Nach Joop und Jil Sander erobern junge Labels die Modeszene in der Hansestadt. Ein gekonntes Understatement eint die Kreativen.

Altona. Es waren schillernde Namen. Wolfgang Joop, Jil Sander oder auch Karl Lagerfeld, sie alle starteten von Hamburg aus ihre Weltkarriere. Und prägten einst den Ruf als Stadt für Modeschaffende. Mit ihrem Weggang wurde es still um die Branche. Alle blickten nach Berlin, in die Hauptstadt mit ihrer glamourösen Fashion Week und den jungen aufstrebenden Labels. Dort war es laut, neu, aufregend.

Und so wurde bisher kaum Notiz davon genommen, dass sich in der Hansestadt längst eine kreative Szene etabliert hat. Mit den erstmals stattfindenden Hamburg Fashion Shows wird dem Nachwuchs endlich eine geeignete Plattform gegeben. Von Dienstagabend an können heimische Designer vier Abende lang bei Etage Eins ihre Entwürfe präsentieren. Initiator der Schauen ist Freddy Mouchawrab, Geschäftsführer des Concept Stores im Stilwerk.

Den Auftakt bildet das für seine Jerseykleider bekannt gewordene Label FKK, geführt von dem Designduo Stefan Harm, 43, und Tobias Jopp, 42. Sie präsentieren ihre Kollektion "Mad Women", für die sie sich von dem Retro-Chic der amerikanischen Kultserie "Mad Men" inspirieren ließen. Die eng geschnittenen Pencilskirts, Schluppenblusen und Cocktailkleider aus den frühen 60er-Jahren übersetzten sie in die heutige Zeit. Etwas lässiger, etwas bequemer. Und trotzdem eine Hommage an die Weiblichkeit. "Ich mag das Solide, was die damalige Zeit prägte", sagt Tobias Jopp. Das passe zu ihrem Label, zu Hamburg im Allgemeinen.

Die Stadt sei weniger angestrengt als Berlin. Wo die Trends ebenso schnell wieder verschwinden, wie sie aufploppen. Hamburg, sagt Tobias Jopp, besitze mehr Stilfestigkeit. Und das sei nicht gleichbedeutend mit Langeweile. Zwar hat die Branche die Hauptstadt zur Modemetropole erhoben - der Norden muss sich aber nicht verstecken. "Es gibt eine lange Designtradition, viele interessante Labels", sagt Tobias Jopp. Doch müsse die lokale Politik diese mehr unterstützen. Nachwuchskräften fehlt es häufig an den finanziellen Mitteln, sich längerfristig zu etablieren.

Er selbst verkauft gemeinsam mit Stefan Harm seit vier Jahren im Geschäft in Eppendorf die eigenen Kollektionen, die komplett in der Stadt gefertigt werden. "Wir wollten ein kleines Label, mit der Ausrichtung auf ein bestimmendes Produkt. Das war bei uns das Jerseykleid."

Anna Fuchs hat ebenfalls ihre Nische gesucht und gefunden. Vor zehn Jahren machte sich die 36-Jährige mit ihrem Label im Karolinenviertel selbstständig. Ihre hochwertigen Kleider seien "Mode für die Femme fatale von heute", sagt sie. Klassisch und sinnlich zugleich. Sie zeigt am Donnerstag im Stilwerk ihre Kollektion, genauso wie Philippa Lindenthal aus Ottensen. Autodidaktin Fuchs favorisiert den an die 40er-Jahre angelehnten Stil, auch bei ihrer eigenen Kleiderwahl. Ohne High Heels und in Jeans vor die Tür? Für sie nur schwer denkbar. Hohe Absätze, sagt sie, lassen eleganter wirken. Vorausgesetzt, man kann auf ihnen laufen.

Etwas legerer mag es Annette Rufeger. Seit zwölf Jahren im Schanzenviertel ansässig, setzt sie bei ihren Hosen, Trenchcoats und Röcken auf klare, schmale Silhouetten mit wenigen Details. "Ein Stoff wirkt schon für sich, meine Schnitte nehmen die Wirkung auf und spielen damit." Dieses gekonnte Understatement eint die Hamburger Kreativen. Sie laufen nicht jedem Trend aus London oder New York hinterher. Sie setzen sie lieber selbst.