Die Schäden der Erdbebenkatastrophe in Norditalien gehen in die Milliarden. Tausende von Menschen sind für unabsehbare Zeit ohne feste Bleibe.

Rom. Nach der Erdbebenkatastrophe in Norditalien haben Tausende von Menschen in Zelten Quartier bezogen. Im betroffenen Gebiet um die Stadt Modena wurden zusätzlich zu den Camps, die bereits nach dem Beben vom 20. Mai aufgebaut worden waren, 32 neue Zeltlager errichtet. Zahlreiche Betroffene erhielten in Turnhallen, Schulen oder Eisenbahnwaggons Unterschlupf.

Wie die Zeitung „Corriere della Sera“ am Donnerstag berichtete, campten jedoch Tausende von Betroffenen in privaten Zelten in unmittelbar Nähe ihre Wohnungen. „Wir wollen unsere Häuser nicht unbeaufsichtigt lassen“, sagte ein Erdbebengeschädigter. In den Kaufhäusern großer Städte wie Bologna oder Modena waren die Zelte rasch ausverkauft.

Bei den beiden Erdbeben am 20. und 29. Mai waren in der Region Emilia-Romagna insgesamt 24 Menschen getötet und 400 verletzt worden. Etwa 14.000 verloren ihre Bleibe. Allein die Erdstöße der Stärke 5,8 am Dienstag verursachten Schäden in Milliardenhöhe. Die Zeitung „La Repúbblica“ bezifferte das Ausmaß auf zwei Milliarden Euro.

3500 Betriebe mussten nach Angaben der Gewerkschaft CGIL geschlossen werden, 20 000 Beschäftigte verloren ihre Jobs. Allein in der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche beliefen sich die Schäden auf schätzungsweise eine halbe Milliarde Euro, teilte der Bauernverband Coldiretti mit.

+++ Kirchen und Fabriken liegen in Trümmern - Pfusch am Bau? +++

In der Nacht zum Donnerstag wurden im betroffenen Gebiet bei Modena weitere 30 Nachbeben registriert. Auch in Süditalien bebte die Erde. In der Gegend von Sapri südlich von Salerno wurden nach Angaben des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie Erdstöße der Stärke 3,0 registriert. Es wurden keine Schäden gemeldet.

Die Staatsanwaltschaft in Modena kündigte die Einleitung von Ermittlungen gegen Industriebetriebe wegen des Verdachts an, beim Bau von Werksanlagen die Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten zu haben. Ein großer Teil der Opfer war bei den Beben beim Einsturz von Fabrik- und Lagerhallen ums Leben gekommen. „Die Hallen wurden möglichst kostensparend errichtet, aber nun zahlen wir für diese Einsparungen einen hohen Preis“, sagte Staatsanwalt Vito Zincani.

Demgegenüber betonte der Präsident des Industriellenverbands Confindustria, Giorgio Squinzi: „Diese Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen. Die Bauten entsprachen komplett den Vorschriften. Zudem war die Gegend nicht als erdbebengefährdet ausgezeichnet gewesen.“