Seebach. Mit Gauland macht wieder ein AfD-Politiker mit einer Aussage zur NS-Zeit Schlagzeilen. Politiker anderer Parteien zeigen sich empört.

Der Partei- und Fraktionschef der AfD, Alexander Gauland, hat die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland relativiert. „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“, sagte Gauland am Samstag beim

Auch interessant

Junge Alternative (JA) im thüringischen Seebach.

Dieser mit tosendem Beifall der 99 Delegierten gefeierte Satz fiel nach einem Bekenntnis von Gauland zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945.

Gauland: „Wir haben eine ruhmreiche Geschichte“

„Ja, wir bekennen uns zur Verantwortung für die zwölf Jahre“, sagte Gauland. Er machte aber auch deutlich, dass das nur ein Teil der deutschen Geschichte sei. Gauland: „Wir haben eine ruhmreiche Geschichte – und die, liebe Freunde, dauerte länger als die verdammten zwölf Jahre.“ Und fügte dann hinzu: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“

Diese vier Aussagen von AfD-Politikern sorgten für Wirbel

weitere Videos

    Gauland erwähnte zugleich den Beitrag der jüdischen Mitbevölkerung für Deutschland. Sie seien „Teil der deutschen Ideengeschichte, die Hitler vernichten wollte aber nicht vernichten konnte“. Kurz darauf erklärte er unter erneut lautstarker Zustimmung der Sitzungsteilnehmer: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“

    Auschwitz Komitee: Gaulands Äußerungen sind widerlich

    CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer reagierte empört auf Gaulands Äußerung. „50 Mio. Kriegsopfer, Holocaust und totaler Krieg für AfD und Gauland nur ein ,Vogelschiss’! So sieht die Partei hinter bürgerlicher Maske aus“, schrieb die Politikerin auf Twitter.

    Empfohlener externer Inhalt
    An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
    Externer Inhalt
    Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

    FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann verurteilte Gaulands Äußerung scharf. „Wer als Politiker versucht, die NS-Diktatur und den Holocaust gezielt klein zu reden, gibt einen Hinweis darauf, wie düster die Visionen sind, die er für Deutschland hat“, sagte Buschmann dieser Zeitung. Gaulands Worte seien „eine Geschmacklosigkeit und mehr als nur eine Entgleisung“.

    Auch as Internationale Auschwitz Komitee kritisierte die die verharmlosenden Äußerungen. Diese seien unerträglich und würdelos, hieß es in einer Erklärung vom Samstag. Christoph Heubner, der geschäftsführende Vizepräsident des Komitees, sagte: „Für Auschwitz-Überlebende wirken die kühl kalkulierten und hetzerischen Äußerungen Gaulands nur noch widerlich.“

    AfD provoziert immer wieder

    Gaulands Aussagen von Seebach stehen in einer ganzen Reihe gezielter Provokation des rechten AfD-Flügels. Dessen thüringischer Vertreter Björn Höcke hatte etwa in seiner Dresdner Rede vom Januar 2017 eine „Wende um 180 Grad“ in der deutschen Erinnerungskultur gefordert und das Berliner Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet.

    Ein Antrag des Bundesvorstands auf Parteiausschluss ist Anfang Mai durch das Landesschiedsgericht Thüringen abgelehnt worden. Höcke habe mit seinem Verhalten nicht gegen die Satzung und die Grundsätze der Partei verstoßen. Eine „Wesensverwandtschaft Höckes mit dem Nationalsozialismus“ sei nicht festzustellen.

    Parteinachwuchs fordert Austritt Deutschlands aus EU

    Gauland selbst hatte bereits im Bundestagswahlkampf über die NS-Zeit gesagt: „Man muss uns diese zwölf Jahre nicht mehr vorhalten. Sie betreffen unsere Identität heute nicht mehr. Deshalb haben wir auch das Recht, uns nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen.” Die Deutschen hätten zudem „das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“.

    Auch die AfD-Nachwuchspolitiker polterten auf ihrem Bundeskongress. So lehnten die Teilnehmer eine Europaresolution des Vorstandes ab. Mehrere Redner sprechen sich in der Debatte zur Resolution für den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union aus.

    „Die EU muss sterben“

    Zustimmung erhielt ein neues Vorwort des künftigen Programms, der JA, das auf dem Treffen in Seebach beschlossen werden soll. Es besagt „zuerst Deutschland und dann der Rest“, wie es ein Redner formulierte. „Die EU muss sterben, damit Europa leben kann“, forderten der JA-Bundesvorsitzende Damian Lohr und nach ihm auch der Brandenburger AfD-Vorsitzende Andreas Kalbitz.

    Lohr kritisiert die EU als nicht reformierbar. Deutschland sollte kein Geld mehr in die EU-Kasse und damit an den EU-Apparat zahlen. Die AfD war vor einigen Jahren vor allem als europakritische Partei gegründet worden.

    Noch mehr Zustimmung der JA-Mitglieder erhielt kurz darauf die Forderung von Kalbitz: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“. Damit griff der Beauftragter des Bundesvorstandes für die JA eine alte Forderung der rechten Szene auf.

    Kretschmer: Nicht über jedes Stöckchen der AfD springen

    Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) riet in der Auseinandersetzung mit der AfD zu Sachargumenten gemischt mit einem Schuss Ironie. „Man darf nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Sachsen haben Erfahrung mit Parteien rechts von der Union.

    „Die NPD war zwei Mal im sächsischen Landtag. Auf die Aggressivität, das Brechen mit Konventionen und die Lautstärke mussten wir uns da auch erst einstellen“, räumte der Christdemokrat ein. „Die NPD konnten wir politisch entzaubern, und bei der AfD sind wir auf einem guten Weg.“

    Kretschmer: CDU für AfD der größte Feind

    In dieser Auseinandersetzung müsse man „cool bleiben“, man brauche „sachliche Argumente, und manchmal hilft Ironie“, sagte Kretschmer. Das sei jetzt auch im Deutschen Bundestag ganz wichtig.

    Für die AfD sei die CDU „der größte Feind“, sagte Kretschmer. Auch deshalb sei klar, dass es mit dieser Partei keine gemeinsamen Positionen und schon gar keine Zusammenarbeit geben könne, betonte der Ministerpräsident. Die AfD habe keinen positiven Ansatz, den man brauche, wenn man Politik gestalten wolle. (mit dpa)