Olympia-Sonderdienst des Hamburger Abendblattes

Helsinki, 21. Juli

Den schönsten Erfolg der deutschen Turner errang ausgerechnet der älteste Teilnehmer, Alfred Schwarzmann, der Olympiasieger von 1936, für den es gewiß eine der glücklichsten- Stunden seines' Lebens war, als er vom Reck nach der absolut schwierigsten und risikoreichsten Übung des gesamten Tages abging und für diese Kürübung 9,80 Punkte erhielt. Damit hat er den zweiten Platz hinter dem Schweizer Günthardt errungen, er muß die Silbermedaille allerdings mit dem Luzerner Sepp S t a 1 d e r teilen.

Insgesamt hat von, den Deutschen am besten Helmut B a n t z abgeschnitten, der als einziger seine Form aus den Ausscheidungsturnen auch m Helsinki in diesen nervenaufreibenden Stunden der Pflicht und Kür halten konnte.

Am zweiten Tage des Kunstturnens in der Messehalle zu Helsinki erwies sich erneut, 4^ 4er AUMant dM.r-fliChtübuogell., entscheidend für den Ausgang "des gesamten . K**aptaj, Is^.pij R,u*g,e * vMgröBerten im Verlauf des Wettbewerbes ihren Vorsprung "aus den Pflichtübungen, der aus rund drei Punkten bestand, auf das Doppelte. Sie siegten sicher, wenn sie auch ohne Zweifel an den letzten Geräten, vor altem am Barren und ln der Bodenübung, stark überbewertet wurden.

So überragend sie an den Ringen waren, wo ähnliches zuvor höchstens einmal von den Tschechen gesehen wurde, so, enttäuschend waren "ie am Barren, wo zu kurze Übungen ohne schöne Verbindungen die Leistungen gegenüber den anderen Konkurrenten verblassen ließen. Hingegen war überragend, was sie an den Ringen zeigten. Ihr Bester, der auch die Goldmedaille ln der Einzelwertung gewann, Tschukarin, zeigte nicht weniger als drei Kreuzhänge, von denen er zwei aus dem Handstand erreichte.

In den Bodenübungen dagegen zeigten die Russen recht altmodische Übungen, brachten Übungsteile, die aus der Gymnastik der Frauen entlehnt waren und hatten keinerlei Tempo und Rhythmus in ihren Vorträgen. Trotz der Überbewertung geht Ihr Gesamtsieg in Ordnung. Es hat si* einmal mehr er-

wiesen daß bei annähernd" ausgeglichenem Können die größere Kraft entscheidet.

Die Schweizer hielten ebenso sicher ihren zweiten Platz, sie endeten mit sieben Punkten Rückstand, aber mit klarem Vorsprang von über drei Punkten vor der Mannschaft Finnlands. Zwischen Finnland und den Deutschen hatte es am frühen Abend bei den ersten drei Übungen einen heißen Kampf gegeben, bei dem die Deutschen zunächst stark aufholten und nach dem dritten Garilt bis auf 2/10 Punkte herangekommen waren. Freilich war den Fachleuten schon klar, daß in den letzten Übungen die Gefahr für die Deutschen lag, da Bodenübung, Ring" und Seitenpferd noch zu turnen waren.

Die Bodenübung entschied bereits über den Aus-gang des Kampfes und den dritten Platz ? und genau wie am Vortage bei der Pflicht ? zu Ungunsten der Deutschen. Bei keinem Überschlag, bei keinem Salto standen die Deutschen ruhig, und das gab die entscheidenden Punktabzüge. Von diesem Augenblick an war Finnlands dritter Platz ungefährdet. Die eigentliche Überraschung auch des zweiten Tages brachten nicht die Russen, sondern die Japaner. Was sie bei der Bodenübung und am Barren zeigten, war absolut einmalig in der Schwierigkeit, in der Neuartigkeit der Ubungsteile, für die die Turnsprache nicht ausreicht und neue Wort" gefunden werden müssen. In den Boden- übungen zeigten sie eine ungeheure S p r u n g k r a f t , die ihnen auch zu guten Plätzen beim Sprung über das Pferd verhalf. Sie brachten vollkommen neue Ubungsteile, wie z B. bei der Bodenübung das Sichsinken aus dem Handstand in den "Kniestand". Wenn die Japaner statt der fünf Turner acht hätten einsetzen können, wären sie gewiß zu einer Medaille gekommen.

Einmalig waren auch ihre Abgänge vom -Rcok, bei ( denen sie ihre Saltos sehr hoch hinausflogen, viel höher "als wir sie bej^iuis ?Beseheii hättet ünll dahß "nftch die Bebte dabei mitten im Fluge für einen Moment anwinkelten und die Arme an die Oberschenkel anlegten.

Turnen, Zwölfkampf (MSnner) Entscheidung Im Mannschafts-ZwSlfkampf: 1. Sowjetunion 574,40 Pkt. ; 2.Schweiz 567,2a Pkt ; 3. Finnland 564,25 Pkt., 4. Deutsehland 561,05 Pkt.; 5. Japan 556,85 Pkt.; 6. Ungarn 556,80 Pkt. Zwölfkampf, Einzelwertung: 1. Tschukarin (Sowjetunion) 115,70 Pkt.; 2. Chaguinian (Sowjetunion) 114,95 Pkt.; 3. Stalder (Schweiz) 114,75 Pkt.; 4. Muratow (Sowjetunion) 113." Pkt.; 5. Eugster (Schweiz) 113,40 Pkt.; 6. Korolkow (Sowjetunion) 113,35 Pkt.

Seitpferd, Einzelwertung: l. Tschukarin (Sowjetunion) 19,50 Pkt.; 2. Korolkow und Chaguinian (beide Sowjetunion) 19,40 Pkt.; 3 Perelman (Sowjetunion) l",30 Pkt. ? Barren: l. Eugster (Schweiz) 19,65 Pkt.; 2. Tschukarin (Sowjetunion) 19,60 Pkt.; 3. Stalder (Schweiz) 19,50 Pkt. ? Reck: 1. GUnthard (Schweiz) 19,58 Pkt.; 2. Schwarzmann (Deutschland) und Stalder (Schweiz) je 19,50 Pkt.; 3. Savolainen (Finnland) 21,45 Pkt. ? Pferdsprung: l. Tschukarin (Sowjetunion) 19,20 Pkt.; 2. Takemoto (Japan) 19.45 Pkt.; 3. Ono (Japan) ISMO Pkt. ? Bodenübungen: l. Thoresson (Schweden) 19,25 Pkt.; 2. Üesako (Japan) und Jokiel (Polen) je 19,15 Pkt.; 3. Ono (Japan) 19,05 Pkt. ? Ringe: l. Chaguinian (Sowjetunion) 19,75 Pkt.; 2. Tschukarin (Sowjetunion) 19,55 pkt; 3. Leonkine (Sowjetunion) und Eugster (Schweiz) je 19,40 Pkt.