Berlin. Die Corona-Pandemie hat Hungersnöte weltweit verschlimmert. Eine Initiative will mit Mahlzeiten in der Schule dagegen ankämpfen.

  • Weltweit leiden seit Beginn der Corona-Pandemie viele Millionen mehr Menschen an Hunger
  • Eine Koalition aus 60 Ländern will nun Abhilfe für hungernde Kinder schaffen
  • Die Lösung führt über die Schulen

Im Kampf gegen den Hunger beteiligt sich Deutschland an einer neuen globalen Koalition für Schulmahlzeiten. Die Zahl der Menschen, die weltweit unter Hunger leiden, sei während der Pandemie um 130 Millionen gestiegen. Viele Eltern wüssten nicht, wie sie ihre Kinder ernähren sollen. Das sei ein Skandal, sagt Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) unserer Zeitung. „Wir haben das Wissen und die Technologien, alle Menschen auf der Welt satt zu machen.“ Vor allem Kinder würden unter dem Hunger leiden, so Müller: „Manche Entwicklungsrückstände werden ein Leben lang nicht aufgeholt.“

Deutschland beteiligt sich nun an einer neuen globalen Koalition des Welternährungsprogramms (WFP), die bis zum Jahr 2030 allen Kindern Schulmahlzeiten zur Verfügung stellen will. „Aktuell können 200 Millionen Kinder in 37 Ländern nicht zur Schule gehen und viele verlieren so die einzige Mahlzeit am Tag“, so der Entwicklungsminister. Die Koalition sei deshalb wichtiger denn je.

Koalition will die Folgen der Corona-Pandemie wettmachen - und mehr

"Als zweitgrößter Geber des Welternährungsprogramms unterstützt Deutschland diese Initiative und den weltweit den Kampf für Eine Welt ohne Hunger und eine nachhaltige Ernährungssicherung. Die Nahrungsmittel für die Schulen werden lokal angebaut, das schafft Einkommen für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und trägt zum Aufbau einer modernen und nachhaltigen Ernährungswirtschaft vor Ort bei", sagt der Entwicklungsminister.

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„Die Kinder, die wir mit dem Programm erreichen, erhalten Bildung und finden später gute Jobs“, so auch Carmen Burbano vom WFP. Mit dem Programm soll nun wett gemacht werden, was die Corona-Pandemie zerstört hat: Der Zugang von etwa 370 Millionen Kinder zu Schule und Schulmahlzeiten wiederhergestellt werden, den sie während der Corona-Pandemie verloren haben. Außerdem will die Koalition die Kinder erreichen, die sie bislang nicht erreichen konnten. „Das sind 73 Millionen Kinder in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die in extremer Armut leben."

Den Großteil der Finanzierung stemmen die Länder selbst

Etwa 4,7 Milliarden Dollar koste es, um diese 73 Millionen Kinder zu erreichen, die das Programm am dringendsten benötigen - "keine große Summe im Vergleich dazu, was zum Beispiel für Rüstung ausgegeben wird", so Burbano.

Das Geld stamme vorrangig aus den betroffenen Ländern selbst. Dort brauche es oft nur den politischen Willen, so Burbano. "Das ist möglich und passiert auch schon, zum Beispiel in Ländern wie, also von den selbst, Kenia, Ruanda und Senegal. Die Regierungen dort haben versprochen, die Investitionen in die Programme auszuweiten." Der Rest müsse durch Spenden finanziert werden. Das Programm sei aber eine Investition mit Rendite, denn: „Aus jedem Dollar, der in Schulmahlzeiten fließt, kommen neun Dollar zurück.“

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Neu ist das Schulmahlzeiten-Konzept nicht. Große Teile der nördlichen Erdhalbkugel hätten Programme für Schulmahlzeiten, darunter fast ganz Europa, die USA und Russland. „Neu ist die Dringlichkeit, die durch die Corona-Pandemie entstanden ist", so Burbano. "Wir sehen die größte Bildungskrise seit einem Jahrhundert." Kinder, die zu Beginn der Pandemie in der dritten Klasse gewesen seien, kämen nun als Fünftklässler zurück zur Schule - seien aber noch auf dem Level von Drittklässlern. 70 Prozent der 10-Jährigen in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen seien nicht in der Lage, einfache Sätze zu lesen.

Burbano: "Es ist eine beispiellose Krise"

„Wir laufen Gefahr, eine ganze Generation zu verlieren", sagt Burbano. Vor allem bei Mädchen sei das Risiko groß: "Wir sehen einen Anstieg an Teenager-Schwangerschaften, einige sind verheiratet worden. Diese Kinder haben ihr Potenzial verloren, weil sie ihre Bildung verloren haben. Es ist eine beispiellose Krise.“

In der Schule Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen, sei ein einfacher wie wirksamer Weg. "Schulmahlzeiten sind der größte Anreiz, den wir haben, um Kinder zurück in die Schulen zu holen“, so Burbano.

Über 60 Länder und 50 Organisationen sind an der Koalition beteiligt. Deutschland wird die Koalition vor allem mit der Etablierung eines sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerkes unterstützen. Dort können sich die Teilnehmer austauschen, ihre Erfahrungen teilen und voneinander lernen.