Karlsruhe. Darf man Lebensmittel aus dem Müllcontainer von Supermärkten holen? Das Bundesverfassungsgericht soll jetzt zum Containern urteilen.

Darf man weggeworfene Lebensmittel aus dem Abfallcontainer von Supermärkten holen? Diese Frage soll jetzt das Bundesverfassungsgericht klären: Zwei Studentinnen aus Bayern, die beim „Containern“ von Lebensmitteln erwischt wurden, wehren sich gegen ihre Verurteilung. An diesem Freitag wollen sie in Karlsruhe Verfassungsklage erheben.

Die beiden jungen Frauen hatten nachts in Olching bei München Obst, Gemüse und Joghurt aus dem Müll eines Supermarktes gefischt. Die Gerichte werteten das als Diebstahl und verurteilten die beiden zu Sozialstunden bei der örtlichen „Tafel“. Außerdem bekamen sie eine Geldstrafe von 225 Euro auf Bewährung - für den Fall, dass sie sich noch mal beim „Containern“ erwischen lassen sollten.

Klägerinnnen zum Containern: „Wir haben niemanden Schaden zugefügt“

Den beiden Studentinnen geht es nun ums Prinzip: Sie meinen, dass sie zu Unrecht schuldig gesprochen wurden. Wer sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetze, tue nichts Verwerfliches - im Gegenteil. „Wir haben niemandem Schaden zugefügt“, sagen sie. „Wenn wir Lebensmittel in der Mülltonne sehen, die eigentlich noch genießbar sind, finden wir das sehr schade und eine enorme Ressourcenverschwendung.“

Ihre Verfassungsklage wird von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt, die sich vor Gericht für Grund- und Menschenrechte engagiert. Um die Klage zu unterstützen ist im Karlsruher Schlosspark eine Kundgebung geplant.

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    Seit Jahren gibt es Streit um die Rechtmäßigkeit des „Containerns“. Dabei geht es in der Regel um Lebensmittel, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, oder die wegen Druck- oder Gammelstellen nicht mehr verkauft werden sollen. Viele dieser Lebensmittel aber sind ohne gesundheitliches Risiko genießbar.

    Soll Containern legal werden? Die CDU-Länder sind dagegen

    Der Fall der beiden Studentinnen Caro (28) und Franzi (26) hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt und eine Debatte über die Kriminalisierung des Containerns ausgelöst. Die ehemalige Bundesernährungsministerin Renate Künast (Grüne) hatte eine Neuregelung für Lebensmittelspenden und einen rechtlichen Schutz für Menschen, die „containern gehen“.

    Künast regte zudem einen neuen Umgang mit Lebensmitteln an: „Ein zwei Tage altes Brot wird weggeschmissen, obwohl es noch gut ist. Die gesamte Kette ist schief.“ Der Handel müsse sich so organisieren, dass unverkäufliche Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen weitergebe, dazu würden auch die Tafeln gehören. Ein Vorstoß von Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne), das Containern zu legalisieren, scheiterte im Juni auf der Justizministerkonferenz in Lübeck am Widerstand der CDU-Länder.

    In Frankreich gelten strengere Regel gegen Lebensmittel-Verschwendung

    Caro und Franzi informieren in einem Internet-Blog („Containern ist kein Verbrechen“) über die neuesten Entwicklungen in ihrem Fall. Sie haben mittlerweile auch eine Petition gestartet: Supermärkte sollen wie in Frankreich verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel zu verteilen, zum Beispiel an soziale Einrichtungen. Inzwischen haben 150 000 Menschen unterschrieben.