Glasgow. Lagenschwimmer Philip Heintz haderte nach dem 200-Meter-Finale bei der EM nur kurz über Platz zwei. Franziska Hentke ärgerte sich.

Philip Heintz hatte es eilig. Der Lagenschwimmer aus Heidelberg musste rasch zur Siegerehrung, für eine erste Blitzanalyse des Finals über 200 Meter reichte die Zeit aber. Und weil der 27-Jährige immer weit in die Zukunft blickt, formulierte er die entscheidende Botschaft seiner Silbermedaille gleich im ersten Satz. „Im Hinblick auf Tokio ist es super, dass ich hier Zweiter und nicht Erster geworden bin“, betonte Heintz – auch wenn er erkennbar daran zu knabbern hatte, 79 Hundertstelsekunden langsamer gewesen zu sein als der dreieinhalb Jahre jüngere Schweizer Jeremy Desplanches.

Hentke fiel als erhoffte Medaillenlieferantin aus

Während die Magdeburgerin Franziska Hentke am vierten Finalabend als die erhoffte Medaillenlieferantin ausfiel, die gemischte Lagenstaffel und die 16-jährige Isabel Gose (200 Meter Freistil) in ihren Endläufen jeweils auf Rang fünf anschlugen, und die Rückenschwimmer Christian Diener und Jan-Philip Glania über 100 Meter die Plätze sieben und acht belegten, beschaffte Heintz dem DSV immerhin die vierte Edelmetallplakette bei dieser EM. Andererseits hatte er in Glasgow mit einem Problem zu kämpfen, welches ihm zuvor fremd gewesen war.

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Plötzlich der Gejagte zu sein, und nicht mehr der Jäger – dieser Gedanke machte dem BWL-Studenten, der seit sechs Jahren mit einem Mentaltrainer zusammenarbeitet, gewaltig zu schaffen. „Für mich war das eine neue Situation. Ich habe es im Vorlauf schon gespürt, es ist einfach nicht einfach“, fand Heintz für sein anhaltendes Unwohlsein zumindest eine schöne Umschreibung. Oder um die Malaise genauer zu beschreiben: „80 Prozent macht der Kopf aus – und der hat leider nicht so ganz mitgemacht. Es war so, dass ich das Gold nach Hause bringen musste. Darauf war ich nicht richtig eingestellt.“

Offensichtlich noch mehr mit dem Erwartungsdruck zu kämpfen hatte Franziska Hentke. Im ersten Rennen des Nachmittags erlitt die 29-Jährige, als Halbfinalschnellste in die 200 Meter Schmetterling gestartet, persönlichen Schiffbruch: Beim Sieg der Ungarin Boglarka Kapas schlug die WM-Zweite von 2017 auf Rang vier an – eine undankbare Platzierung, die sie in ihrer Karriere nur allzu häufig kennen gelernt hat.

Im Vorjahr in Budapest schien sie diesen Ballast endlich über Bord geworfen zu haben, nun aber lastete die Favoritenrolle schwer auf ihr. „Die Zeit macht mich trauriger als Platz vier. Das ist einfach nicht das, was ich kann“, sagte Hentke mit einem tiefen Seufzer. „Auf den ersten hundert Metern habe ich mich eigentlich gut gefühlt, so wie gestern im Halbfinale. Aber danach fing es an, weh zu tun. Jetzt steht die Zeit und Platz vier – schwarz auf weiß“, grummelte die gebürtige Sachsen-Anhaltinerin und trottete in den Abend.

Heidtmann und Wierling im Endlauf

Auffallend beschwingt flaniert dagegen vom ersten Tag an Freistilspezialist Jacob Heidtmann durch das Tollcross International Swimming Centre. Über 200 Meter kraulte der Hamburger – 20 Minuten vor Damian Wierling von der SG Essen, der über 50 Meter Brust als Vierter in den Endlauf kam – mit der sechstschnellsten Zeit in den Endlauf am Dienstag.

„Morgen früh hab‘ ich frei und kann mich fürs Finale erholen“, gurgelte Heidtmann selig, dann betonte er: „Es macht einfach Sauspaß hier zu racen. Wenn ich mal komplett ausgeruht in ein Rennen gehen könnte, wäre es noch schneller. Für die nächsten Jahre ist das auf jeden Fall eine geile Basis.“ Um genau zu sein: für die nächsten zwei Jahre. „Olympische Spiele sind natürlich das Größte, das kann man rauf und runter leiern“, erklärte Heidtmann, der schon in Rio mit dabei war und umgehend zum Vergleich schritt: „Ich bin jetzt weiter als vor zwei Jahren – und in zwei Jahren will ich noch weiter sein.“