Eigener Bericht

j. Kiel, 4. April

Es ist gar nicht leicht, diesen Schädling zu identifizieren, selbst wenn man weiß, daß eine Bisamratte bis zu 60 cm lang wird, oben braun ist, eine graue Unterseite mit rotbraunem Schimmer hat und als auffallendstes Merkmal den langen, seitlich zusammengedrückten, nur spärlich behaarten Schwanz trägt.

Bisamratten sind keine Kinder des Landes. In ihrer nordamerikanischen Heimat bevölkern sie in Kolonien die Ufer von Gewässern, unterminieren das Land und bauen Burgen nach Art der Biber. Sie folgen dem Menschen überallhin und lassen sich weder durch Maschinenlärm noch Ruß, Abwässer oder Rauch der Fabriken vertreiben. Der Riesenschaden findet nur einen geringen Ausgleich durch die Nutzung des Felles für billigeres Pelzwerk. Immerhin mag die amerikanische Jahresausbeute von sieben Millionen Fellen einen böhmischen Kleintierzüchter ermutigt haben, mit diesem gefährlichen Nager 1906 einen Zuchtversuch in der heutigen Tschechoslowakei zu unternehmen.

Als der Gewinn seinen Erwartungen nicht entsprach, setzte er die Tiere einfach aus. Mit erstaunlicher Anpassungsfähigkeit breiteten sie sich in Mitteleuropa aus. Überall richten sie große Schäden an, die man alljährlich nach Millionen beziffert. Eines Tages berichteten Zeitungen über das Verbreitungsgebiet "Oberelbe". Während sie darunter den böhmisch-sächsischen Raum

verstanden, glaubten die Hamburger die Bisamratten schon vor den Toren ihrer Stadt. Die Polizeibehörde setzte Belohnungen von 20 Mark für die Tötung einer Bisamratte aus und verhängte Strafen von 36 Mark für das Halten oder Versenden dieser Tiere.

Damals ? es war 1919 ? war der Alarm noch verfrüht, heute sucht man schon nach geeigneten Abwehrmaßnahmen. Unaufhaltsam drangen die Bisamratten durch die Ostzone, die Elbe entlang bis nach Lüneburg und Harburg. Besonders im Lauenburgischen breiteten sie sich aus. Die lauenburgische Landes-telle für Bisamratten-Bekämpfung und die Kreisstelle für Pflanzenschutz in Breitenfelde setzten zwar ihre ganze Kraft ein, werden aber im Zonengrenzgebiet durch sowjetische und ostzonale Volkspolizei gehindert. Klug, wie alle Ratten nun einmal sind, nutzen sie menschliche Zwistigkeiten aus, bauen ihre Burgen im sichern Schutz an den Ufern der Ostzone und machen immer neue Vorstöße nach Nordwesten. Bis in die Plöner Gegend ist die Bisamratte nun schon vorgedrungen.

Die gefräßigen Tiere richten in Gärten erheblichen Schaden an, da sie mehr verwüsten als verzehren. Vor allem bildet ihre enorme Wühlarbeit eine ernste Gefahr für Dämme und Deiche. Überschwemmungen und Verkehrsunfälle können die Folge sein. Bei ihrem Auftreten ist vor allem die Polizei zu verständigen. Die Bekämpfung wird von den berufenen staatlichen Stellen durchgeführt.