Berlin. Eine „Operation 30 Millionen“ könnte das Chaos-Jahr glimpflich enden lassen. Wie die Regierung die nächsten Wochen vorgehen sollte.

Allein am Mittwoch über 400 Corona-Tote, in den schlimmsten Regionen Inzidenzen bei fast 2000 und über 60.000 Neuinfektionen. Die Lage im dritten Corona-Winter ist dramatisch, und jeder weiß: Jetzt muss gehandelt werden! Die Konferenz der Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten und ihrem Nachfolger muss klare Maßnahmen beschließen, die die Bevölkerung besser vor einer Infektion mit dem potenziell tödlichen Virus schützen. Es darf keine weitere Lamentierrunde geben, wo jeder Wünsche oder Forderungen formuliert und am Ende nichts beschlossen ist.

Der vernünftige Teil der Bevölkerung spürt längst, dass etwas geschehen muss. Und es geht auch nicht die Welt unter, wenn beispielsweise Fußballfans ihre Partien drei Wochen am TV-Bildschirm und nicht im Stadion sehen oder nur noch Geimpfte ins Möbelhaus dürfen. Vor dem totalen Lockdown und einer allgemeinen Impfpflicht sollten alle Instrumente genutzt werden, die Wirkung zeigen. Dazu gehört natürlich an erster Stelle das Impfen.

Angela Merkel möchte 30 Millionen Impfungen bis Ende 2021

Die Kanzlerin wünscht sich 30 Millionen Impfungen bis Jahresende. Was für ein verwegener Plan – aber Angela Merkel hat recht. Nur mit einer möglichst hohen Impfquote ist das Virus zu besiegen, ohne dass wichtige Grundrechte genommen werden.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion
Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion © Dirk Bruniecki

Dieses ehrgeizige Ziel setzt allerdings eine perfekte Organisation voraus, die diesmal weder durch Rechthaber noch durch ein Machtvakuum oder schlechtes Management verbockt werden darf. Der Krisenstab der scheidenden und der neuen Regierung muss diesem Impfziel alles unterordnen und Zugriff bekommen auf alles, was Beine hat und impfen kann. Niemand wird sterben, wenn im Notfall auch ein Tierarzt oder ein Apotheker die Spritze setzt.

Zuallererst sollten natürlich die Hausärzte mit empathischer Kommunikation zurückgewonnen werden. Sie wären das Rückgrat dieser historisch beispiellosen Massenimpfung und sind zu Recht wütend auf das Politikversagen.

Corona-Impftermine müssen besser organisiert werden

Etliche von ihnen haben das Impfen entnervt aufgegeben, weil ihre Patienten – aufgeschreckt durch chaotische Corona-Kommunikation – Impftermine immer wieder durcheinandergewirbelt haben. Die Ärzte sind erbost über die schlechte Behandlung durch die Politik und auch darüber, dass das Boostern ohne staatliche Regeln abläuft und faktisch ein Recht des Stärkeren gilt.

Niemand versteht, warum vulnerable Senioren in der Kälte Schlange stehen müssen, während viel Jüngere längst mit ihrem Booster-Shot auf Facebook angeben können. Die Zuteilung nach Priorisierung ist nicht schön, rettet aber viele Senioren.

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Impfstoff ist übrigens „ausreichend vorhanden“, zig Millionen Dosen können sogar an andere Nationen abgetreten werden. So steht es auf der Homepage des Bundesgesundheitsministers, Stand 1. Dezember 2021. Also sind alle Berichte über Impfstoffknappheit nur mit schlechter Logistik zu erklären. Das muss sich schnellstens ändern.

„Operation 30 Millionen“ könnte viele Menschenleben retten

Wenn die Post es schafft, am 23. Dezember alle Weihnachtspakete auszuliefern, sollten Bund und Länder in der Lage sein, den rettenden Impfstoff bereitzustellen. Und wenn vielleicht jemand Moderna statt Biontech bekommen soll, wäre es ein Akt der Solidarität, zu sagen: „Rein damit.“ Vielleicht fühlen sich wählerische Impflinge ja besser, wenn sie dabei kurz an die Milliarden Menschen auf der Welt denken, die noch keine einzige Spritze gesehen haben.

Eine gelungene „Operation 30 Millionen“ könnte viele Menschenleben retten und würde die meisten Deutschen doch noch versöhnlich auf ein Pandemiejahr zurückblicken lassen, auf das niemand in der Politik stolz sein darf.