Berlin. Eine Hetz-Botschaft verbreitet sich rasend im Internet. Es geht um den Fall der Essener Tafel. Opfer der Fälschung: Angela Merkel.

„Das Internet ist kaputt“, schrieb der Digitalberater Sascha Lobo etwas überspitzt seine Diagnose auf. Er machte sich Sorgen um die Schwemme an Hetze und Häme in seinem Lieblingsmedium.

Ein aktuelles Beispiel für das, was Lobo meint, ist ein Bild mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel und einem Satz

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. Die Collage erweckt den Eindruck, dass es sich bei dem Satz um ein Zitat der Regierungschefin handelt. Doch der vermeintliche Ausspruch – auf dem Bild steht „Die Tafel Essen: Wir haben diese Menschen zu uns eingeladen, also müssen wir sie zuerst versorgen“ – ist frei erfunden.

Hetznachricht auf Spitzenposition

Erstellt und verbreitet wurde die Collage durch die Betreiber eines berüchtigten Hetz-Blogs. Hinter der Seite steht ein ehemaliger Neonazi, er war Mitglied der im Jahr 2000 verbotenen Organisation „Blood & Honour“. Dieser Hetz-Beitrag war am Dienstag mit deutlichem Vorsprung auf der Spitzenposition in den Charts bei „10000flies.de“. Die Seite misst, welche Themen und Artikel von deutschsprachigen Medien in den sozialen Netzwerken am meisten diskutiert werden.

Wenn man also den Erfolg eines Beitrags in Interaktionen bei Facebook und Twitter misst, waren diese „Fake News“ der erfolgreichste Text des deutschen Internets. Jens Schröder vom Medienportal „meedia“ kommentiert den Erfolg: „Hass, Lügen, schlimmster Populismus setzen sich in Sachen Likes und Shares immer häufiger gegen echten Journalismus durch.“

Der Beitrag, der aus wenigen Zeilen Text und dem beschriebenen Bild besteht, bekam über 50.000 Interaktionen von Nutzern in den Sozialen Medien.

Die Tafel in Essen

Der Fall der

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Die Hilfsorganisation, die gespendete Lebensmittel an Bedürftige verteilt, hatte entschieden, dass sie zunächst nur noch Deutsche als neue Kunden aufnehmen würde. Am Mittwochmorgen passierte dann genau das: Wer sich nicht als deutscher Staatsbürger ausweisen konnte, wurde weggeschickt.

Der Verein hatte den Schritt damit begründet, dass der Anteil der Migranten unter den 6000 Menschen, die regelmäßig Lebensmittel erhalten, auf 75 Prozent gestiegen sei. Ältere Menschen und Alleinerziehende würden auf diese Weise schleichend verdrängt, argumentieren die Verantwortlichen.

Tatsächlich hatten Merkel den Schritt in einem Interview kritisiert: „Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen. Das ist nicht gut“, hatte die Bundeskanzlerin gesagt. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte später erklärt, die Kanzlerin sehe den Einsatz von Ehrenamtlichen zur Verteilung von Lebensmitteln für Bedürftige mit „größtem Respekt“, doch „ein bedürftiger Mensch ist ein bedürftiger Mensch“. (dahe)

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