Berlin. Rund 2000 Asyl-Entscheidungen werden nach dem Skandal in der Bundeswehr erneut geprüft. Das kann zu neuem Stau bei Verfahren führen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) befürchtet, dass sich durch den Fall Franco A. die Arbeit an aktuellen Asylfällen verlangsamen könnte. „Für den zeitnahen Abschluss der Untersuchungen müssen erfahrene Entscheiderinnen und Entscheider aus dem laufenden Geschäft abgezogen werden“, schreibt eine Sprecherin auf Nachfrage dieser Redaktion.

In welchem Umfang sich dies auf den Abbau der Altverfahren auswirke, könne noch nicht abgeschätzt werden, heißt es. Nach Bekanntwerden des Falls hat das Bundesamt eine Untersuchungsgruppe eingerichtet, die 2000 positive Asylentscheide aus den Herkunftsländern Syrien und Afghanistan auf mögliche Fehler prüft. Ursprünglich sollte es Ende Mai nur noch einen Rest von gut 100.000 Altverfahren im BAMF geben.

Weiterer Bundeswehrsoldat unter Terrorverdacht festgenommen

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    Der rechtsextreme Bundeswehrsoldat Franco A. tarnte sich im November 2016 als Christ aus Syrien, der nach Deutschland geflohen sei. In einer Anhörung durch einen BAMF-Mitarbeiter und mit einer Dolmetscherin wurde dem vermeintlichen Flüchtling „subsidiärer Schutz“ gewährt. „Dies war eine Fehlentscheidung, wie sie nicht passieren darf“, schreibt die BAMF-Sprecherin.

    Von der Leyen: Wehrmacht nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr

    Vor dem Hintergrund des Falles Franco A., der Mitglied einer rechtsextremen Gruppe in der Bundeswehr war und einen Raum seiner Kaserne mit Wehrmachtsdevotionalien ausstaffiert hatte, stellte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erneut klar, dass die Wehrmacht nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr sein dürfe.

    Bis Dienstag wurden alle Räumlichkeiten der Bundeswehr auf Wehrmachtsdevotionalien untersucht. „Die Aktion ermöglicht es uns, gemeinsam eine Nulllinie zu ziehen, ab der keinerlei Wehrmachtsdevotionalien ohne jegliche historische Einordnung mehr ausgestellt sein dürfen“, sagte die Ministerin am Dienstagabend vor dem Reservistenverband in Berlin. Von der Leyen zitierte aus dem geltenden Traditionserlass: „Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich kann Tradition nicht begründen.“

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      Soldaten sollen Vorschläge für neue Namen für Kasernen machen

      Die Umbenennung von Bundeswehrkasernen, die Namen von Wehrmachtsoffizieren tragen, soll von den Soldaten vor Ort angestoßen werden. „Die Initiative für die Benennung einer Kaserne liegt grundsätzlich bei der dort stationierten Truppe“, teilte das Ministerium mit. Man wolle einen offenen Meinungsbildungsprozess anstoßen, die Truppe solle mit den Vertretern der Kommunen in einen Dialog treten. Der Prozess soll noch im laufenden Jahr abgeschlossen werden.

      26 Kasernen sind heute noch nach Männern benannt, die einst in der Wehrmacht dienten. 13 dieser Soldaten sind dem Widerstand zuzuordnen, etwa Claus Schenk Graf zu Stauffenberg und Henning von Tresckow. Seit dem Bekanntwerden des Falls Franco A. ist das Meldeaufkommen in der Bundeswehr gestiegen. Es gab also mehr Soldaten, die auf rechtsextreme Vorfälle in der Truppe hingewiesen haben, als zuvor.