Mit der Eröffnung des Armani-Stores ist der Wandel der Straße zur Shoppingmeile abgeschlossen.

Sie war mal eine unbedeutende Nebenstraße. Staubig, grau, unattraktiv. Vergessen zwischen Büros, Parkhäusern und Lagerhallen. Jahrelang litten die Hohen Bleichen unter ständigen Bauarbeiten: Aufgestellte Container, Bautoiletten und parkende Handwerker-Kleinlaster blockierten die Wege und Straßen. Die wenigen Passanten huschten nur schnell vorbei, ohne nach rechts oder links zu schauen. Ihr Ziel: zum Shoppen an den Neuen Wall oder den Jungfernstieg. Die kleine Straße nahe der Alster fristete eher ein Dasein als Graue Bleichen denn als Hohe Bleichen.

Vergangenheit. Wer jetzt dort flaniert, der erlebt ein ganz anderes Flair. Ein edles Geschäft reiht sich ans andere. Prada, Etro, Armani und Petra Teufel sitzen Tür an Tür. Die Straße selbst wurde neu gestaltet, präsentiert sich nun als kleiner Boulevard mit hellem Boden, großzügigen Gehwegen und einem Platz in der Mitte - mit 13 Lebensbäumen, die aus den Rocky Mountains eingeflogen wurden.

Viele Hamburger entdecken die Hohen Bleichen neu. "Das Ambiente ist gelungen", sagt Sandra Neubäumer. Sie arbeitet um die Ecke am Gänsemarkt und hat die Entwicklung genau beobachtet. "Es hat schon eine Weile gedauert, bis sich die exquisiten Läden angesiedelt haben", so Neubäumer. Nach ihrem Geschmack könnten es ruhig noch mehr sein, sagt die junge Frau. Sie schlendert gerade an dem neuen Armani-Store vorbei, der heute eröffnet und den Abschluss der Neugestaltung der Hohen Bleichen bildet.

Alles begann 2002 mit der Eröffnung der Filiale des Restaurants Vapiano in einem neuen Büropalast. Das Lokal lockte viele Gäste in die Straße, vor allem junges Publikum. Damit entstand "ein Lauf". Die Hohen Bleichen belebten sich. Alte Häuser wurden restauriert, Neubauten entstanden. Edle Boutiquen wie Filippa K aus Schweden zogen ein. Für den Umbau musste die Kult-Kneipe Prinz & König weichen.

Lange bevor der aktuelle Trend absehbar war, kam das Papierwarengeschäft Waltraud Bethge in die Straße. "Wir sind seit über 20 Jahren an den Hohen Bleichen. Damals hatten wir uns bewusst diese feine, zurückhaltende Adresse ausgesucht", sagt Geschäftsführerin Vera Schober. Das Umfeld habe sich mittlerweile gewandelt, die Mischung aus klassischen Hamburger Adressen und Luxusmarken sei perfekt. "Hierher kommen High-End-Käufer, die Shoppen mit kultureller Erfahrung verbinden wollen und sich danach auf einen Drink in der Bank treffen. Natürlich ist das Upper Class, aber mit heimeligem Ambiente", formuliert sie.

So ist aus einem "Hinterhof" der Stadt erst ein Geheimtipp, dann eine regelrechte "Boomtown" geworden. In der Nachbarschaft entstanden und entstehen millionenschwere "Leuchtturmprojekte" wie das BrahmsQuartier, die Sanierung des Unileverhauses - Großbauten, die der HafenCity Konkurrenz machen. Im vergangenen Jahr wurde dann der "öffentliche Raum" auf dem dreieckigen Platz namens Heuberg am Renaissance-Hotel umgestaltet. Die Kosten, zwei Millionen Euro, wurden von den ansässigen Geschäftsleuten getragen. Das Projekt sollte eine Art Schlussakkord in der Entwicklung werden. Ein Brückenschlag vom Gänsemarkt zum Neuen Wall. Der Platz mit den aufgestellten Bänken, von vielen Hamburgern Goldbarren oder gar Särge genannt, ist allerdings mehr Prestigeobjekt als Ort zum Verweilen (im Winter sind die Bänke zu kalt, im Sommer zu heiß zum Sitzen).

Für Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) bedeuten die Hohen Bleichen eine gelungene Mischung von Gastronomie, Einkaufen und Büros. "Sie werden den Neuen Wall nicht ablösen, sich aber parallel gut entwickeln", sagt er. Noch interessanter würde die Straße werden, wenn Gängeviertel, neue Dammtorstraße und Emporio-Haus fertig sind. Als Attraktion könnte sich der Bezirkschef Außengastronomie auf dem Heuberg vorstellen.

"Die Umgestaltung ist eine Aufwertung, nicht nur für die Straße, sondern für das gesamte Areal", sagt Frank Rudolf Sobiechowski, Vorstandsvorsitzender der Interessengemeinschaft ABC-Viertel und Inhaber des Herrenausstatters Frank Rudolf. "Wir merken das an mehr Besuchern. Endlich sind die Baustellen verschwunden, alles wirkt aufgeräumter und gepflegter." Nur die Falschparker bereiten den Geschäftsinhabern noch Probleme, ergänzt Volker Niemann vom Business Improvement District (BID) Hohe Bleichen. "Aber das kriegen wir auch in den Griff."

Christoph Ringleben, Geschäftsführer bei Grossmann & Berger, ist aber überzeugt: "Einen zweiten Neuen Wall wird es nie geben, aber die Hohen Bleichen mutieren zur 1-a-Lage, alles geht in die Qualität. Die Entwicklung ist fast abgeschlossen", sagt er. Für die Makler ist "der Lauf" der Kunden entscheidend für Quartiersentwicklungen. Auch Ringleben setzt auf die Entwicklung der benachbarten Quartiere und einen steigenden "Lauf": "Die umgestaltete Dammtorstraße wird bald auch einen Entwicklungssprung machen."

Auch Sobiechowski sieht die Hohen Bleichen nicht als Konkurrenz zum Neuen Wall. Eher als kleine Schwester. Die Straße sei eine spezielle Einkaufsstraße mit mehr Lokalkolorit und internationalen Luxusmarken wie Prada und Armani, die neben inhabergeführten Läden wie etwa den Kunst- und Antiquitätengeschäften sitzen. "Der Neue Wall ist eine geschaffene Perlenkette, hier an den Hohen Bleichen haben wir die Perlen aus den Austern gewaschen", sagt der Herrenausstatter. Der Mann mag seine Straße wirklich gerne.