Kasan. Die Bilanz gegen Südkorea spricht für Deutschland. Aber was, wenn es schiefgeht? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Als die deutsche Mannschaft in Kasan ankam, war noch alles schön. Verteidiger Mats Hummels trug Sonnenbrille und Kappe, schrieb Autogramme am Flughafen. Mehr als 30 Grad in der Stadt. In Kasan geht es gegen Südkorea am Mittwoch (16 Uhr / ZDF) im letzten Vorrundenspiel um alles: um Weiterkommen oder Ausscheiden.

Kurz nach Ankunft der Mannschaft schien plötzlich die Welt unterzugehen. Gewitter, heftige Regenfälle: Das Abschlusstraining beider Teams im Stadion musste verlegt werden. Ein schlechtes Omen? Die wichtigsten Fragen zum Spiel.

Was hängt für Joachim Löw an diesem Südkorea-Spiel?

Wahnsinnig viel. Der 58-Jährige liebt seinen Job und scheint eigentlich der perfekte Bundestrainer zu sein. Seit 2006 ist er im Amt, vor der WM wurde sein Vertrag bis 2022 verlängert. Eigentlich darf er sich als Weltmeister-Trainer alles erlauben – nur eben kein Ausscheiden in der Vorrunde. Das gab‘s für Deutschland noch nie und würde ihn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Job kosten.

Wie erreicht Deutschland das WM-Achtelfinale?

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    Was wird nach der WM aus den Führungsspielern?

    „Vielleicht beschäftigen sich einige Spieler mit dem Gedanken, dass dies ihre letzte WM ist“, sagte Joachim Löw schon vor dem Start des Turniers. Kein abwegiger Gedanke, sind doch Manuel Neuer (32), Sami Khedira (31), Mesut Özil (29), Toni Kroos (28), Thomas Müller (28) und Mats Hummels (29) in einem Alter, in dem man heutzutage über ein Ende der Nationalelf-Karriere nachdenken könnte. Allerdings, so Löw: „Die Spieler wollen auch sehen, wie so ein Turnier läuft.“ Abtritt nach einem Vorrunden-Aus? Das will vermutlich keiner.

    Wie geht es im Achtelfinale grundsätzlich weiter?

    Deutschland behält in jedem Fall sein Quartier in Moskau. Es war gebucht worden, um als Gruppenerster durch die K.o.-Phase zu gelangen. Halbfinale und Finale finden in Moskau direkt vor der Tür statt. Das Achtelfinale wäre dann in St. Petersburg, das Viertelfinale in Samara.

    Dieser Plan könnte noch immer aufgehen. Wahrscheinlicher aber ist, dass Löws Team Gruppenzweiter wird (siehe Sport 3). Dann ginge es über die Spielorte Samara (Achtelfinale), Kasan (Viertelfinale) und St. Petersburg (Halbfinale) zurück nach Moskau. Mögliche Gegner im Achtelfinale nach aktuellem Stand: Brasilien, Schweiz oder Serbien.

    Was passiert am Tag nach dem möglichen Ausscheiden?

    Die Mannschaft reist so oder so in der Nacht nach dem Südkorea-Spiel zurück nach Watutinki vor den Toren Moskaus. Dann hieße es: Tränen trocknen, Taschen packen.

    Hummels ist laut DFB wieder einsatzbereit

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      Eine Standy-By-Crew inklusive Flieger hält sich in Frankfurt bereit, um die Mannschaft am Donnerstag um 12 Uhr abzuholen und in die Heimat zu bringen. Das Hotel Watutinki ist vom DFB durchgebucht bis zum Tag nach dem Finale. Ab Erreichen des Halbfinals wären die Kosten mehr als gedeckt gewesen. Gängige Praxis im Falle des Vorrunden-Aus: nicht benötigte Hotel-Kapazitäten an Verbände zu verkaufen, die später noch nach Moskau kommen. Dort werden ein Halbfinale und das Finale ausgetragen.

      Wie ist die WM-Bilanz gegen Südkorea?

      Zwei Spiele, zwei Siege, 4:2 Tore. Nämlich das 1:0 im WM-Halbfinale 2002 und das 3:2 in der WM-Vorrunde 1994. Der müde Sieg am letzten Spieltag verärgerte deutsche Fans in Dallas, Stefan Effenberg zeigte seinem berühmten Stinkefinger. Obwohl die Bilanz eindeutig ist, mahnt Stürmer Mario Gomez zur Vorsicht: „Südkorea hat gezeigt, dass sie gefährlich sind, wahnsinnig gut kontern können und schnell umschalten.“ Nicht ins Gewicht fällt die einzige Niederlage (1:3) im Dezember 2004. Damals erlebte Deutschland den Tiefpunkt des Rumpelfußballs.

      Wie schwer wiegt der Ausfall des gesperrten Boateng?

      Er darf keine Rolle spielen. Mats Hummels kehrt nach Halswirbelverletzung zurück in die Startformation. Niklas Süle könnte Boateng in der Innenverteidigung ebenso gut ersetzen wie Antonio Rüdiger. Denn: Sie dürften aufgrund der defensiven Spielweise der Südkoreaner selten gefordert sein. Da hätte Rüdiger Vorteile: Er trägt mehr zum Spielaufbau bei als Süle. „Wir sollten mit unserem eigenen Spiel Klarheit schaffen“, kündigte Löw an. Sicher ist: Sebastian Rudy fällt aus.

      Täte Gomez im Sturm dem deutschen Spiel gut?

      Gegen die kantigen Schweden sollte es das flinke Bodenpersonal um Marco Reus, Julian Draxler und Timo Werner richten. Dieser Logik folgend müsste die Lösung für die körperlich nicht beeindruckenden Südkoreaner ein Stürmer von klassischer Prägung sein: Mario Gomez. Klingt nach einem Plan. „Ich bin seit elf Jahren dabei“, sagte Gomez. „Der Bundestrainer hat immer die richtige Aufstellung gefunden. Ich vertraue ihm voll.“

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        Was sagt Bundestrainer Löw vor dem Gruppenfinale?

        Er denkt über die Rückkehr von Mesut Özil und Sami Khedira in die Start-Elf nach, die beim 2:1 gegen Schweden pausierten. „Mesut hat eine sehr gute Reaktion gezeigt im Training. Wie auch Sami. Daher sind sie natürlich eine Option“, erklärte Löw. Er habe bei allen Spielern „den absoluten Willen erkannt, gewinnen zu wollen“. Auch beim formschwachen Thomas Müller. Löw: „Er ist ein sehr aufnahmefähiger Spieler, der sehr selbstkritisch mit seiner Leistung umgeht. Wer Thomas kennt, weiß, dass er nach einem oder zwei schlechten Spielen positiv nach vorne schaut.“

        Was macht Hoffnung?

        Die Vergangenheit. Bei jedem Turnier in der Ära Löw (außer der EM 2012) ging es im letzten Spiel um alles. Jedes Mal gewann die Mannschaft – mit 1:0. Und jedes Mal zog sie danach mindestens ins Halbfinale ein. Bei der EM 2008 erzielte Michael Ballack den entscheidenden Treffer gegen Österreich, Mesut Özil bei der WM 2010 gegen Ghana, Thomas Müller bei der WM 2014 gegen die USA, Mario Gomez bei der EM 2016 gegen Nordirland.

        Deutsche Fans in Kasan optimistisch

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          Was macht Sorge?

          Die defensive Stabilität. Gegen Südkorea sieht die Abwehr zum dritten Mal anders aus. Der letzte Sieg ohne Gegentreffer wurde im September 2017 gegen Norwegen (6:0) erzielt. Das Spiel wirkte seither nicht ausbalanciert und ermöglichte Gegnern deutlich mehr Chancen als gewünscht. Zur Not: einfach zwei Tore mehr schießen als Gegner. Das reicht dann sicher fürs Achtelfinale.