Washington. Trump wird 75 - ohne Oval Office, Twitter und Publikum. Abschreiben sollte man den Ex-Präsidenten aber nicht. Er hat noch Einfluss.

  • Jahrelang hielt Donald Trump die Welt mit mehr oder weniger großen Eskapaden in Atem
  • Nun feiert der Ex-Präsident seinen 75. Geburtstag
  • Was macht Trump ohne Oval Office und Twitter gerade?

Früher war alles so einfach für Donald Trump. Handy raus, ein paar Gedankenfetzen getwittert, schon war Stimmung in der globalen Bude. Schon legten Staats- und Regierungschefs die Ohren an, schlugen sich seine Anhänger feixend auf die Schenkel, während Millionen moderat gestimmte Amerikaner genervt die Augen verdrehten.

Seinen 75. Geburtstag muss der Ex-Präsident der USA am 14. Juni jedoch ohne sein Lieblingsmedium feiern. Dass Twitter ihn auf Lebenszeit blockierte und seiner 88 Millionen Follower beraubte, hat die Sichtbarkeit des Populisten nachhaltig reduziert.

Zudem entschied ein Beirat des Social-Media-Giganten Facebook, dass Trump auch dort – sowie auf Instagram – bis 2023 verbannt bleibt, weil er am 6. Januar am Kapitol in Washington nach Ansicht des Zuckerberg-Unternehmens „einen gewaltsamen Aufstand gegen eine demokratisch gewählte Regierung anzustiften“ versucht habe.

Ein Meister der ambulanten Demütigung

Der Maulkorb brachte Trump dazu, eine eigene Kommunikationsplattform online zu stellen, auf der er in Twitter-ähnlichen Posts seine Tiraden im Internet weiter verbreiten konnte. Dass es den Meister der ambulanten Demütigung in den Fingern gejuckt hatte, wurde offensichtlich. Was seine Zuarbeiter über die Internetseiten www.45office.com und "From the Desk of Donald Trump" fast täglich ausstießen, hatte an destruktiver Bissigkeit zugenommen.

Mal beschimpfte Trump den schwarzen Basketball-Star LeBron James als „Rassisten“. Mal lobhudelte er dem für Verschwörungstheorien empfänglichen TV-Sender OAN. Mal äußerte er sich schadenfreudig darüber, dass sein parteiinterner Widersacher Senator Mitt Romney in seiner Heimat Utah von der Bühne gebuht wurde. Erfolgreich war das wohlnicht. Der Trump-Blog "From the Desk of Donald Trump" wurde bereits wieder eingestellt und soll auch nicht wiederbelebt werden, wie ein Sprecher Trumps Ende Mai mitteilte.

Dazu versucht Trump regelmäßig die durch 60 Gerichtsurteile bis hin zum Supreme Court beerdigte Leiche vom „großen Wahlbetrug“ zu reanimieren. Nicht ganz ohne Erfolg: Fast ein halbes Jahr nach dem Wahlgang glauben 70 Prozent der republikanischen Wähler immer noch, der Demokrat Joe Biden habe sich ins Weiße Haus geschwindelt.

Dass Trumps schraubstockartiger Griff auf die „Grand Old Party“ nur in homöopathischen Dosen nachlässt, zeigte sich in Arizona, wo Biden klar gewonnen hat.

Mehrere Republikaner zweifeln weiterhin am Sieg von Joe Biden

Dort hatten die örtlichen Republikaner eine x-te Nachprüfung von 2,1 Millionen Wahlzetteln durchgesetzt. Trump nennt die Akteure aufrechte „Patrioten“. Schließlich habe er – Trump – in Wahrheit Arizona und andere Bundesstaaten, die Biden zugeschlagen wurden, „erdrutschartig“ gewonnen.

Ex-US-Präsident Donald Trump Anfang März mit Bodyguards vor seinem Trump-Tower in New York.
Ex-US-Präsident Donald Trump Anfang März mit Bodyguards vor seinem Trump-Tower in New York. © Reuters | CARLO ALLEGRI

Republikaner, die von dieser Linie abweichen, werden rhetorisch einen Kopf kürzer gemacht. Das Gebaren, das Trump dabei in seinem Florida-Exil Mar-a-Lago zwischen ausgiebigen Golfpartien an den Tag legt, hat etwas von einem miesepetrigen Ex-Monarchen.

Trump gewährt Audienzen. Oder versagt sie – als Strafe. Wie im Fall von Nikki Haley. Die alerte Ex-UN-Botschafterin hatte Trump nach dem von ihm inspirierten Sturm aufs Kapitol am 6. Januar öffentlich angezählt. Dafür bekam sie die Quittung – keine Termine.

Liz Cheney ist noch schlechter dran. Die Tochter von Altvizepräsident Dick Cheney plädiert konsequent dafür, dass sich ihre Partei von Trump abnabeln müsse, weil dessen „Lügen“ toxisch fürs Gemeinwesen seien.

Trump revanchiert sich, indem er die resolute Mutter von fünf Kindern als persona-non-wählbar geißelt. Seine Spannmänner sind dabei, die 54-Jährige aus der Führung der Konservativen im Kongress zu schubsen.

Am heftigsten liegt Trump – und das besorgt die Partei ernsthaft – im Clinch mit Senatsführer Mitch McConnell. Seit das Schlitzohr aus Kentucky Trump die Verantwortung für die Erstürmung des Kapitols ans Bein gebunden hat, herrscht kalter Krieg. Bei einer Rede vor reichen Parteispendern in Florida nannte Trump McConnell einen „dummen Hurensohn“.

Auch sein Ex-Vizepräsident Mike Pence, der sich von Trump promoteten illegalen Versuchen widersetzte, am 6. Januar Bidens Bestätigung als Präsident zu hintertreiben, bekam sein Fett weg. Trump streute die Spekulation, dass er im Falle einer erneuten Kandidatur in drei Jahren den als Kronprinzen gehandelten Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, aufs Vizepräsidententicket nehmen könnte.

Wichtige Zwischenwahlen im Herbst nächsten Jahres

Unterdessen testen viele Top-Republikaner, wie viel Distanz zu Trump ihnen guttut. Und ab wann das Streben nach Unabhängigkeit vom unberechenbaren Parteipaten karrierebeendend wirken könnte. Dabei spielen die Zwischenwahlen im Kongress im Herbst nächsten Jahres die Schlüsselrolle.

Kommen Trumps Kandidaten zum Zug und die „Reps“ im Parlament an die Mehrheit, hat er die Bühne bis zur nächsten Nominierung für das Weiße Haus 2024 wohl für sich. Konsolidieren die Biden-Demokraten ihren knappen Vorsprung und gehen Trumps Radikalkandidaten baden, dürften die „Absetzbewegungen“ zunehmen, sagt der Republikaner-Insider Frank Luntz. Mit oder ohne Facebook und Twitter.