Berlin . Die Landtagswahl im Saarland am Sonntag ist ein großer Stimmungstest. Was man zum Urnengang im Schatten großer Krisen wissen muss.

  • Am Sonntag wird im Saarland ein neuer Landtag gewählt
  • Dabei steht vor allem für die CDU viel auf dem Spiel
  • Alle wichtigen Fragen beantwortet dieser Überblick

Vier Landtagswahlen stehen 2022 an. Den Auftakt machen am Sonntag die Saarländer. Ein Urnengang im Schatten der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Wer hat die besten Siegeschancen?

Schaut man auf die aktuellen Umfragen, dann fällt die Antwort darauf leicht: die SPD. Bei allen namhaften Instituten liegt sie seit Jahresbeginn vor der CDU. Der kleinste gemessene Vorsprung betrug immerhin noch fünf Prozentpunkte. Paradoxes Saarland: Es riecht nach einem Wechsel – in der Kontinuität. Die Sozialdemokratin Anke Rehlinger, bisher Wirtschaftsministerin, hat beste Chancen, Tobias Hans von der CDU als Ministerpräsident abzulösen.

Ist Rehlinger so gut oder Hans so schlecht?

Weder noch. Beide spüren in ihren eigenen Reihen viel Rückhalt – mit Zustimmungswerten von fast 90 Prozent unter ihren jeweiligen Anhängern..

Hat Hans keinen Amtsbonus?

Hans wurde erst 2018 Regierungschef. Er trat die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer an, die nach Berlin gewechselt war. Rehlinger war bei der letzten Wahl 2017 schon Spitzenkandidatin. Den Wählerinnen und Wählern ist sie mindestens so vertraut wie Hans. Da beide halbwegs vertrauensvoll zusammen regieren, war im Wahlkampf eine Beißhemmung zu beobachten. Zumal es gut sein kann, dass die Große Koalition fortgesetzt werden muss.

Welchen Einfluss hat die Bundespolitik?

Der Bundestrend spricht für Rehlinger. Auch die anderen "Ampel"-Parteien FDP und Grüne sind an der Saar im Aufwind. Sie könnten den Sprung in den Landtag schaffen. Mit der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg beherrschen zwei überregionale Themen die Schlagzeilen. Das Pandemie-Management, vor allem die umstrittene Impfpflicht, bestimmte das TV-Duell zwischen Hans und Rehlinger. Gleichzeitig verfolgen beide eine Umarmungsstrategie. Rehlinger beteuerte, sie habe von jeher eine "große Sympathie" für die Große Koalition. Hans erklärte, "wer die Groko will, muss CDU wählen". Wer will da den Urnengang noch zur Richtungswahl stilisieren?

Wie eng kann es werden?

Der Trend zugunsten der SPD ist beständig. Die kleinen Parteien liegen nahe beieinander, zwischen vier (Linke), fünf (FDP und Grüne) und sechs Prozent (AfD). Alle vier schauen in den Abgrund. Sie können an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Schwer kalkulierbar ist der Imageschaden bei der AfD, nachdem sie vom Bundesamt für Verfassungsschutz zum rechtsextremistischen "Beobachtungsfall" erklärt wurde. Bekommt die AfD am Sonntag die Quittung dafür?

Dramatisch ist der Abwärtstrend bei den Linken. Immerhin holten sie vor fünf Jahren fast 13 Prozent der Stimmen. Mitten im Wahlkampf hat ihre Galionsfigur Oskar Lafontaine die Partei verlassen. Ein Austritt. der sich wie Nachtreten anfühlte. Am Sonntag kann es auf Details ankommen, auf die Wahlbeteiligung, auf die Nachrichten aus dem Ukraine-Krieg. Es ist schwer, mit originären Landesthemen zu punkten. Aktuell sitzen vier Parteien im Landtag. Es ist nicht ausgeschlossen, dass nur zwei übrig bleiben: SPD und Union. Alles ist möglich: SPD- Alleinregierung, Große Koalition, ein Ampelbündnis.

Wie wichtig ist die Wahl in Berlin?

Das Saarland hat eine Million Einwohner. Im Regierungspräsidium Köln leben mehr Menschen. Zahlenmäßig ist die Wahl nicht relevant. Aber im Bundesrat hat das Saarland drei Stimmen. Genauso viele wie Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern mit fast doppelt so vielen Einwohnern. Als Stimmungstest kann die Wahl die Großwetterlage beeinflussen, zum Vorteil der SPD, zum Nachteil der sich im Bundestag neuformierten Unions-Opposition unter Friedrich Merz. Wie wichtig selbst eine kleine Wahl sein kann, zeigte sich im Bundestagswahljahr 2017. Damals schien die SPD auf der Siegerstraße. Dann kam der Überraschungserfolg der CDU an der Saar und leitete einen Stimmungswechsel ein. Die SPD verlor danach das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen.

In diesem Jahr stehen noch Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW im Mai sowie im Oktober in Niedersachsen an. NRW und Schleswig-Holstein werden von zwei jungen CDU-Ministerpräsidenten regiert. In NRW ist Hendrik Wüst erst seit Ende Oktober 2021 im Amt. Er hatte wenig Zeit, sich zu etablieren und Popularität wie ein Imprägnierschutz gegen den Bundestrend aufzutragen. Für die Christdemokraten könnte die Saarland-Wahl zum bösen Omen werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de