Die deutsche Besatzung von Helgoland hat Mittwochmittag 12 Uhr kapituliert. Unter der wehenden Europailagge hat sie die Insel verlassen. Die Räumung war um 14 Uhr beendet. Von Bord des britischen Streiienbootes “Eileen“ erhalten wir iolgenden Bericht:

ElgenerBerlcht

Sch. Cuxhaven, 4. Januar

Mühsam versuchten die beiden Laternen an der Pier V des Minensucherhafens in Cuxhaven das Schneetreiben zu durchdringen. Die Silhouetten der Minenräumflottüle zeichneten sich scharf von dem noch schwarzen Hafenwasser ab. Ganz am Ende der Pier lag, der weiße Leib der schlafenden "Eileen". Der Arzt und sein Gehilfe waren die ersten, die eintrafen. Sie hatten von der Stadt Cuxhaven den Auftrag, mit Medikamenten und Stärkungsmitteln nach Helgoland zu fahren. Kurz danach kamen die Engländer. Leiter der Aktion Major Fred Arthur Messenger und sein Captain Greensleigh. Gleich danach der Leiter der Überfahrt, Commander Wilemsen von der Royal Navy. Etwas später die deutsche Polizei. Sie schliefen in der Nässe auf dem Boden. Das war am Dienstagabend zwischen 22 und 24 Uhr.

Um 4 Uhr früh heulten die Motoren der "Eileen". Wer trotzdem noch schlief, den weckten um 6 Uhr die Eisschollen auf der Elbe. 70 Minuten später stand "Elbe I" querab. Um 7.30 Uhr kam das zugeteilte Minenräumboot 147 in Sicht. Mit ausgebrachtem Gerät fuhr es Minensicherung vor der "Eileen". Nach einer Stunde tauchte Helgoland im Morgendunst auf. Es war 9.15 Uhr, als die "Eileen" an der Mole am U-Boothafen festmachte und die "R 147" längsseits beorderte.

Vor der Einfahrt taucht ein Fischkutter auf. "R 147" fuhr ihm entgegen und ersuchte im Auftrag von Commander Wilemsen zur Umkehr. Ein englischer Pressevertreter blieb hartnäckig und stieg auf die "R 147" über. Aber auch er wurde abgewiesen. Die Gegenaktion sollte in aller Stille vor sich gehen.

Die Welt wurde aufmerksam Ungewißheit auf der "Eileen". "Lust haben wir alle nicht", meinte die Besatzung. "Wir wollen rüber und die Leute einladen mitzukommen". Im Grunde waren sie ratlos, was zu tun sei, wenn nicht alles glatt ging. Schließlich gab Major Messenger mit seiner Meinung das Stichwort: "Sie haben erreicht, was Sie wollten, und wir wollen erreichen, was wir wollen. Die Welt wurde aufmerksam. Jetzt können wir auf einer anderen Basis verhandeln." Er ging an Land. Captain Greensleigh und Polizeiinspektor Schmidt sollten mitgehen, dazu ein Dolmetscher. Alles andere blieb im Boot. Vom Flakturm aus winkte man Willkommen mit der Europaflagge.

9.30 Uhr fand die erste Begegnung mit der "Besatzung" zwischen Ober- und Unterland statt. Nach kurzer Unterhaltung stieg man gemeinsam zum Flakturm hinauf.

"Ich habe Sie aufzufordern, die Insel friedlich zu räumen", eröffnete der Senior Public Safety Officer Schleswig- Holstein-Lübeck BAOR 22, Major Fred Arthur Messenger, die Unterhaltung. "Was geschieht, wenn wir nicht freiwillig gehen?" wollten die Helgoländer wisiiiiiiiiiiiiiiiiiiiHiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitiniiiiiiiimiiiiiiuiiiiiiiii iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimiiii sen. Major Messenger verwies auf die Polizei an Bord der "Eileen". Es fiel das böse Wort "Gewalt". Die Vision von Handschellen und Gummiknüppeln stieg vor den Augen der Helgoland-Besatzung auf. Die Unterhaltung wurde hart geführt. Immer härter wurden die Standpunkte vertreten. Mehr als zwei Stunden dauerte dieser Kampf. Die Helgoland- Besatzung stellte Bedingungen. Vor allem wurde ein schriftlicher Befehl gefordert. Schließlich setzten die Mitglieder der Europäischen Aktion auf Helgoland ihren Willen durch: "Ich, Fred Arthur Messenger, Senior Public Safety Officer Schleswig - Holstein - Lübeck, BAOR 22, ordne hiermit an, daß alle augenblicklich auf der Insel Helgoland befindlichen Personen die Insel unverzüglich zu räumen haben. Diese Anordnung ergeht in Übereinstimmung mit der Interims-Anordnung Nr. 224, ausgegeben von dem United Kingdöm Commissioner. Unterschrift: F.A.Messenger." Dieser schriftliche Befehl bildete die Grundlage für die Räumung.

Sofort faßten die Deutschen einstimmig eine Resolution gegen die gewaltsame Entfernung. Ein Protestschreiben an den Land - Commissioner von Schleswig - Holstein wurde verfaßt und Major Messenger übergeben. Dann war der Weg zum Rückzug frei.

Zwölf Polizisten wurden zum Transport des Gepäcks angefordert. Mit wehender Flagge verließen die Deutschen Helgoland. Als letzter ging Prinz Hubertus von und zu Löwenstein. Ein letztes Photo auf der Mole. Um 14 Umging die "Eileen" wieder in See.

Die "Eileen" lief aus. In diesem Augenblick liefen im benachbarten Hafenbecken zwei Fischkutter ein. Von der ablaufenden "Eileen" aus sah man durch das Glas Männer auf den Felsen steigen. Auch die Flagge ©rün-Röt- Weiß . . . Die soeben evakuierte Blelgolarid-Besatzung war abgelöst worden. (Aber nur für wenige Stunden. Die Insel ist leer. Die Red.)

"Eine vorbildliche Haltung der Polizei", sagte Prinz von und zu Löwenstein, als er einem Polizeibeamten in dag aus der Kapitulation noch gerettete Soldbuch auf der Seite für Auszeichnungen ein Autogramm gab. Genau unter dem 1945 verliehenen Verwundetenabzeichen.

Es war 17 Uhr, als die ,;Eileen" am Minensucherhafen in Cuxhaven -festmachte. Viele Blitzlichter flammten auf.

Der Kampf geht weiter

Nach seiner Landung in Cuxhaven gab Prinz Hubertus von und zu Löwenstein namens der "Europäischen Aktion Helgoland" eine Erklärung ab, in der es heißt: "Mit dem Abtransport der friedlichen Helgoland - Besatzung auf britische Anordnung ist der Kampf um Insel und Menschenrecht nicht beendet, er wird vom Festland aus weitergeführt. Wir wissen jedoch, daß neue Bombardements auf die Insel Helgoland die Empörung der ganzen demokratischen Welt auslösen und eine neue Invasion freier Europäer nach sich ziehen wird."

Tausend Zuhörer spendeten dem Prinzen Hubertus zu Löwenstein und seinen Begleitern starken Beifall, als sie abends auf einer Helgoland-Kundgebung des Blocks der Heimatvertriebenen und Entrechteten erschienen. Die Versammlung sandte an die Bundesregierung, an das britische Unterhaus und an den Unterhausabgeordneten Professor Savory eine Entschließung, in der Cuxhaveher und Helgoländer mit allem Nachdruck die Rückgabe der Insel fordern. Das Prestige Englands werde steigen, wenn es Helgoland freigebe. An die Sowjetunion erging die Warnung, diese Aktion um die Insel für ihre Zwecke auszunutzen. Mit dieser Aktion sei auch gegen das Unrecht der Oder-Neiße-Linie protestiert worden. Prinz Hubertus kündigte an, daß die Männer von Helgoland sofort zurückkehren würden, sobald die erste Bombe wieder auf Helgoland fiele. Es wurde ein Helgoland-Komitee gegründet. Vorsitzer Hans Carl Rickmers (Cuxhaven).