London. Die konservative Partei von Premier May hat bei der Unterhauswahl ihre absolute Mehrheit verloren. Rücktrittsforderungen werden laut.
- Mit dem Ausrufen von Neuwahlen hat sich Theresa May mächtig verzockt
- Trotzdem will die britische Premierministerin an der Macht bleiben
- Nun lotet sie die Chancen für eine Koalitionsregierung in London aus.
Schlappe für die Premierministerin: Die konservative Partei von Premierministerin Theresa May hat die Parlamentswahl in Großbritannien gewonnen. Eine absolute Mehrheit verfehlte die Partei nach Angaben der BBC und der Nachrichtenagentur Reuters aber und ist nun auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die Wahlbeteiligung wird aktuell mit 68,6 Prozent angegeben – so hoch war sie seit 1997 nicht mehr.
Die Tories haben laut BBC und Reuters nach Auszählung von fast allen 650 Wahlkreisen keine Chance mehr, die Marke von 326 Sitzen zu knacken. Damit gibt es in Großbritannien ein sogenanntes „hung parliament“, also keine eindeutige Mehrheitspartei und damit ein politisches Patt. In der Regel sorgt das Mehrheitswahlrecht in Großbritannien für klare Verhältnisse. Ein solches „hung parliament“ gab es in Großbritannien zuletzt 2010.
May will Minderheitsregierung
Dem Land steht damit kurz vor Beginn der Verhandlungen über den EU-Austritt eine komplizierte Regierungsbildung bevor. Wenn keine Minderheitsregierung oder Koalition möglich ist, könnte es eine neue Wahl geben.
May kündigte inzwischen an, die Queen noch am Freitag um Erlaubnis zur Regierungsbildung zu bitten. Sie will eine konservative Minderheitsregierung mit Duldung der nordirischen Protestanten der DUP (Democratic Unionist Party) bilden, melden britische Medien.
Die britischen Premiers seit 1940
Die Premierministerin hatte die vorgezogene Wahl im April mit dem Ziel ausgerufen, die Regierungsmehrheit ihrer Partei im Unterhaus zu vergrößern und sich mehr Rückhalt für die Verhandlungen über den EU-Austritt zu schaffen.
Corbyn fordert May zum Rücktritt auf
Ihr Herausforderer Jeremy Corbyn, dessen Labour-Partei stark zulegen konnte,
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. Sie habe Stimmen, Sitze und Vertrauen verloren, sagte er. Das sei genug, um „zu gehen und Platz zu machen für eine Regierung, die wirklich alle Menschen dieses Landes repräsentiert.“ May will sich um 11 Uhr deutscher Zeit äußern.
Für die politische Zukunft Großbritanniens gibt es damit mehrere Optionen. Die Konservativen können sich um eine Koalition bemühen, wobei die Chancen dafür angesichts tiefgehender Meinungsverschiedenheiten eher gering sind. Als Alternative könnten die Tories auch eine Minderheitsregierung bilden und auf die Unterstützung anderer Parteien in Einzelfragen setzen. Möglich wäre aber auch eine von der Labour-Partei angeführte Koalition, denn sie ist in mehreren Positionen näher an den anderen Parteien als die Konservativen. Funktionieren alle diese Möglichkeiten nicht, stünde Großbritannien vor Neuwahlen.
Schwierige Brexit-Verhandlungen
Schwieriger dürften auf jeden Fall die Brexit-Verhandlungen werden. Die Konservativen setzten auf einen harten Schnitt mit der Europäischen Union (EU), benötigten dafür aber eine klare Mehrheit im Parlament und darauf basierend ein klares Verhandlungsmandat. Die ist nun nicht mehr gegeben.
Eine
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hatte die Tories bereits als stärkste Kraft, aber ohne Regierungsmehrheit gesehen. Hochrechnungen im Laufe der Nacht korrigierten die Zahl der Sitze zwar etwas nach oben, die Marke von 326 Sitzen konnten die Konservativen aber nicht erreichen. (sdo/dpa/rtr)
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