Berlin. Ein Azubi fällt nach einem Unfall für mehr als sechs Monate aus. Damit verliert er sein Recht auf Kindergeld, so der Bundesfinanzhof.

  • Darf die Familienkasse die Zahlung des Kindergeldes einstellen?
  • Eine Mutter hatte nach einem Unfall ihres Sohnes geklagt
  • Monatelang konnte er seiner Ausbildung durch den Unfall nicht nachgehen
  • Der Bundesfinanzhof hat dazu nun eine Entscheidung getroffen

Ein junger Mann hat während seiner Ausbildung einen schweren Unfall und fällt über längere Zeit krankheitsbedingt aus. Seine Eltern verlieren damit den Anspruch auf das Kindergeld für ihren volljährigen Sohn. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München laut einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. Für eine Erkrankung, die "mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate" andauert, gilt der Kindergeldanspruch demnach nicht mehr.

So entschied der BFH im Fall einer Familie, deren Sohn eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Zweiradmechatroniker begonnen hatte. Nachdem der damals 19-Jährige im September 2018 rund vier Monate vor Abschluss der Ausbildung einen schweren Unfall hatte, war er über mehrere Wochen im Krankenhaus.

Der Mann hatte bei dem Unfall einen Schädelbasisbruch und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Danach musste er mehrere Rehamaßnahmen durchlaufen, die letzte begann erst 17 Monate nach dem Unfall.

Das war offenbar zu lang: Zunächst war die Familienkasse davon ausgegangen, dass bei einer derart langen Unterbrechung der Anspruch verfalle. Das bestätigt nun auch das Gericht. Wie es im Urteil des BFH heißt, haben die Eltern eines volljährigen Kindes nur bei einer vorübergehenden Erkrankung weiter Anspruch auf Kindergeld. Dabei hatte es in der Vorinstanz zunächst gut für die Familie ausgesehen.

Anspruch auf Kindergeld über 18 und 25 Jahren

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    Dort hatte das Finanzgericht Münster der Mutter und Klägerin zunächst Kindergeld für die ersten acht Monate nach dem Unfall des Sohnes zugesprochen. Er könne seine Ausbildung zwar aus gesundheitlichen Gründen nicht fortsetzen. Es sei aber eindeutig belegt, dass er dies so bald wie möglich tun wolle, so das Gericht in Münster.

    Der BFH hob das Urteil nun auf. Entscheidend sei nicht die Tatsache, dass das Ausbildungsverhältnis im Streitfall fortbestand, sondern die Dauer der Erkrankung. Bei einer Erkrankung über sechs Monate verfalle auch das Recht des volljährigen Kindes, wegen seiner Ausbildung für den Kindergeldanspruch berücksichtigt zu werden.

    Kindergeld: Gericht prüft Anspruch wegen körperlicher Behinderung

    Tatsächlich deckt das Urteil entsprechende Erklärungen der Familienkasse über die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Kindergeld. Kindergeld steht den Eltern bis zur Volljährigkeit ihres Kindes zu. Danach wird es bis in manchen Fällen bis zum 25. Geburtstag gezahlt – etwa, wenn sich das Kind in der Ausbildung befindet oder um einen Ausbildungsplatz bemüht.

    Wenn ein volljähriges Kind seine Ausbildung wegen Krankheit vorübergehend unterbrechen muss, erhalte die Familie "grundsätzlich" weiter Kindergeld, heißt es in einem Merkblatt der Familienkasse. Allerdings müsse das voraussichtliche Ende der Erkrankung ärztlich bescheinigt sein.

    Im Falle des jungen Auszubildenden soll nun erneut das Finanzgericht Münster zum Einsatz kommen. Es prüft, ob die Familie wegen einer durch den Unfall eingetretenen Behinderung des Sohnes trotzdem Kindergeld beziehen kann. Dies wäre der Fall, wenn der Sohn "behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten".

    Dem Infoblatt der Familienkasse zufolge könnte die Familie damit sogar gute Chancen haben: Für Kinder, die älter als 18 sind, wird das Kindergeld demnach gezahlt, wenn sie sich wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht selbst finanzieren können. Die Behinderung muss dafür vor dem 25. Lebensjahr eingetreten sein. (afp/reba)

    Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.