New York. Florian Mayer beendet seine Tennis-Karriere. Auf den letzten Metern ist er nur wenig emotional: „Ich bin froh, dass es vorbei ist.“

Viel Sentimentalität leistete er sich nicht im Moment des endgültigen Abschieds. Es flossen keine Tränen, es gab keine übermäßige Gerührtheit, keine große Szene überhaupt: Florian Mayer packte einfach um 17.45 Uhr an diesem Montagnachmittag in New York seine Sachen zusammen, schrieb noch einige Autogramme, marschierte dann runter von Court Sieben des Billie Jean King-Tenniscenters in Flushing Meadows. Und das war´s dann halt, eine 17 Jahre währende Tenniskarriere war mit der 264. Niederlage im 504. Spiel vorbei (2:6, 2:6, 7:5, 4:6 gegen den Kroaten Borna Coric), ein letzter Auftritt auf einer der großen Bühnen dieses Sports. Ohne Happy-End zwar, aber das hatte Veteran Mayer, der Realist und Pragmatiker, auch nicht erwartet, allenfalls erhofft: „Ich kann einfach nicht mehr mit den Jüngeren mithalten. Und so macht es eben auch keinen Spaß mehr. Aber ich bin stolz auf das, was ich geschafft habe.“

Mayers innerer Abschied hatte schon stattgefunden

Mayers innerer Abschied vom Tennis hatte lange vor dem tatsächlichen Abschied stattgefunden. Es war auch ein Stück Entfremdung vom modernen Tennis dabei, eine nicht besonders angenehme Sicht auf die Veränderungen in der Branche: „Der Egoismus ist immer größer geworden. Viele schauen nur noch auf ihre Selbstdarstellung bei Instagram. Es war der richtige Moment, um aufzuhören.“ Mayer war auch des ständigen Kofferpackens überdrüssig geworden, der Tennis-Hundejahre mit ihren 30 Wochen des Herumgondelns durch die Zeitzonen und über die Kontinente, irgendwann habe er die Fahrten zum nächsten Turnier, das Leben zwischen Flughafen, Hotel und Hotelanlage, „regelrecht verflucht“: „Plötzlich fehlt dir einfach die Energie dafür.“

Er habe „keine Rechnungen offen“, sagte Mayer an seinem letzten Abend als Berufsspieler, in einem tristen, schmucklosen Interviewraum in den Katakomben der Arthur Ashe-Arena, „ich habe viel mehr errreicht, als ich je zu träumen gewagt habe.“ In seinen Glanzzeiten war der Stilist unter vielen Handwerkern ein gefürchteter Gegner, speziell wegen seiner eigenwilligen Technik und Schlägen, die in keinem Lehrbuch standen. Zweimal rückte er in seiner Paraderolle als unkonventioneller Außenseiter bis ins Wimbledon-Viertelfinale durch, schlug dabei hochgehandelte Kollegen wie Andy Roddick aus dem Feld. Seinen größten Moment erlebte er, als er selbst nicht mehr daran geglaubt hatte – bei den Gerry Weber Open 2016, als er nach ewigen Verletzungspausen und einem mühsamen Comeback auf einmal zum Titel-Helden avancierte. Finalsieger war er ausgerechnet gegen den Mann der Zukunft im deutschen Tennis, gegen Alexander Zverev.

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Erleichterung. Das sei das überwältigende Gefühl, das er jetzt spüre, sagte Mayer. Erleichterung, „dass es vorbei ist.“ Der Wettbewerbsdruck, der Streß der Duelle, die einsame Plackerei in Krafträumen und auf Trainingscourts, die Qualen stets in der Saisonvorbereitung. Er war mal die Nummer 18 der Welt, aber auf der Zielgeraden seines Tennis-Lebens musste er mit Niederlagen reichlich fertig werden, oft genug gleich zum Start der Wettbewerbe. „Lustig war das nicht mehr, aber ich musste es eben durchziehen“, sagt Mayer. Die letzte Tour über die vertrauten Schauplätze, mit der Endstation New York.

Mayer erholt sich auf Fuerteventura und in Südtirol

Tennis war auch ein großer Lehrmeister fürs Leben. „Ohne Disziplin geht nichts in diesem Job. Wenn du nicht 100 Prozent bei der Sache bist, hast du schon verloren“, sagt Mayer. Er war es am Ende nicht mehr, und deswegen hörte er auch auf. Ein Abschied für immer vom Tennis war es nicht: „Ich kann mir schon vorstellen als Trainer zu arbeiten.“ Aber jetzt will Mayer erst mal ganz privat und ohne Zwang reisen, nach Fuerteventura und nach Südtirol. Er ist dann mal weg.