Bischofshofen. Die DSV-Adler warten bei der Vierschanzentournee auf den ersten Gesamttriumph seit 18 Jahren. Stefan Horngacher bleibt positiv.

Als die letzten Feuerwerksraketen am Bischofshofener Himmel explodiert waren und beim Skisprung-Wanderzirkus mit den Aufräumarbeiten begonnen werden konnte, wurde Stefan Horngacher natürlich nach seinem Anteil am Gesamtsieg Dawid Kubackis gefragt. Schließlich hatte Horngacher dem 29 Jahre alten Polen im März des vergangenen Jahres ja auch zu WM-Gold von der Normalschanze verholfen. Was er nun also zum vermeintlich wichtigsten Titel in dieser Wintersport-Disziplin beigesteuert habe? Horngacher lächelte dezent. „Das weiß ich nicht“, antwortete der 50 Jahre alte Tiroler, „es gibt ja jetzt einen anderen Trainer in Polen. Aber ich gratuliere Dawid, er war der Beste der vergangenen Tage.“

Bis besagtem März hat Horngacher noch die Polen um Kamil Stoch und eben jenem Kubacki zu Höchstweiten gebracht. Nach der letzten Station des Flugfestivals musste er erstmals als Bundestrainer Bilanz ziehen. Das fiel ihm angesichts des dritten Gesamtplatzes von Karl Geiger hinter Kubacki und dem Norweger Marius Lindvik leicht: „Speziell mit Karl bin ich sehr zufrieden. Dennoch: Die Stabilität ist noch nicht da. Wenn die Leute unter Stress geraten, kommen noch Fehler heraus“, sagte Horngacher. „Aber man hat gesehen, dass jeder Springer Top-Ten-Level hat – diese Qualität ist das Positive.“

Ein Fehler von Geiger vermasselte den Vierschanzentournee-Triumph

Es wäre vermutlich zu viel verlangt gewesen, von Horngacher jenen Triumph zu erwarten, den zuvor der erfolgsverwöhnte Werner Schuster mit den DSV-Adlern elf Jahre lang verpasst hat: endlich mal wieder den Goldenen Adler nach Deutschland zu holen. Im letzten Jahr hat der Innsbrucker Föhn Markus Eisenbichler im Duell mit Ryoyu Kobayashi den Wind aus den Segeln genommen – diesmal sorgten am Bergisel eine Windflaute und Geigers einziger Fehler während der acht Wertungssprünge für ein weiteres Warten auf den ersten DSV-Sieger seit Sven Hannawald 2002.

Auch interessant

„Es war auf jeden Fall die schönste Tournee, so gut war ich noch nie“, erklärte der 26 Jahre alte Oberstdorfer Geiger, für den es am Donnerstag schon wieder zum Weltcup nach Predazzo geht. „Innsbruck ist ein bisschen schade, aber jetzt ist alles schick.“

Mit Geiger auf dem Podest und dem Willinger Stephan Leyhe auf Platz zehn sind Horngachers Vorstellungen weitestgehend erfüllt worden. Geiger ist im Gesamtweltcup als Zweiter gut im Rennen, Leyhe und Markus Eisenbichler (diesmal nur Tournee-15.) gelten als aussichtsreiche Kandidaten für die Skiflug-WM in Planica (19. bis 22. März), der erst 20 Jahre alte Constantin Schmid macht konstant Fortschritte, und im nächsten Winter greift der am Kreuzband verletzte Vorspringer Andreas Wellinger wieder an.

„Dawid hat auch drei, vier Jahre gebraucht, um das jetzt zu erreichen“, so Horngacher, „wir sind jetzt in einem Prozess und können auch in ein, zwei Jahren ganz vorne mitspringen.“

Das ist die Entwicklung, die man auch von Seiten des Verbands erwartet. „Es war die erste richtig große Bewährungsprobe für das neu zusammengestellte Trainerteam“, sagte DSV-Teammanager Horst Hüttel. „Wie die Mannschaft agiert hat, lässt mich für die Zukunft hoffen: Fünf Springer unter den Top 20 hat keine andere Nation.“

Alle vier Tournee-Austragungsorte wollen Gleichberechtigung

Um das Männer-Team muss sich der 51-Jährige in den nächsten Wochen nicht so sehr kümmern wie um die DSV-Springerinnen – allerdings aus einem erfreulichen Grund. Alle vier Tournee-Austragungsorte wollen sich für die Gleichberechtigung einsetzen und in spätestens zwei, drei Jahren die Frauen mit in die Sprungserie integrieren.

Am 15. April wird über die Zukunft der Tournee debattiert, Logistik und Startzeiten zum Beispiel in Innsbruck, wo es kein Flutlicht gibt, bereiten den Organisatoren aber noch Kopfschmerzen. Und Hüttel stellt sich auf schwierige Verhandlungen mit den Fernseh-Rechtehaltern ein: „Die Kosten müssen refinanziert werden, das Premiumprodukt Männer-Tournee darf nicht beschädigt werden.“