wird für die Bühne dramatisiert, zum Hörspiel, Fernsehspiel und Drehbuch umgeschrieben, und wenn der solcherart immer wieder umgekrempelte Stoff auch dann noch nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat, so war er tatsächlich nicht totzukriegen . . .

Der Schriftsteller Fritz Wemper schrieb ursprünglich ein plattdeutsches Bühnen-

Glücklich über gute

Rolle: Luders

stück,, das unter dem Titel "Keen Utkamen mit'n Inkamen" im Hamburger Ohnsorg-Theater ein runder Erfolg war. Also: er verfertigte eine hochdeutsche Fassung. Also: er schrieb ein Fernsehspiel, das viel Anklang fand. Also: der Film wurde hellhörig, und die Autoren Rolf und Alexandra Becker brachten ein Drehbuch zur Welt. Die Gattung: ein Volksstück auf der Linie August Hinrichs oder Karl Bunje, nur weniger deftig und robust, mit feinerem Humor durchsetzt.

Die Ausgangssituation ist ohne Zweifel ein hübscher und vergnüglicher Einfall. Das Rentnerehepaar Bodendiek möchte, zwecks Auffrischung der mageren Finanzen, ein möbliertes Zimmer vermieten. Der Zufall will es, daß Rentner August Bodendiek (ohne Wissen seiner Frau) das Zimmer an ein junges Mädchen vergibt, während Gemahlin Ida (ohne Wissen ihres Mannes) einen jungen Fcrnlastfahrer als Mieter aufnimmt. Da die beiden neuen Wohnungsinsassen das "gemeinsame" Bett umschichtig mit Beschlag belegen, steht der doppelten Zimmerbesatzung vorerst kaum etwas im Wege. Jedoch, bald kommen die ersten Karambolagen . . .

Herbert B. Fredersdorf ("Alarm", "Spähtrupp Hallgarten", "Der Schandfleck") inszenierte diesen Film. Vor allem sein ausgezeichneter Problemfilm "Lang ist der Weg" (mit Bettina Moissi) ist noch in bester Erinnerung. Aber lang, lang ist's her. Hier wird es besonders auf feine Töne und gedämpften Hörnerklang ankommen, damit sich die zeitweilig dralle Komik nicht zu einem Schwank auswächst. Das Rentnerehepaar nicht von Klamottenfilm-Spaßmachern, sondern von Günther Lüders und Erna Sellmer spielen zu lassen, sollte ein gewisses Niveau gewährleisten. Erfreulich auch, daß man dem vorzüglichen Bühnenschauspieler Heinz Drache (früher im Düsseldorfer Gründgens-Ensemble) wieder eine Filmchance gegeben hat. Daneben erscheinen vor der Kamera des "alten" Ostermayr - Ganghofer - Spezialisten Franz Koch: Renate Holm, Hans Nielsen, Lotte Rausch, Franz-Otto Krüger, Helen Vita, Margarethe Haagen, Hans Schwarz jr. und Georg Pahl.

Wempners plattdeutsches Bühnenspiel war ein Mordserfolg. Die Fernsehfassung fand begeisterten Beifall. Warum also sollte der Film nicht ein Kassenschlager werden? So jedenfalls orakeln optimistisch die Filmleute. Mal sehen, ob sie den richtigen "Riecher" hatten . . . H.H.

Junger Mann, der alles kann": Wirk-

lich alles kann von drei jungen Mannern, die sich unter diesem Titel als männliche Hausangestellte bewerben, nur einer, nämlich Georg Thomalla..Er kocht heimlich für Erik Schumann und Peer Schmidt, die bei ihrer (weiblich-lieblichen) Herrschaft hochstapeln. Und natürlich auch ihre Dame kriegen. Aber Tommy bekommt auch die seine, die sehr nette Carla Hagen. Sie spielt etliche Filmmeter voll süßer, glaubhafter Liebe in diesem Luststück. (Man möchte sie gern mal in einem richtig dollen Liebesfilm sehen . . .) Und Thomalla zeigt da, wo er darf, alle seine guten Gaben. (Man hätte ihn mehr Leine freilassen sollen...) Nett anzuschauen Renate Ewert und Doris Kirchner. (Freilich bleiben sie sehr am Rande . . .) Schließlich sieht man noch Harry Meyen als manierlichen Snob und Susi Nicoletti als tüffelige Kriminalschriftstellerin. ? Neunzig Minuten gefälliger Unterhaltung, die in manchen Szenen allerlei Witz zeigt, ein bißchen die Gefühle streichelt, im ganzen aber doch an Geschwindigkeitsbegrenzung leidet. (Uraufführung, Passage.) sp.

"Allen Gewalten zum Trotz": Der deutsche Titel könnte täuschen. Der Film hat nichts mit Goethe zu tun. Sondern mit einem Mann namens Bader. Es ist die Douglas-Bader-Story oder ? mit veralteten Vokabeln ? der Triumph des Willens. Der etwas zu klein geratene Mann verlor als englischer Fliegerleutnant durch Unfall (nämlich Leichtsinn) beide Beine. Sein persönlicher Triumph bestand darin, daß er den Lebenswillen nicht aufgab, sich an seine Prothesen gewöhnte, zur Air Force zurückkehrte, Ausbilder wurde und sich am ersten Kriegstage ? als Staffelkapitän ? in die Kampfmaschine setzte: immerhin ein Mann ohne Beine.

Der Rank- Film, Regie Lewis Gilbert, erzählt die Geschichte angenehm unpathetisch, sachlich und auf englische Weise schnoddrig, also unterkühlend. Dabei liefert Kenneth More als der Soldat ohne Beine eine sehr bemerkenswerte Partie, was man von allen übrigen Darstellern ? diesmal die Damen eingeschlossen ? nicht sagen kann. (Streit's Haus)

"Der Modekönig": Eine Komödie mit Fernandel. Das sagt mehr als viele Worte. Der "Don Camillo" bewährt sich auch als Streiter im Ehekrieg ? kontra Suzy Delair, die charmante und temperamentvoll mithält Sie hat einen kleinen Modesalon. Er ist Zuschneider im Herrenfach, träumt aber stets von der weiblichen Linie. Als dann überraschend seine Chance als Modekönig kommt (inklusive Flirts mit Mannequins), da rauft sich die eifersuchtsgeladene Ehe wieder zusammen. Das alles ist von Jean Boyer spritzig, witzig und phantasievoll in Szene gesetzt. Wer hier nicht lacht, hat selbst schuld. (Radiant)

-Das Hirtenlied vom Kaisertal '*: Es wird in Farben gesungen und erzählt die alte Geschichte vom reichen Hoferben, der eine arme Sennerin heiraten will und nicht darf. Viele Hindernisse und natürlich ein Happy-End. Mit Erich Auer und Hannelore Bollmann. (In acht Theatern; siehe Anzeige in Nr. 230.)

"China-Legionär": Kampf französischer Fremdenlegionäre in Indonesien gegen die kommunistischen Guerillas. Ein realistischer Streifen um Tod und Verderben vor dem menschlichen Hintergrund des Schicksals der Eurasierin Lucky (Angie Dickinson). (In neun Theatern; siehe Anzeige in Nr. 230.)

"Unsterblicher Mozart": Originalausschnitte aus drei Mozart-Aufführungen der Wiener Staatsoper wurden zu einem musikalischen Leckerbissen zusammengefügt. In der Inszenierung von Oskar Fritz Schuh spielten die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Professor Rudolf Moralt. Es ist keine leichte Aufgabe für den Kameramann, dem Filmpublikum diese gutausgesuchten Szenen der beliebtesten Opern "schmackhaft" zu servieren. Doch während die Farbkamera sich in "Die Entführung aus dem Serail" noch ziemlich "reserviert" verhielt und vornehmlich Musik und Stimmen wirken ließ, sprang sie in "Die Hochzeit des Figaro" schon mit auf die Bühne. Doch erst in "Don Giovanni" ? begünstigt schon vom Stoff her ? unterstützte sie durch ihr wcchselvolles Spiel das Geschehen auf der Bühne. Mozartsche Musik, die Stimmen einer Reihe erstklassiger Opernkräfte vereinen sich hier mit der Filmtechnik harmonisch zu einem künstlerischen Erlebnis. (Liliencron-Theater.) ? us.

"Spionagonetz Hamburg": Der englische Käpt'n Skip Morgan (Forrest Tucker) kann es nicht sein lassen: Schon im Kriege war er berühmt und berüchtigt wegen seiner Husarenstreiche, und auch im Zivilleben macht er sich mausig. Diesmal geht es darum, einen von vielen Seiten umworbenen Wissenschaftler aus dem Hamburger Hafen nach England zu schmuggeln. Bis an die Zonengrenze, wo die Russen kräftig mitmischen, geht das Jagen. Dann zurück an die Themse, wo ein mieser Baron (Marius Goring) seine schmutzigen Finger im Geschäft hat und erst im Wasser ewige Ruhe findet. Dann holt alles tief Luft, und der tolldreiste Schipper bekommt ein Küßchen vom Interpol-Mannequin Lisa (Eva Bartok, schön und immer noch ohne Talent), die

den ganzen Rummel mitmachen mußte und ? durfte. Val Guest's Regie ist immerhin flott, wenn auch herkömmlich. Warum man das Ganze in stichige Farben tauchen mußte, wird allerdings nicht recht ersichtlich. (In zwölf Theatern; siehe Anzeige in Nr. 230.) H. H.