Washington. Michael Flynn, der gefeuerte Sicherheitsberater des US-Präsidenten, will über dessen Russland-Kontakte auspacken – gegen Straffreiheit.

Am 13. Februar warf US-Präsident Donald Trump seinen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn hinaus und hoffte dadurch offensichtlich, der Affäre um seine unlauteren Russland-Kontakte den Sauerstoff entzogen zu haben. Stattdessen brennt die Geschichte nun lichterloh.

Der ehemalige Drei-Sterne-General, der über zahlreiche Telefonate mit Moskaus US-Botschafter Sergej Kielyak gelogen hatte, ist bereit auszupacken. Vorausgesetzt, so sein Anwalt in einem Schreiben an die Geheimdienst-Ausschüsse, Flynn bleibe von Strafverfolgung verschont.

Dass Flynn offiziell um Immunität bittet, bedeutet nach Meinung von Juristen, dass er sich bei seinen Kontakten mit dem Gesandten von Russlands Präsident Wladimir Putin offenbar strafbar gemacht hat.

Ermittlungen im Fall Russland-Kontakte seit acht Monaten

Im Weißen Haus hat die Nachricht Alarm ausgelöst. Zunächst wurde jeder Kommentar verweigert. Seit Wochen bemüht man sich dort nach Kräften, die sich hartnäckige haltende Verdächtigung zu zerstreuen, dass Leute aus Trumps Machtzirkel vor der Präsidentschaftswahl im November mit russischen Stellen unter einer Decke gesteckt haben, um Trumps Rivalin Hillary Clinton zu beschädigen.

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    Die Dementis verfehlten spätestens in dem Moment ihre Wirkung, als der Chef der Bundespolizei FBI, James Comey, am 20. März öffentlich erklärte, dass in der Angelegenheit bereits seit acht Monaten offiziell ermittelt wird.

    Hintergrund: Die zentralen US-Sicherheitsbehörden sind nach eigenen Angaben absolut sicher, dass Russland mit Hilfe von erfundenen Internet-Nachrichten („Fake News“) und Cyber-Angriffen versucht hat, den Wahlprozess zu Gunsten von Trump zu beeinflussen. Es gebe Indizien, dass Trump-Leute und Moskau-Getreue die Aktionen koordiniert haben, sagten Geheimdienstler mehreren US-Zeitungen.

    Andere Ex-Trump-Berater wollen ebenfalls reden

    Flynns überraschende Aussage-Bereitschaft fällt zeitlich zusammen mit ähnlichen Angeboten von ehemaligen Trump-Beratern wie Paul Manafort, Roger Stone und Carter Page. Allesamt Leute, die ebenfalls dubiose Beziehungen zu Moskau unterhielten. Manafort, bis Sommer 2016 Trumps Wahlkampf-Manager, arbeitete für den Putin-nahen Oligarchen Oleg Deripaska und den ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.

    Er soll dafür zweistellige Millionensummen erhalten haben. Stone hatte Kontakt mit dem Hacker Guccifer 2.0, der sich rühmt, in die Computersysteme der demokratischen Parteiführung in Washington eingedrungen zu sein. Page traf sich mit Igor Sechin, Gefolgsmann Putins und Chef des staatlichen Öl-Riesen Rosneft.

    Ob und wann die Geheimdienst-Ausschüsse des Parlaments von Flynns Offerte Gebrauch machen werden, ist unklar. „Zunächst muss man wohl wissen, was der Ex-General zu bieten hat“, sagte ein Strafverteidiger in Washington dieser Zeitung, „Immunität wird in der Regel nur gewährt, wenn der Auskunftgeber einen anderen Übeltäter ans Messer liefert.“

    Der andere Skandal: Trump wirft Obama Bespitzelung vor

    Die Gremien im Kongress kämpfen seit Tagen aber auf einem bizarren Nebenkriegsschauplatz. Devin Nunes, Vorsitzender des Geheimdienst-Komitees im Abgeordnetenhaus, hatte vor wenigen Tagen öffentlich erklärt, es gebe Hinweise darauf, dass die Obama-Regierung Trump im vergangenen Jahr geheimdienstlich überwachen ließ.

    Auslöser war eine Twitter-Nachricht von Trump persönlich. Er hatte – einmal mehr ohne jeden Beleg – behauptet, sein New Yorker Hochhaus sei 2016 auf Anweisung von Obama belauscht worden. Das FBI und der Geheimdienst NSA haben die Anschuldigungen als substanzlos zurückgewiesen.

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    Abhörvorwürfe nur neues Ablenkungsmanöver?

    Als Nunes nach der Quelle seiner Erkenntnisse gefragt wurde, kam der gelernte Viehzüchter aus Kalifornien ins Schwimmen und verhedderte sich in Widersprüche. Inzwischen ist nach nicht dementierten Berichten der „New York Times“ klar, dass zwei Mitarbeiter von Trump, darunter ein Flynn-Vertrauter, Nunes auf dem Gelände des Weißen Hauses mit dubiosem Material gespickt hatten, damit der Trumps Vorwürfe bestätigt.

    Aus Sicht der Demokraten eine Frechheit – und ein Ablenkungsmanöver. Die von Putin autorisierten Hacker-Attacken, so Obmann Adam Schiff, sollen offensichtlich in den Hintergrund gedrängt werden.

    Flynn wurde aus russischen Quellen bezahlt

    Mit einer Vernehmung von Flynn wäre dieser Versuch gescheitert. Der 58-Jährige hat seinen Ruf nach über 30-jähriger Karriere in höchsten Militär-Ämtern aus Sicht von Experten in Washingtoner Sicherheitskreisen ruiniert. Nach seiner Entlassung als Trumps Top-Berater in Fragen von Krieg und Frieden kam heraus, dass sich Flynn von russischen Stellen, darunter war auch der Propaganda-TV-Kanal RT, hatte bezahlen lassen. Kein Einzelfall.

    Für seine gescheiterten Bemühungen, die Auslieferung des in Pennsylvania im Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen an die Türkei zu beschleunigen, bekam Flynn von der Erdogan-Regierung über 500.000 Dollar. „Michael Flynn hat nicht mehr viel zu verlieren“, sagten gestern Kommentatoren des Senders CNN. Hellhörig hat sie eine Formulierung des Anwalts Robert Kelner gemacht. „General Flynn hat in der Tat eine Geschichte zu erzählen, und er will sie sehr gerne erzählen – wenn die Umstände es zulassen.“