Tunis/Damaskus. Syrische Rebellen haben einen russischen Kampfjet abgeschossen. Der Pilot rettete sich per Fallschirm, wurde dann aber erschossen.

Auf einer Tragfläche ist der rote Stern der russischen Luftwaffe noch zu erkennen. Ein Triebwerk und eine verkohlte Bordkanone liegen herum. Junge Männer schleppen Patronengurte davon oder treten auf das herumliegende Blech ein, wie Fotos und Videos zeigen. Seit syrische Rebellen am Sonnabend zum ersten Mal einen russischen Kampfjet abgeschossen haben, droht in der Provinz Idlib eine weitere Eskalation.

Der Pilot der Su-25 konnte sich nach Moskauer Angaben mit dem Fallschirm retten, wurde jedoch am Boden bei einem Schusswechsel mit den Aufständischen getötet. Seine Maschine prallte direkt neben Wohnhäusern des Dorfes Khan al-Sabil auf den Boden.

Idlib ist eigentlich eine Deeskalationszone

Kämpfer der dschihadistischen Rebellenallianz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die lange mit al-Qaida paktiert hatte und sich 2017 von der Terrororganisation lossagte, erklärten, sie hätten das Flugzeug mit einer schultergestützten Boden-Luft-Rakete vom Himmel geholt. Auf einen Handyvideo ist zu erkennen, wie sich das Geschoss dem Jet nähert, ihn trifft, und dann eines der beiden Triebwerke Feuer fängt.

Der Vorfall wirft erneut ein Schlaglicht auf den jüngsten Kriegsschauplatz Idlib, der wichtigsten noch verbliebenen Provinz in den Händen der syrischen Opposition. Eigentlich gehört Idlib zu den vier von Russland, der Türkei und dem Iran vereinbarten Deeskalationzonen. Doch daran hält sich seit November niemand mehr. Assad will den gesamten Norden Syriens zurückerobern, unterstützt von iranisch-irakischen Milizen, der Hisbollah und der russischen Luftwaffe.

Herkunft der eingesetzten Boden-Luft-Rakete unklar

Gleichzeitig stellt der Einsatz von Flugabwehrraketen durch Bewaffnete, die al-Qaida nahestehen, eine sehr brisante Entwicklung dar. Unklar ist bisher, was für ein Typ eingesetzt wurde und wer ihn den Rebellen geliefert haben könnte. Das US-Außenministerium bestritt, die Vereinigten Staaten hätten Assad-Gegner mit sogenannten Manpads aufgerüstet.

„Wir sind sehr alarmiert“, erklärte Sprecherin Heather Nauert. Denn diese Waffensysteme, die eine Reichweite von bis zu 4500 Meter Höhe haben, könnten eines Tages auch gegen Passagierflugzeuge eingesetzt werden.

Rebellen nutzten Raketen aus Golfstaaten

Auf dem syrischen Schlachtfeld tauchten bereits im Jahr 2012 erste Rebellenvideos von Manpads auf, die zunächst fast alle aus Depots der syrischen Armee stammten. Auf Fotos der Aufständischen sind aber auch schultergestützte Raketen zu sehen, die nicht aus syrischen Armeebeständen sind und vor allem in den nördlichen Provinzen Aleppo, Hama und Idlib eingesetzt wurden.

Diese stammen von außen, sagt Syrienexperte Charles Lister. Sie wurden 2012, 2013 und 2015 in drei Wellen geliefert – über die türkische Grenze gebracht und bezahlt von den reichen Golfstaaten.