Obwohl die Zahl der Hartz-IV-Empfänger sinkt, bleibt das Wohlstandsgefälle groß

Hamburg. Der stabile Aufschwung in der Wirtschaft kommt langsam auch in ärmeren Stadtteilen Hamburgs an. Von November 2008 bis November 2011 ist die Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger um fast sieben Prozent auf 131 412 gesunken. "Die gute Stimmung am Hamburger Arbeitsmarkt und die beständige Arbeitskräftenachfrage in der Hansestadt wirken sich auch in den Jobcentern aus", sagte Sönke Fock, Chef der Hamburger Arbeitsagentur, dem Abendblatt.

Noch deutlicher formuliert es Professor Thomas Straubhaar. "Die Arbeitsmarktsituation hat sich dramatisch positiv verändert. Davon profitieren natürlich auch die Hartz-IV-Empfänger, die an sich ja erwerbsfähig sind", sagte der Direktor des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts dem Abendblatt. Er geht sogar einen Schritt weiter: "Wenn es gelingt, die richtigen Weichen in den Gruppen Langzeitarbeitslose, Geringqualifizierte, Alleinerziehende und Menschen in fortgeschrittenem Alter zu stellen, ist in Hamburg früher als in allen anderen Bundesländern Vollbeschäftigung möglich."

Dennoch - die Kluft zwischen Reich und Arm ist in Hamburg nach wie vor enorm. Das zeigt der große Hartz-IV-Vergleich aller 104 Hamburger Stadtteile, den das Statistikamt Nord vorgelegt hat. Den niedrigsten Anteil an Hartz-IV-Empfängern haben danach Nienstedten (0,8 Prozent) und die Stadtteile Othmarschen (0,9 Prozent), Groß Flottbek, Blankenese und Lemsahl-Mellingstedt (je 1,1 Prozent).

Dramatisch dagegen ist die Lage auf der Veddel. Hier erhalten 28,6 der 4847 Einwohner Leistungen aus Hartz IV, 452 von ihnen sind sogar jünger als 15 Jahre. Auch Wilhelmsburg (25,5 Prozent), Kleiner Grasbrook und Steinwerder (24,6), Rothenburgsort (22,9) sowie Jenfeld (22,6) und Steilshoop (22,5) gehören zu den Armuts-Hochburgen. 2011 musste in elf Stadtteilen mehr als jeder fünfte Einwohner mit Sozialleistungen nach SGB II versorgt werden. Wird sich diese Situation ändern?

"Hamburg ist eine dynamische Stadt, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist in den vergangenen Jahren fast kontinuierlich gestiegen", sagt Oliver Kleßmann, Sprecher der Sozialbehörde. "Damit gelingt es auch immer mehr arbeitslosen Menschen, auf dem Hamburger Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen." Das betreffe auch Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung, die zusammen 65,3 Prozent der Hartz-IV-Empfänger ausmachen.

Um diese Entwicklung voranzutreiben, haben Arbeitsagentur, Jobcenter und Sozialbehörde ein gemeinsames Arbeitsmarktprogramm entwickelt. Danach werden die Arbeitgeber-Services der Arbeitsagentur und des Jobcenters bei der Vermittlung künftig eng zusammenarbeiten. Ziel ist es, mehr Arbeitsplätze für gering Qualifizierte zu schaffen und Jugendliche aus der Arbeitslosigkeit zu holen. 2329 Hamburger zwischen 15 und 25 Jahren beziehen derzeit Hartz IV. Eines der jüngsten Projekte dazu entsteht auf der Veddel. Dort sollen Jugendliche, die Probleme in der Schule hatten, eine Chance in einer Bootsbauwerkstatt erhalten.