Kairo. Syriens Machthaber Assad kann trotz der Luftangriffe von Trump, May und Macron den Feldzug gegen die Rebellen ungehindert fortsetzen.

Wer die Bilder der qualvoll erstickten Opfer von Ost-Ghuta noch vor Augen hat, auf den müssen

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wirken wie ein zynisches Gemogel. Trotz einer Woche martialischer Trump-Tweets beließen es die Alliierten am Ende wieder nur bei symbolischen Luftschlägen, wenn auch ein paar Marschflugkörper mehr als vor einem Jahr nach dem Giftgasangriff auf Khan Sheikhoun. Und trotzdem – so hart es klingt - war das nächtliche Bombardement unter dem Strich ein Sieg der Vernunft. Der befürchtete Schlagabtausch mit Russland auf syrischem Boden fand nicht statt, aus dem sich leicht ein verheerender Weltbrand hätte entwickeln können.

Damit einher geht die Einsicht, dass für den Westen in Syrien nicht mehr viel zu machen ist. Das Regime in Damaskus hat gesiegt und wird weitgehend die Bedingungen für die Nachkriegszeit diktieren.

Das syrische Regime demonstriert Gelassenheit

Für Amerika und Europa dagegen ist der Zeitpunkt längst verstrichen, wenn es ihn je gab, Syriens Tragödie abzukürzen oder in andere Bahnen zu lenken. Und so zeigen sich Baschar al-Assad und seine Machtclique auch diesmal von den 105 alliierten Geschossen völlig unbeeindruckt. Keine besonderen Vorkommnisse, signalisierte demonstrativ ein kurzes Video des Präsidentenamtes von Samstagmorgen, auf dem der Diktator lässig durch seinen opulenten Palast spazierte.

Umgekehrt klingen die vollmundigen Behauptungen aus Washington, Paris und London, diesmal seien große Teile des syrischen Giftgasarsenals zerstört worden, eher realitätsfremd als überzeugend. Das Regime hatte ­tagelang Zeit, seine dubiosen Anlagen zu evakuieren und die verbliebenen Bestände an Nervengift zu verstecken.

Für Assad war das Ganze erneut ein machtpolitischer Punktsieg. Denn der bewusst schmal kalibrierte Raketenbeschuss zeigt, der Westen hat sich längst mit dem Diktator abgefunden und lässt ihm im Prinzip freie Hand.

Trump will raus aus dem Nahen Osten

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will vor allem raus aus dem nahöstlichen Schlamassel und hat kein Interesse, das Regime in Damaskus aus den Angeln zu heben. Auch die britische Premierministerin Theresa May versicherte am Wochenende ihren Landsleuten, der Regierung gehe es in Syrien nicht um einen Regimewechsel, und London wolle sich nicht in den Bürgerkrieg einmischen. Insofern beschränkt sich das westliche Augenmerk einzig und allein auf das Thema Chemiewaffen. Lediglich diese schrecklichen Untaten werden aus dem übrigen Kriegsgeschehen herausgelöst und mit Militäraktionen bestraft, alle übrigen Grausamkeiten dagegen wie bisher mit empörten Fensterreden und ratlosem Achselzucken quittiert.

Syriens Präsident Baschar al-Assad.
Syriens Präsident Baschar al-Assad. © REUTERS | Sana Sana

Die Machthaber von Damaskus aber können den Feldzug gegen ihre aufständischen Landsleute bereits in der kommenden Woche ungehindert fortsetzen – wie gewohnt mit aller Gewalt und ohne jede Skrupel. Nach Ost-Ghuta wird sich das Regime nun die Nordprovinz Idlib vorknöpfen, die letzte Hochburg seiner immer schwächer werdenden Gegner.

Iranische Militärs kündigten in den vergangenen Tagen bereits an, dieses Gebiet an der Grenze zur Türkei müsse nun als nächstes „befreit“ werden. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian ließ am Wochenende keinen Zweifel daran, was in seinen Augen nun auch diesen Menschen blüht. Und so wird die Weltöffentlichkeit schon bald wieder das Gleiche miterleben müs- sen wie in Ost-Ghuta – die nächsten apokalyptischen Bombenhöllen und die nächsten Massaker durch Nervengift.