Berlin/Essen. Geld oder Maske? Ein Hartz-IV-Empfänger wollte vor Gericht einen Mehranspruch auf FFP-2-Masken erstreiten. Die Richter: OP-Maske genügt

Viele Corona-Auflagen laufen aus. Maske tragen bleibt allerdings ein Gebot des Infektionsschutzes. FFP2 gilt als der effektivste Mund- und Nasenschutz. Sie ist aber auch teurer als eine einfache OP-Maske.

Wer sich FFP2-Masken nicht leisten kann oder will – genauer: Hartz-IV-Empfänger – kann nicht auf den Sozialstaat setzen. Das nordrhein-westfälische Landessozialgericht entschied am Dienstag, dass sie keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf an FFP2-Schutzmasken haben. Womöglich ein bundesweit richtungsweisendes Urteil.

Maske: Einfachste Version genügt

Das Landesrecht habe nur für einen Zeitraum von zwei Monaten vorgeschrieben, eine FFP2-Maske im öffentlichen Nah- und Fernverkehr zu tragen. Ansonsten sei auch eine OP-Maske ausreichend gewesen.

Die Gefahr durch die Corona-Pandemie betreffe keinen Einzelfall, sondern „ausnahmslos sämtliche Personen bundesweit“, begründete das Essener Gericht seine Entscheidung. Dass der Kläger wegen gesundheitlicher Einschränkungen unbedingt auf FFP2-Masken angewiesen sei, habe sich nicht feststellen lassen.

20 Masken pro Woche oder Geld

Der Kläger hatte beim Jobcenter in Aachen 20 FFP2-Masken pro Woche angemahnt, alternativ: 129 Euro im Monat. Das örtliche Sozialgericht wies die Klage ab – der Mann ging in Berufung – und wurde von der nächsthöheren Instanz bestätigt.

Ihm stehe weder ein Anspruch auf Masken noch auf höhere Grundsicherungsleistungen zu. Für die Bereitstellung der Masken als Sachleistung fehle schon eine Rechtsgrundlage.

Hartz IV: 16,60 Euro für Gesichtspflege

Auch sei es dem Kläger zumutbar, die Ausgaben für medizinische Masken von dem im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Gesundheitspflege zu decken. Sie liegen bei 16,60 Euro im Monat.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands kritisierte die Entscheidung des Gerichts. „Ganz unabhängig von dem einzelnen Fall brauchen auch arme Menschen genügend FFP2-Masken, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“, sagte Schneider dieser Redaktion.

Angesichts der inzwischen schon zwei Jahre andauernden Pandemie gehörten medizinische Masken genauso wie beispielsweise Infektionsschutzmittel offenkundig zum notwendigen Bedarf. „Im Regelsatz sind solche pandemiebedingten Mehrkosten bisher aber nicht abgebildet, vielmehr waren die Leistungen in der Grundsicherung schon vor der Pandemie viel zu knapp kalkuliert.“

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Hartz IV – Infos und Fakten zum Arbeitslosengeld II

  • Bedeutung: Hartz IV ist die finanzielle Unterstützung für "arbeitsfähige Arbeitssuchende" in Deutschland.
  • Einführung: Hartz IV wurde 2005 unter der grün-roten Bundesregierung von Gerhard Schröder eingeführt.
  • Empfängerinnen und Empfänger: Rund 3,6 Millionen Menschen haben laut der Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2021 Hartz IV erhalten.
  • Sanktionen: Wenn Hartz-IV-Empfänger ihren Pflichten nicht nachkommen, können Leistungen gekürzt werden.
  • Träger: Für die Auszahlung von Hartz IV sind die Jobcenter zuständig.
  • Kritik: Kritikerinnen und Kritiker bemängeln vor allem, dass Hartz IV nicht für einen angemessenen Lebensstandard reiche – viele Empfängerinnen und Empfänger sind von Armut bedroht.

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(san/bef/AFP)

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.