Sie waren wirklich da, die Berliner, kamen sogar mit dem Visum der Russen. Auf der etwas schmalbrüstigen Bühne der Ufa-Mundsburg standen sie neben ihren Hamburger Kameraden. Berliner Bär neben den drei Türmen, die Ihre Trikots zieren, heute wie vor dem Kriege, der zwischen den Leistungen von damals und heute steht. Vertraute Gesichter unter Ihnen, breite Schultern auf schlanken Körpern, ln vielen Kämpfen geformt. Aber doch schon fast an der Grenze des Repräsentativen, was in diesem Falle weniger durch das mangelnde Haupthaar, als durch das Fehlen der letzten Frische empfunden wird. Die Hamburger Mannschaft gewann, aber das Ist nicht das Entscheidende, sondern die Tatsache, daß die Berliner, denen manchmal, einfach die Kraft fehlte, die Übungen in Ihrer schweren Steigerung durchzuturnen, überhaupt den Wettkampf suchen und Hamburg ? Berlin als ein Vermächtnis betrachten, dem bald auch Leipzig wieder beitreten möge.

Schwierigstes Gerät, wie Immer, Pferd seit. Eine tllckiscRe Erfindung, bei dessen Anblick man unwillkürlich an Walter Steffens erinnert wird, den Olympiasleger, dessen meisterliche Beherrschung dieses Geräts nicht nur ein optischer Genuß für Zehntausende war. Man drückt unbewußt die Daumen, wenn einer über den Rücken dieses breitbeinigen Pferdes wandert, im ständigen Wechsel zwischen Kehre und Schere ein Höchstmaß an Konzentration aufbringt, ist sichtlich erleichtert, wenn er ?hell wieder

runterkommt" und empfindet fast "inen körperlichen Schmerz, wenn er doch noch Irgendwo hängen bleibt. Berlin geht hier nur ,auf Sicherheit, man sieht keine einzige Wanderflanke, wie sie die Hamburger (Smuda) einstreuen, die mehr riskieren und trotz eines Versagers mehr Punkte sammeln als die Gäste. Hamburgs Stärke, wie Immer: das Reck, mit einem Durchschnitt von 9,34 Punkten. Hier fehlte Berlins Spitzenturnern mehrmals einfach die Kraft zum Durchstehen. Aber die 8,88 Punkte Berlins waren nicht mehr ausschlaggebend, da der Kampf schon durch das Bodenturnen entschieden war.

Senator L a n d a h 1 ehrte die Berliner Mannschaft, die er mit heißem Herzen, wie er sagte, willkommen heiße. Die unlösbare Gemeinschaft zwischen Ost und West müsse immer wieder betont werden, und wenn der Sport und das Turnen Kraft und Selbstbeherrschung heranbilden, dann sei diese beherrschte Kraft das, was das deutsche Volk heute dringend gebrauche. Ein Bild von einem Hamburger Fleet, den Gästen vom Senat überreicht, setzte den SchluSpunkt unter eine Veranstaltung, die ln Ihrer Organisation geradezu mustergültig war.

Wanderflanken. Hamburgs Riege turnte tm Durchschnitt nicht besser als Berlin. Immerhin waren die Schwierigkeiten größer, nur die Ausführung ließ zu wünschen übrig. Smuda war Bester mit 9,60, Schröter, Weiland und U 1 b e r die nächsten. Sie hielten das Ergebnis, Kriblc und Becker fielen stark ab und Albusb e r g e r verdarb sich am Selt-Pf erd dl" Führung ln der Gesamtwertung. Ergebnis: Hamburg 59,25, Berlin 58,80.

Das Bodenturnen beherrschte die Hamburger Riege. Einfache Rollen vor- und rückwärts, Überschläge, beld- und einarmig, Bodenkippen, Fllck-Flacks, Hecht und Salti ln schönen Verbindungen ergaben ein hübsches, abgerundetes BUd und durchweg hohe Punktzahlen. Bester Hamburger war Albusberger mit 9,55, nur Becker war etwas schwächer und blieb unter >. Berlins Riege Sei dagegen stark ab. Sie zeigte zu viele starre Übungsformen, es fehlten die gymnastischen Schwünge und Sprünge, es fehlte überhaupt das Bodenturnen. Nur B o 1 1 und Lorenz zeigten einige schwierige Formen. Ergebnis: Hamburg 64,60, Berlin 61,80.

Temperament und Schwierigkeit zeichnetet die Hamburger am Reck aus. Zwar fehlte zuweilen die ausgefeilte und vollendete Haltung, aber es wurde etwas riskiert und Jede Übung durchgeturnt und mit einem mutigen Abgang abgeschlossen. Keiner stand dem andern nach. Wenn schließlich wieder Albusberger vor Weiland mit 9,65 und 9,60 die beste Leistung zeigte, so folgten die anderen doch dicht auf, keiner turnte unter 9. Fortschritte waren unverkennbar. Mögen jüngere sich daran ein Beispiel nehmen. Berlin konnte das Tempo nicht mehr halten. Wohl waren Ansätze vorhanden, wohl spürte man den Willen zur Leistung, aber die Riege halle nicht mehr die Kraft zum letzten Einsatz. Das Alter forderte seinen Tribut. Klwatschinskl, Mattlck.^Bockenauer, Blume 1 mußten ihre Übung vorzeitig beenden oder ln Pendelschwünge ausweichen. Das kostete wertvolle Punkte und so war der Sieg der Hamburger nicht mehr aufzuhalten. Ergebnis: Hamburg 65,40. Berlln 60,75.

In der Gesamtwertung lagen drei Hamburger an der Spitze. S rn u d a führte mit 47,20 vor Schröter mit 46,85 und Weiland mit 46,70 Punkten. Erst dann folgt mit Lorenz der beste Berliner. Er schaffte 46,20 vor U 1 b e r , Hamburg, mit 45,70. Sechster wurde B o 1 1 , Berlin, mit 45,65 und als siebenter kam dank seiner guten Einzelwertungen Albusberger heraus. Könnte dieser Turner mit dem Seitpferd umgehen, wäre er der beste Hamburger. Seine Eleganz und Haltung sind vorbildlich. Mit dem achten Platz, 44,85 Punkte, erhielt K twa t s e h lnskl für seinen Jahrgang noch ein beachtliches Ergebnis. Neunter wurde Kriblc, Hamburg, mit 44,75 und zehnter M a 1 1 1 c k , Berlin, mit 44,20 Punkten.

Hamburger Turnersieg in Lübeck

In Lübeck fand gestern ein Vergleichskampf Im Kunstturnen statt. Turner und Turnerinnen ETV Hamburg gegen Gutheil Lübeck. Hamburg gewann mit 829,8 gegen 785,3. Beim Männerwettkampf der Turner ETV 538,1 gegen 508,3, Turnerinnen 291,7 gegen 377 Punkte.