Berlin (ots) - In den usbekisch-deutschen Beziehungen ist der aktuelle Berlin-Besuch von Präsident Shavkat Mirziyoyev ein Meilenstein. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des politischen Dialogs und der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit zwischen den Ländern, die sich in den letzten Jahren schrittweise entwickelt hat.

Dass der Staatsbesuch die erste Auslandsreise des usbekischen Präsidenten nach dem Verfassungsreferendum ist und vor dem Hintergrund grundlegender Transformation des politischen Systems mit einer sozial orientierten Marktwirtschaft und einem säkularen Gesellschaftssystem stattfindet, hat durchaus Symbolcharakter.

Deutschland ist für Usbekistan einer der wichtigsten und zuverlässigsten Partner. Es gehört zu den ersten Nationen, die die Unabhängigkeit Usbekistans anerkannt und Konsolidierung der Souveränität wirksam unterstützt haben. Die neue Dynamik in den Beziehungen gewinnt an Fahrt und deckt Jahr für Jahr neue Bereiche der Zusammenarbeit ab. Das gilt für Sicherheitsfragen, Handel und wirtschaftlichen Austausch, demokratische Reformen, Umweltschutz, Wissenschaft und Bildung, Kultur und Tourismus, aber auch für eine nachhaltige, stabile Entwicklung Zentralasiens.

Dem jetzigen Besuch war ein vertrauensvoller politischer Dialog auf höchster Ebene vorangegangen. Der Staatsbesuch von Präsident Mirziyoyev von 2019 brachte die Beziehungen nach einer langen Phase der Stagnation wieder in Gang. Der Gegenbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Usbekistan gab dem Austausch einen weiteren neuen Impuls. Der konstruktive Kontakt wurde auch während der Pandemie 2020 und 2021 mit vier Telefongesprächen und einem Online-Gipfel des Präsidenten mit der deutschen Bundeskanzlerin fortgesetzt.

Ein wichtiger Motor der Zusammenarbeit ist der wachsende institutionelle Rahmen, zu dem zwischenstaatliche Arbeitsgruppen für Handel und Investitionen, Landwirtschaft, der Deutsch-Usbekische Wirtschaftsrat, die Interparlamentarische Freundschaftsgruppe und die Gemeinsame Kommission für kulturelle Zusammenarbeit gehören. Darüber hinaus werden der Austausch mit neuen Inhalten gefüllt, die Städtepartnerschaften zwischen Taschkent und Berlin sowie Buchara und Bonn ausgebaut und die Hochschulpartnerschaften erweitert.

Die Intensivierung der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit mit Deutschland ist eine wichtige außenpolitische Priorität für Usbekistan. Die neue usbekische Entwicklungsstrategie und die Verfassungsreform haben neue Perspektiven für die Vertiefung und den Ausbau der deutsch-usbekischen Beziehungen eröffnet.

Die erste ist die Entwicklung der Zusammenarbeit im Bereich der demokratischen Reformen, der Stärkung der Grundlagen des Sozialstaats und der Marktwirtschaft.

In den letzten Jahren hat Usbekistan die Tätigkeit der staatlichen Organe grundlegend revidiert und den Wandel zu einer demokratischen Entwicklung eingeleitet. Fortschritte bei der Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung, der Beteiligung der Bürger und der Liberalisierung der Wirtschaft sind unübersehbar.

Die soeben beschlossene Verfassungsreform wird diesen Prozess unumkehrbar machen. Die Entwicklung der demokratischen Institutionen, der öffentlichen Verwaltung und des Justiz- und Rechtssystems, die Verantwortung der Staatsgewalt für die Wahrung der Würde des Menschen haben nun Verfassungsrang. Die Erfahrungen Deutschlands, das in diesen Bereichen beachtliche Erfolge erzielt hat, spielen dabei eine große Rolle.

Berlin unterstützt die Reformen in Usbekistan in vollem Umfang. So stellte der deutsche Botschafter in Taschkent, Tilo Klinner, auf der Konferenz "Usbekistan-Deutschland: Neue Horizonte der Zusammenarbeit" am 28. April dieses Jahres fest, dass "wir Zeugen eines Kaleidoskops unsichtbarer Veränderungen im neuen Usbekistan sind" und der Besuch von Präsident Mirziyoyev in Deutschland "den usbekisch-deutschen Beziehungen, die sich in einem beispiellosen Aufschwung befinden, zweifellos einen starken Impuls verleihen".

Dank der Unterstützung der politischen Stiftungen - Konrad-Adenauer-, Friedrich-Ebert- und Hanns-Seidel-Stiftung - findet eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Partnerorganisationen Usbekistans und Deutschlands statt. Dazu gehören Dutzende von gemeinsamen Projekten über die Unabhängigkeit der Medien, die Gleichstellung der Geschlechter, die Bürgerrechte und -freiheiten.

Zweitens ist Usbekistan an einer Intensivierung des Dialogs und der praktischen Interaktion bei der Gestaltung einer sozial orientierten Marktwirtschaft und ihrer Diversifizierung interessiert.

Usbekistan hat sich selbstbewusst und unwiderruflich auf einen Kurs der Liberalisierung der Wirtschaft, des Finanz- und Bankensektors, der aktiven Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen und der Konsolidierung des sozialen Schutzes der Bevölkerung begeben. Das Land mit seinen fast 40 Millionen Einwohnern hat sich in ein Wirtschaftszentrum verwandelt, das seit einem Jahr ein stetiges Wirtschaftswachstum von 5 bis 6 Prozent aufweist. Inzwischen prognostiziert die Weltbank, dass die durchschnittliche jährliche BIP-Wachstumsrate des Landes bis 2030 bei 6 bis 7 Proizent liegen wird.

Usbekistan festigt zunehmend seinen Status als die am stärksten diversifizierte und sich am nachhaltigsten entwickelnde Wirtschaft in der Region. Allein im Jahr 2022 wurden rund 100.000 neue Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftszweigen gegründet. Die ausländischen Investitionen erreichten 10 Milliarden US-Dollar, dreimal mehr als 2017. Fast eine Million Einwohner wurden aus der Armutsgrenze herausgeholt.

Auch die deutschen Partner erkennen dies an. Eduard Kinsbruner, Regionaldirektor des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, betonte auf der erwähnten Konferenz, dass die 2017 eingeleiteten Reformen keine vorübergehende Erscheinung seien, sondern ein langfristiger Trend zur Erneuerung des gesamten Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft. "Deshalb ist das Interesse Deutschlands an einer Zusammenarbeit mit Usbekistan groß, und die Bereitschaft der deutschen Wirtschaft, die Außenwirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren, wird weiter steigen." Schon heute befänden sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Usbekistan und Deutschland auf einem historischen Höhepunkt. Die Exporte sind um 130% gestiegen, die Importe um 55%, und allein in diesem Jahr wurden zwei Wirtschaftsforen abgehalten und ein Paket von Abkommen unterzeichnet.

Das günstige Geschäftsklima, die demokratischen Reformen in Usbekistan und die friedliche und nachbarschaftliche Politik Taschkents in Zentralasien haben dazu beigetragen, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Usbekistan und Deutschland zu vertiefen. Zum ersten Mal seit 30 Jahren hat der Handel zwischen Usbekistan und Deutschland die Grenze von einer Milliarde Dollar überschritten und sich allein in den letzten sechs Jahren verdoppelt.

Usbekistan sieht Deutschland als Vorbild für ein erfolgreich entwickeltes Industrieland mit sozialer Marktwirtschaft. Erfreulicherweise ist das Interesse der deutschen Wirtschaft an Usbekistan gegenseitig und wächst stetig. Die Zahl der Unternehmen mit deutschem Kapital hat sich in den letzten sechs Jahren von 120 auf 219 verdoppelt, und große Vorzeigeunternehmen wie Siemens, BASF, Thyssen Group, Roland Berger, Adidas Group, Papenburg und Falk Porsche drängen auf den usbekischen Markt. Dadurch hat sich das Volumen der deutschen Investitionen bereits von 700 Millionen auf 1,5 Milliarden Dollar verdoppelt, die in Bergbau, chemische Industrie, Baustoffproduktion, Pharmazeutika, Landwirtschaft, Energie und Verkehr fließen. Auch der Energiedialog entwickelt sich weiter.

Auch Usbekistan öffnet sich dem großen deutschen Markt. Im Jahr 2022 erreichten die usbekischen Exporte den Rekordwert von 88,9 Millionen Dollar. Durch jüngst getroffene Vereinbarungen wird sich dieser Wert vervierfachen. Die wichtigsten Exportgüter sind Industriegüter, Obst und Gemüse, Textilien und chemische Erzeugnisse.

Deutschland erkennt die hohe Reformdynamik und die Entwicklungsperspektiven Usbekistans an und erhöht seine finanzielle und technische Hilfe, die sich im Jahr 2022 auf 650 Millionen US-Dollar beläuft.

Drittens ist für das heutige Usbekistan mit seinem enormen demografischen Potenzial die Zusammenarbeit im Bereich der beruflichen Bildung von großem Interesse. In einem Land, in dem das Durchschnittsalter der Bevölkerung unter 30 Jahren liegt, legt die neue usbekische Verfassung besonderen Wert auf hochwertige Bildung. Allein in den letzten sieben Jahren ist die Zahl der Studierenden im Hochschulbereich von 9 auf 38 Prozent gestiegen, die Zahl der Universitäten von 70 auf über 200. Ferner werden auch ausländische Universitäten eröffnet. In diesem Bereich wird es der deutschen Seite ermöglicht, den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften auszugleichen.

Deutschlands Erfahrung mit alternativen Energien stößt in Usbekistan mit dem Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen, auf wachsendes Interesse. Beide Länder haben hier eine gute Basis für enge Zusammenarbeit. Elena Metzger von der Deutschen Energie-Agentur betonte, Usbekistan verfüge über ein enormes Potenzial bei Solarenergie und Biogas sowie der Nutzung von Wärmepumpen in der Landwirtschaft, und Deutschland sei bereit, bei der Einführung grüner Technologien und der Ausbildung von Fachkräften für diesen Bereich zu helfen.

Viertens: Die Festigung und der Ausbau freundschaftlicher Beziehungen zu den Nachbarstaaten auf der Basis gegenseitiger Unterstützung sowie die Verfolgung einer friedliebenden Außenpolitik werden in der neuen Verfassung als wichtige Richtungen genannt. Auch in dieser Hinsicht ist Usbekistan an einer Vertiefung des bilateralen Dialogs mit Deutschland interessiert. Wichtige Fragen der regionalen Sicherheit könnten gemeinsam angegangen werden. Taschkent und Berlin haben in vielen aktuellen Fragen übereinstimmende oder ähnliche Positionen.

Die konstruktive Regionalpolitik Usbekistans wird von allen Nachbarstaaten unterstützt. Die zentralasiatische Region ist auch unter in den geopolitischen Turbulenzen ein Raum des Vertrauens und der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen und gegenüber internen und externen Herausforderungen widerstandsfähiger geworden.

Berlin ist an einer konstruktiven Kooperation in Zentralasien, an Stabilität und der Einbindung ihrer Staaten in die globalen Wirtschaftsbeziehungen interessiert und setzt sich für die Intensivierung der gesamteuropäischen Politik in der Region ein. So hatte Deutschland 2007 die EU-Strategie für Zentralasien initiiert, die 2019 aktualisiert wurde, und war federführend bei der Entwicklung der neuen EU-Global-Gateway-Initiative, die Zentralasien eine Schlüsselrolle in der Region zuweist. Infolgedessen haben sich die Kontakte zwischen der EU und den führenden Politikern Zentralasiens in den letzten Jahren verstärkt. Im Jahr 2022 wurde das 2008 gegründete Zentralasien-EU-Format auf die Ebene der Staatsoberhäupter gehoben. Außerdem finden regelmäßige Außenministertreffen statt.

Heute sind auch die Länder der zentralasiatischen Region bestrebt, die Zusammenarbeit mit Deutschland zu intensivieren. Dadurch wird es möglich, das Ressourcen-, Produktions-, Transport- und Logistik- sowie das intellektuelle Potenzial Zentralasiens voll auszuschöpfen, die Region in globale Wertschöpfungsketten einzubinden und den regionalen Akteur als wichtigen Faktor zur Gewährleistung von nachhaltiger Entwicklung, Sicherheit und Stabilität nicht nur in Zentralasien, sondern auch weit darüber hinaus zu stärken. Dazu gehört auch die Befassung mit Afghanistan, von dessen Entwicklung nicht nur die Stabilität der Nachbarländer, sondern auch die globale Sicherheit abhängt.

Usbekistan ist überzeugt, dass nur durch einen koordinierten Dialog mit den neuen afghanischen Machthabern, auch über Menschenrechtsfragen, sozioökonomische Hilfe und die Einbeziehung in regionale Wirtschaftsbeziehungen, die Voraussetzungen für eine nachhaltige friedliche Entwicklung geschaffen werden können, um das Land wieder auf den Weg zu bringen.

Für Usbekistan bleiben die Beziehungen zu Berlin der wichtigste Bereich seiner außenpolitischen Strategie. Auch beim aktuellen Staatsbesuch ist es offensichtlich, dass beide Seiten klare Leitlinien und Prioritäten für die Zusammenarbeit haben und die Bedürfnisse des jeweils anderen verstehen.

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