Mainz/Berlin. Ministerpräsidentin Dreyer erreicht ein Wahlergebnis, von dem die SPD im Bund nur träumen kann. Die CDU scheitert an ihren Zielen.

Wenn sie nicht gerade eine FFP2-Schutzmaske trägt, lacht sie auf allen Fotos: Malu Dreyer. Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz – und erneute Wahlsiegerin bei der Landtagswahl. Die Bilder postet die SPD auf dem Facebook-Profil der Partei in den Stunden vor den ersten Hochrechnungen im Stundentakt – Countdown im Corona-Wahlkampf.
Als die Ergebnisse kommen, ist klar: Dreyers SPD liegt laut Prognose in Rheinland-Pfalz deutlich vor der CDU. Die Sozialdemokraten erreichen ein ähnlich gutes Ergebnis wie vor fünf Jahren. Die Christdemokraten dagegen stürzen ab – es wird das schlechteste Ergebnis der CDU in dem Bundesland werden. Lesen Sie hier: SPD gewinnt Wahl in Rheinland-Pfalz deutlich

Die SPD regiert seit fünf Jahren in einer Koalition mit Grünen und FDP. Alles sieht danach aus, als könnte das Bündnis weitermachen. Die Ergebnisse reichen für eine satte Mehrheit im Landtag. „Ich habe nie Zweifel daran gelassen, dass das Regierungsbündnis ein tolles war und ich mich auch freue, wenn es weitergeht“, sagt Dreyer am Abend.

Dreyer ist gelungen, sich von der Misere der SPD im Bund abzusetzen

Es ist das erste Mal, dass dieses Bündnis aus SPD, Grünen und Liberalen wiedergewählt wird. Bisher war diese seltene Konstellation in deutschen Landesregierungen eher mit Krach und Scheitern aufgefallen. Auch Grüne und FDP machen deutlich, dass sie sich ein „Weiter so“ wünschen. Es gab in Deutschlands Südwesten keine Wechselstimmung. Die FDP-Kandidatin hatte die Menschen vor der Wahl sogar dazu aufgerufen, der Union für ihre Corona-Politik „einen Deckzettel zu verpassen“. Lesen Sie auch: Bundestagswahl und Landtagswahlen: Das sind die Termine

Die Linke hat es in Mainz noch nie in das Landesparlament geschafft – und schafft es auch diesmal nicht. Die AfD verliert im Vergleich zur letzten Landtagswahl. Die „Freien Wähler“ könnten erstmals ins Parlament einziehen.

Dreyer ist gelungen, sich von der Misere der SPD im Bund abzusetzen. Sie erreicht Wahlergebnisse, von denen die Genossen in Berlin nur träumen. Eine große Wahlparty fällt aus, die Pandemie hat die Demokratie im Griff. Dreyer tritt kurz nach der ersten Prognose vor das Mikrofon. „Ich bin ein glücklicher Mensch“, sagt sie. Es sei „eine Bestätigung für unsere Regierungsarbeit und eine Bestätigung dafür, dass die SPD eine gut aufgestellte Partei ist“. Lesen Sie den Kommentar: Landtagswahlen: Ein herber Rückschlag für die Union

Im Innenhof des Landtags in Mainz hat die SPD ein kleines, weißes Zelt aufgebaut. An den dünnen Plastikwänden hängen Plakate der Sozialdemokraten. „Wir mit ihr“ ist der Slogan der Regierungschefin. Die SPD spielte im Wahlkampf vor allem einen Faktor aus: die Beliebtheit von Ministerpräsidentin Dreyer. Fast zwei Drittel wünschten sich vor der Wahl, dass sie Landeschefin bleibt. Die SPD-Parteizentrale gab sich gar nicht erst große Mühe, inhaltliche Forderungen zu plakatieren. Sie zeigte groß das Porträt von Dreyer.

Malu Dreyer, die alte und vermutlich neue Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, freut sich nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung über das Wahlergebnis.
Malu Dreyer, die alte und vermutlich neue Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, freut sich nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung über das Wahlergebnis. © Boris Roessler/dpa


Im konservativen Südwesten hat sich die Sozialdemokratie festgebissen.

Als die ersten Ergebnisse auf einer großen Leinwand aufflackern, jubeln die wenigen SPD-Anhänger, die sich mit roter Schutzmaske im kleinen Zelt im Hof des Landtags versammelt haben. Coronakonform feiern sie hier den Sieg der Sozialdemokraten.
Der Kampf gegen Corona – er war auch das beherrschende Thema im Wahlkampf in Rheinland-Pfalz. Das Land ist bisher relativ gut durch die Pandemie gekommen, gehörte nie zu den Hotspots, lag bei den Impfungen immer weit vorne und bestellte auf eigene Kosten jede Menge Schnelltests. Viele schreiben das vor allem Dreyer zu.

Im Südwesten Deutschlands, einem Landstrich mit vielen kleinen Kommunen, historisch konservativ und mit starker CDU-Basis, hat sich die Sozialdemokratie festgebissen. Nach dem Krieg regierte in Rheinland-Pfalz 40 Jahre lang die CDU, Helmut Kohl war hier Ministerpräsident. Doch Anfang der Neunziger schaffte Rudolf Scharping die Wende, und Kurt Beck machte das Land zur Hochburg der Sozialdemokratie. Rheinland-Pfalz bleibt auch 30 Jahre nach der Machtübernahme weiter rot.

Die CDU dagegen scheitert und verliert historisch schlecht diese Wahl. Spitzenkandidat Christian Baldauf ist kein Krawallpolitiker, eher besonnen. In Zeiten der „Masken-Raffkes“ in der Union wirkt er wie ein Gegenbild. Viele analysieren, dass er am Ende zu besonnen, zu leise war, um Dreyers Macht im Land ernsthaft zu gefährden. Wie sehr Baldauf die Korruptionsvorwürfe gegen Unionspolitiker geschadet haben, ist unklar. Mehr als 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler hatten bereits vor einigen Tagen und Wochen per Brief abgestimmt – lange bevor einzelne Bundestagsabgeordnete tagelang Negativschlagzeilen produzierten. „Eine solche Affäre auf den letzten Metern im Wahlkampf braucht kein Mensch“, sagte Baldauf. Am Ende war es wohl nicht entscheidend für seine Niederlage.

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