Washington. Nach dem Angriff in Syrien muss Trump keine Opposition im eigenen Land befürchten. Mit Hillary Clinton ist er in einem Punkt auf Linie.

Was, wenn der auf Abschreckung zielende chirurgische Eingriff der USA in Syrien kein Umdenken bei Baschar-al-Assad zeitigt? Ist der Diktator weiter geduldet, solange er nicht noch einmal Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt? Wie kann Amerika verhindern, in Syrien in eine militärische Auseinandersetzung gegen Assads Schutzpatrone Russland und Iran gezogen zu werden?

Auf die nach Ansicht von US-Kommentatoren „entscheidenden Kernfragen“ nach den Militärschlägen in Syrien hat die Regierung Trump bisher keine verlässlichen Antworten. Stattdessen: Widersprüche. (Einen Überblick über die verschiedenen Lager im Syrien-Konflikt finden Sie hier)

Ungewohnt deutliche Worte

Außenminister Rex Tillerson bemühte sich noch in der Nacht des Angriffs den Eindruck zu erwecken, dass Washington das Regime in Damaskus nicht mit weiteren Militärschlägen destabilisieren will. „An unserer grundsätzlichen Haltung hat sich nichts geändert.“

Andererseits hatte der frühere Öl-Manager kurz vor dem Empfang des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Florida ungewohnt deutlich erklärt, dass Amerika eine radikale Kehrtwende vollzogen hat. Von der Anerkennung der Realität (sprich: „Assad ist Präsident und allein die Syrer entscheiden über seine Zukunft“) zu der Aussage, dass der Diktator „keine Rolle“ mehr spielen wird bei der Führung des syrischen Volkes, dauerte es bei Tillerson nicht einmal eine Woche. Dazwischen liegen die Bilder der Opfer von Chan Scheichun.

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    Kein umfassender Plan zu erkennen

    Tillersons Ankündigung, dass Washington mit internationalen Verbündeten bereits einen Prozess in Gang gebracht habe, der Assads Regierungszeit beenden soll, markiert das Gegenteil von dem, was Präsident Donald Trump bisher betont hatte: Erzwungene Machtwechsel in anderen Ländern, die keine unmittelbare Gefahr für Amerika darstellen, werde es unter ihm nicht geben.

    Weder Tillerson noch Trump haben bisher einen umfassenden Plan erkennen lassen, wie sie nach sechs Jahren Bürgerkrieg den Machtwechsel in Damaskus erreichen wollen. Zumal der bisher zur Priorität erklärte Kampf gegen den Islamischen Staat im Osten des Landes, insbesondere gegen die IS-Hochburg Rakka, weitergehen soll. Wie man mit Assads wichtigstem Verbündeten, Russlands Präsident Wladimir Putin, umgehen will, der das amerikanische Vorgehen gestern scharf kritisierte und von einer „gravierenden Verletzung internationalen Rechts“ sprach, ist ebenfalls unklar.

    Lawrow: „Akt der Aggression“

    Wenige Tage vor seinem Besuch in Moskau machte Außenminister Tillerson den Kreml sogar dafür mitverantwortlich, dass die Giftgas-Attacke von Chan Scheichun überhaupt stattfinden konnte. Begründung: Russland habe 2013 bei der zugesagten Vernichtung von Chemiewaffenbeständen des Assad-Regimes offensichtlich Inkompetenz bewiesen.

    Ein Affront, den Putin mit dem Hinweis kontern ließ, es gebe in Syrien keine Chemiewaffen mehr. Amerikas Luftschläge stellten wie der Angriff auf den Irak vor 14 Jahren einen „Akt der Aggression“ dar, der durch kein Mandat des UN-Sicherheitsrates gedeckt sei, erklärte Außenminister Sergej Lawrow.

    Trump muss keine Opposition in seinem Land befürchten

    Putins Botschaft: Trumps Alleingang hat das Potenzial, das Verhältnis zu Russland nachhaltig zu stören. In einer ersten Reaktion ließ der russische Präsident eine Vereinbarung annullieren, die Zusammenstöße von russischen und amerikanischen Kampfflugzeugen in Syrien vermeiden helfen soll. Die Gefahr einer Eskalation, so Militärexperten in Washington, zwischen den Supermächten ist „dadurch bestimmt nicht geringer geworden“.

    Trotzdem: Opposition im eigenen Land hat Donald Trump vorläufig nicht zu befürchten. Wortführer einer robusteren Vorgehensweise in Syrien wie die republikanischen Senatoren McCain, Graham und Rubio lobten den Marschbefehl des Präsidenten. Es sei nun klar, dass Amerika nicht weiter „untätig zusehen wird“, während Assad „mit tatkräftiger Unterstützung von Putins Russland mit chemischen Waffen und Fassbomben unschuldige Syrer abschlachtet“.

    Demokraten fordern Gesamtstrategie

    Auch Paul Ryan, Sprecher des konservativ beherrschten Abgeordnetenhauses, nannte die Luftangriffe „angemessen und richtig“. Fast deckungsgleich in der Wortwahl verhielt sich der demokratische Minderheitenführer im Senat, Chuck Schumer. Er verlangte allerdings nach einer Gesamtstrategie und der Einbindung des Parlaments in das weitere Vorgehen.

    Im Stimmengewirr ging fast unter, dass Trumps Rivalin im Wahlkampf, die Demokratin Hillary Clinton, nur wenige Stunden vor dem Abschuss der pro Stück 1,5 Millionen Dollar teuren Tomahawk-Lenkwaffen in einer Podiums-Diskussion die Zerstörung von Flugplätzen und Kampfflugzeugen der syrischen Luftwaffe forderte. Von dort gehe nach wie vor die größte Gefahr für Zivilisten in dem Bürgerkriegsland aus, sagte die frühere Außenministerin. Trump und Clinton – am Ende einer Meinung?

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