Das Deutsche Spring-Derby in Hamburg-Klein-Flottbek feiert sein 30jähriges Jubiläum. Einer der Höhepunkte des fünftägigen Turniers (vom 21. bis 25. Juni) “werden die Dressurvorführungen der weltberühmten Wiener Spanischen Hofreitschule sein, die mit ihren edlen Lipizzanern zum erstenmal nach Hamburg kommt, um die Hohe Schule der Reitkunst in klassischer Vollendung zu zeigen. Das strenge spanische Zeremoniell ist gleichsam ein züchterisches Seitender Wiener Hofreitschule verkörpert stück zu der vielberufenen habsburgiaich in lebendigen Bildern von Reiter sehen Hauspolitik, die unter dem Motto und Pferd, die, wie die Zentauren der ?Tu felix Austria nube!f (Du, glückgriechischen Vorzeit, mit gebändigter liches Österreich, heirate!) in die Ge- Kraft zu einem Körper zusammen- schichte eingegangen ist. zuwachsen scheinen. So sind sie in alten Die natürlichen Anlagen der IJpi?“ Stichen Bild geworden, so haben sie in zaner ? durch die Jahrhunderte rem jüngerer Zeit in dem Lebensroman des weitergezüchtet ? wurden im Laufe

Dos Paradies der weißen Pferde: auf weiten Wiesen tummeln sich die jungen Lipizzaner in fröhlicher Ausgelassenheit.

Wo* jetzt noch unbekümmer tes Spiel ist, wird später in harter Dressurarbeit zu beherrschter Disziplin.

kuiert zu werden, zunächst nach Hastau im Sudetenland und anderen Plätzen in Böhmen und Mähren.

Der damalige und jetzige Kommandeur der Wiener Hofreitschule, Oberst Podhajsky, war nach Kriegsende in schwerster Sorge um die Erhaltung und Rückführung seiner Schutzbefohlenen nach Österreich. Zufall "jder Schicksal fügten es jedoch, daß der amerikanische Oberkommandierende, General Patton, selbst ein alter Turnierreiter undOlym-

Hengstes "Maestoso Austria" ein literarisches Denkmal gefunden.

Die Geschichte der Wiener Hofreitgchule reicht bis 1565 zurück. Damals erwarb der österreichische Erzherzog Karl, ein Sohn Kaiser Ferdinands, SO spanische Pferde und begründete in dem slowenischen Dorf Lipizza (unweit Triest) jene berühmte Zucht, die aus der erfolgreichen Kreuzung andalusischen, arabischen und des an der Adria heimischen Blutes entstand. Die glückliche Verbindung so verschiedener Pferderassen zur neuen Rasse der Lipizzaner wurde durch die verwandtschaftlichen Beziehungen Habsburgs mit der Krone Spaniens ermöglicht Sie der Zeit zu jener Vollkommenheit entwickelt, die nicht nur von Pferdekennern, sondern von jedem Freund ästhetischer Bewegungsformen bewundert werden. Während diese Pferde fast vierhundert Jahre lang lediglich für den k. und k. österreichischen Hofund Militärdienst verwendet wurden (so insbesondere die jungen Stuten als Gespannpferde vor Hochzeitskutschen), überwiegt heute ihre züchterische Bedeutung. Die acht Hengst- und achtzehn Stutenfamilien der Lipizzaner sind heute ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Pferdezucht

Die Geschichte des kostbaren Lipizzaner-Gestüts ist reich an kriegerischen Ereignissen. Zum erstenmal mußten die Pferde der Kriegsfurie ausweichen, als sie 1797 vor den durch die Steiermark heranrückenden Truppen Napoleons nach Stuhlweißenburg in Ungarn in Sicherheit gebracht wurden. Die zweite Flucht fand 1805/09 statt, und nur ein kleiner Teil von ihnen kam wohlbehalten zurück. Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie 1918 ging die Zucht von Lipizza in italienischen Besitz über. 1943 wurde sie dann von der deutschen Wehrmacht übernommen, um vor den heranrückenden Kampffronten sehr bald wieder evapionike war (Stockholm 1912). Unter seinem Schutz gelang die Rückführung. Heute befindet sich der größte Teil des Gestüts in Piber, die Spanische Hofreitschule jedoch in Wels in Oberösterreich, da in der Viermächtestadt Wien keine Unterbringungsmöglichkeit zu beschaffen war.

Da das Dörfchen Lipizza 1947 an Jugoslawien fiel, kann auch dieses Land sich rühmen, ein reinrassiges Lipizzaner-Gestüt zu besitzen. Das Gestüt wurde damals zu einer der ersten Staatskolchosen nach sowjetischem Muster. Es beherbergt heute 200 Pferde. Marschall Tito weiß mit diesem wertvollen Zuchtprodukt nicht nur die jugoslawische Ausfuhr zu fördern. Man kann ihn zuweilen in blendend-weißer Uniform in den weiten Parks seines Belgrader Schlosses auf einem weißen Pferde reiten sehen: es ist ein Hengst aus dem Gestüt Lipizza.

Der Werdegang eines jungen Lipizzaner-Hengstes bedeutet harte Arbeit, die schon in der Koppel beginnt. Als Vierjähriger kommt er zur Ausbildung und Auslese in den Stall der Hofreitschule. Dort werden die Hengste auf Herz und Nieren geprüft, einem erfahrenen Bereiter unterstellt und angeritten. Nur die besonders gut Veranlagten werden weitergeschult und ? ihrer Eignung entsprechend ? für ein bestimmtes Gebiet der hohen Reitkunst ausgewählt, und zwar getrennt nach den Schulen "auf" und "über der Erde". Mit dem zehnten Lebensjahr ist die Ausbildung in der Regel abgeschlossen, doch werden die Pferde selbstverständlich im Training gehalten.

In ihrer seit 200 Jahren unveränderten Uniform ? brauner Frack, Zweispitz, weiße Hirschlederhose ? und in der traditionellen Zäumung der Lipizzaner werden die Bereiter der Spanischen Hofreitschule nun zum erstenmal auch in Hamburg alle Gangarten der klassischen Reitkunst in höchster Vollendung vorführen. Sie nahmen vorher schon an dem Frankfurter Turnier der Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft teil. In den Vorjahren waren sie in Luzern und Rom zu Gast Jetzt rüsten sie zu einer Reise nach USA.