Ihre Kamera hat sie so gut wie immer dabei. Anna Wegelin dokumentiert in ihrem Blog “Lachsbrötchen“ die Kreativszene der Stadt Hamburg.

Der Instinkt ist geweckt. Sie beobachtet, konzentriert, ganz bei der Sache. Dann greift sie zur Kamera. Anna Wegelin ist auf der Jagd. Nach Trends, frischen Labels, interessanten Menschen. Ihr Revier heute: Kapitana, ein neuer Store auf St. Pauli. Die 25-Jährige ist in ihrem Element. Sie fotografiert minutenlang, immer wieder drückt ihr Zeigefinger auf den Auslöser. Ein kurzes Gespräch noch mit Besitzerin und Designerin Kathrin Weber, dann zieht sie weiter. Nach Hause, zum Laptop und ihrer „zweiten Sucht“, wie sie sagt. Zu ihrem Blog „Lachsbrötchen“.

Seit knapp zwei Jahren postet die Modedesignstudentin mehrmals die Woche Fotos und kleine Berichte im Internet. Sie habe einfach damit angefangen, sagt Anna Wegelin. „Ich hatte keine Ahnung, wie sich das entwickelt.“ Mittlerweile wird sie von einer festen Fan-Gemeinde gelesen. Zahlen? Die kümmern sie nicht groß. „Ich mache das einfach aus Spaß, schreibe über alles, was mich interessiert.“ Nur die Thematik sei meist ähnlich: Kunst in allen Facetten. Mode, Fotografie, Musik. Hamburg habe eine kreative, junge Szene. Diese wolle sie vorstellen, den Machern eine Plattform bieten. Professionell und mit einem Anspruch auf Vollständigkeit sind ihre Einträge nicht – und sollen es auch nicht sein. Der Bloggerin geht es um Individualität. Wie zum Beweis trägt sie ein knallgelbes Kleid, mit überdimensionaler Mickey-Maus-Schleife und roten Lippenstift. Massenware? Sieht anders aus. „Lachsbrötchen“ ist ihr ganz eigenes Hobby, ihre Leidenschaft. Eine Spielwiese. Sie braucht kein Glamour und Glitzer. „Das bin ich nicht. Ich bin die Anna vom Fischmarkt.“ Die Anna mit dem Lachsbrötchen.

In letzter Zeit war es ihr nicht möglich, ihrer Sucht wie gewohnt nachzugeben, da sie intensiv an ihrer Abschlusskollektion für die Akademie Mode & Design arbeitete. Sie könne sich vorstellen, sich als Designerin selbständig zu machen, sagt sie. „Aber man muss vorher genau überlegen, wie man sich positionieren will.“ Die geeignete Werbefläche hat sie mit ihrem Blog zumindest schon gefunden. Zwei ihrer Kollektionen postete sie, beide verbreiteten sich im Netz schlagartig. Denn Blogs sind längst keine Randerscheinung mehr. Die Meinung von Netzgrößen wie Les Mads oder The Sartorialist ist vielen Labels mindestens so wichtig, wie die der Vogue. Blogger können über enormen Einfluss verfügen. Manchmal sogar über eine gewisse Prominenz.

Zumindest in der Hamburger Szene kennt man Anna Wegelin. Doch sie weiß, dass auch Glück dazu gehörte. Wie so oft im Leben. Deshalb engagiert sie sich für das soziale Projekt „mein.stadt.raum“ in Rothenburgsort. Kürzlich leitete sie einen Workshop, in dem Frauen, überwiegend aus Krisengebieten, Modekollektionen entwerfen konnten. Viele Teilnehmerinnen verarbeiteten Lebenserfahrungen wie Unterdrückung durch traditionelle Rollenmodelle, Kriegserlebnisse und Gewalt. Die Ausstellung wird am 10. Dezember in der Kirchengemeinde in Steinbeck (Havighorster Redder 50) eröffnet. Anna Wegelin möchte dann dabei sein. Mit ihrer Kamera.

http://lachsbroetchen.blogspot.com