Unruhen seien von der “Clique“ um den Religionsführer gesteuert. Außenminister Steinmeier fordert von Peking Ende der Informationssperre.

Peking/Hamburg. China hat erstmals ein gewaltsames Vorgehen in Tibet zugegeben - und der Dalai Lama leidet im indischen Exil. Während immer mehr Truppen nach Tibet verlegt werden und Tibeter von mehr als 100 Toten und 1000 Verhafteten sprechen, sagte der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao: "Wir haben reichlich Beweise, um zu zeigen, dass die Unruhen von der Dalai-Lama-Clique vorsätzlich geplant, organisiert, gelenkt und angestiftet worden sind." Wen warf dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter "betrügerische Lügen" vor. Deshalb werde man nicht mit ihm reden.

Am Sitz der Exilregierung im indischen Dharamsala sagte der Vorsitzende der Tibet-Initiative Deutschland, Wolfgang Grader, dem Abendblatt: "Der Dalai Lama leidet. Er hätte jedes Dialog-Angebot der Chinesen angenommen. Aber das war nie ernst gemeint."

Die Präsidentin des US-Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, besuchte demonstrativ den Dalai Lama und rief alle "freiheitsliebenden Menschen" auf, ihre Stimme gegen die "chinesische Unterdrückung" zu erheben. In einem Telefongespräch mit ihrem chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi forderte US-Außenministerin Condoleezza Rice von China Zurückhaltung.

Nachdem offizielle Stellen immer bestritten hatten, dass die Sicherheitskräfte geschossen hätten, berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag erstmals, dass Polizisten "aus Notwehr" zur Waffe gegriffen und vier Tibeter verletzt hätten. Erste Angaben über vier Tote korrigierte die Staatsagentur aber sofort wieder.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte von China ein Ende der Informationssperre. "Wir wollen genau wissen, was in Tibet passiert ist", sagte er der "Bild"-Zeitung. Wer Olympische Spiele veranstalte, müsse Tausende Journalisten ins Land lassen. "Da kann dann nichts mehr unter den Teppich gekehrt werden!" Am Ostermontag soll in Griechenland die olympische Fackel entzündet werden, die auf dem Weg nach Peking auch durch Tibet getragen werden soll.