Mexiko-City. Mercedes-Pilot Lewis Hamilton ist zum fünften Mal Formel-1-Weltmeister. Er zog mit Fangio gleich und jagt nun Michael Schumacher.

Lewis Hamilton ist stolz darauf, ein Kind der Arbeiterklasse zu sein. Was dem Stolz darauf, nun absolute Weltklasse im Motorsport zu sein, keinen Abbruch tut. Zum zweiten Mal in Folge hat er beim Großen Preis von Mexiko im Autodromo Hermanos Rodriguez vorzeitig die Weltmeisterschaft für sich entschieden, mit dem zweiten Matchball den fünften Fahrertitel in der Formel 1 geholt - der vierte Platz genügte ihm bei Max Verstappens Sieg. Hamilton ist der Königsklassen-Beste, auf einer Stufe mit Juan-Manuel Fangio, den er als Paten aller Rennfahrer bezeichnet.

Fünf Titel. Zuletzt immer noch eine irre Vorstellung für Hamilton, mit dem legendären Argentinier auf einer Stufe zu stehen, jetzt Realität: „Juan-Manuel Fangio war immer der Pate für uns Rennfahrer.“ Das nächste Ziel für Hamilton dürfte klar sein: Michael Schumachers sieben Titel und 91 Siege zu egalisieren, gleichzuziehen mit dem Unvergleichlichen. Hamiltons Vertrag mit Mercedes läuft noch zwei Jahre. Es scheint tatsächlich machbar, auch wenn er sagt: „Das fühlt sich sehr seltsam an.“ Noch. Denn nicht nur Formel-1-Geschäftsführer Ross Brawn glaubt, dass er das schaffen kann: „Lewis ist derjenige, der Michaels Rekorde brechen kann. Er hat alles unter Kontrolle.“

Lewis Hamilton - vom Egoisten zum Teamplayer

Die Erklärung, warum Lewis Hamilton in diesem Jahr bereits Epochales erreicht hat, liefert er selbst: „Wenn man an Muhammad Ali, an Mike Tyson denkt, die kamen von der Straße. Sie kamen aus einfachsten Verhältnissen, mussten alles geben, sich durchschlagen, Schmerzen erleiden. Diesen rohen, natürlichen Hunger kannst du nicht schlagen.“ Genau jener Appetit ist es, den der Brite mit seinem Silberpfeil stillt. Der neuerliche Triumph ist die logische Folge einer ungeheuren Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte der Saison, Phänomenales, das er zuverlässig wiederholt in seiner Karriere.

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„Lewis ist sowohl auf der Strecke als auch abseits davon ein kompletterer Fahrer denn je zuvor. Er zeigt im Auto überlegene Leistungen und fordert gleichzeitig das gesamte Team, um das Niveau noch weiter anzuheben“, analysiert sein Verbündeter, Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Der Wandel vom Egoisten zum engagierten Mannschaftsspieler, das ist die Rolle, die er in dieser Saison nicht bloß spielt – sondern angenommen hat. Der Königsklassen-Beste.

Selbstkritik inbegriffen. Der Vorgesetzte Wolff berichtet aus den Briefings mit den Ingenieuren, dass der 33-Jährige zu den ganz wenigen Rennfahrern zähle, die selbstkritisch und souverän genug seien, zuerst auf die eigenen Defizite zu blicken und dann nach den Daten zu gucken. Das erstaunt selbst einen erfahrenen Motorsportmanager immer wieder aufs Neue. Wolff: „Ich erlebe diese ständige Suche nach Perfektion bei ihm jedes Jahr. Das ist meiner Meinung nach einer der Gründe, warum er ein so kompletter Pilot ist.“

Hamilton und Mercedes betreiben mehr als eine Zweckehe. Im Zeugnis für 2018 ist für den Chauffeur notiert: „Lewis hat sich bei der Entwicklung des Autos und innerhalb des Teams zu seiner sehr soliden und verlässlichen Säule entwickelt.“ Er ist zum echten Mannschaftskapitän geworden, jene Rolle, die Gegenspieler Vettel bei Ferrari verweigert wird.

Mercedes will die Ära Ferrari/Schumacher egalisieren

Hamilton kann sich selbst dazu gratulieren, Ende 2012 von McLaren zu Mercedes gezogen zu sein, gegen den erklärten Willen der britischen Medien. Heute kann er über die Widerstände nur schmunzeln, für ihn war die Abnabelung damals klar: Sechs McLaren-Jahre brachten ihm einen Titel, sechs Mercedes-Jahre deren vier. Fünf Championate in Serie verhinderte nur einer der seltenen Motorschäden an seinem Auto, davon profitierte 2016 sein langjähriger Gegenspieler Nico Rosberg. Gemeinsam macht sich die Silberpfeil-Fraktion nun auf den Weg, die Ära von Ferrari und Michael Schumacher zu egalisieren.

Hamiltons Motivationstrick: „Ich habe nie das Gefühl, etwas zu verteidigen. Das wäre für mich ein viel zu negativer Ansatz.“ Er denkt einfach immer nur voraus, so auch jetzt: „Ich glaube fest daran, dass ich das Beste noch vor mir habe.“