Landtagswahl

Koalition, nein danke! So verworren ist die Lage in NRW

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Walter Bau
Reaktionen zum Ausgang der NRW-Landtagswahl

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Die FDP weiß nicht, ob sie sich trauen soll. Die SPD ist am Boden. Doch mit wem soll Wahlsieger Armin Laschet (CDU) in NRW regieren?

Berlin/Düsseldorf.  Stellt euch vor, es ist Koalition – und keiner will mitmachen. Ein bisschen so muss sich CDU-Mann Armin Laschet am Montag nach seinem Wahlsieg in NRW fühlen: Der Christdemokrat hat die Wahl zwischen zwei Bündnispartnern, die beide eigentlich gar nicht möchten. Wie das?

Dass es für eine schwarz-gelbe Koalition von Union und FDP reichen würde, damit hatte in Düsseldorf kaum einer gerechnet. Doch das Scheitern der Linkspartei an der Fünf-Prozent-Hürde und das starke Ergebnis der Liberalen sorgten am Sonntag dafür, dass CDU und FDP eine hauchdünne Mehrheit der Sitze im Landtag erreichten.

FDP: So gelang den Liberalen das erstaunliche Comeback
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Lindner: Lieber Berlin als Düsseldorf

Aber vor allem die Liberalen zieren sich. FDP-Chef Christian Lindner betonte noch am Wahlabend, er sei „nicht der Wunschpartner“ Laschets. Das klang am Montag zwar schon wieder etwas moderater. Wenn die CDU anrufe, so Lindner, „nehmen wir den Anruf natürlich an und schauen dann, was geht“. Klar ist aber: Die knappe rechnerische Mehrheit für Schwarz-Gelb passt dem Parteichef eigentlich gar nicht ins Konzept.

Denn für Lindner war die Wahl am Rhein nur eine Etappe auf dem Weg zu seinem großen Ziel: die Rückkehr der FDP in den Bundestag bei der Wahl im September. Und im anstehenden Wahlkampf könnte Lindner aus einer Oppositionsrolle viel freier agieren. Eingebunden in eine Regierung im größten Bundesland, böten die Liberalen – womöglich gar mit einem Minister Lindner – eine größere Angriffsfläche für den politischen Gegner. Das könnte das Comeback im Bundestag gefährden.

„In jedem Fall ziehe ich es vor, einflussloser Abgeordneter der Opposition im Bundestag zu sein, als stellvertretender Ministerpräsident in Düsseldorf“, so Lindner am Montag in Berlin. Er gibt sich nach außen gelassen betont gelassen, wie in diesem Tweet vom Montagmorgen:

Die NRW-SPD steht führungslos da

Armin Laschet stichelte am Montagmorgen in Richtung der Liberalen: „Die FDP ist im Augenblick auch sehr bemüht, unabhängig zu sein.“ Aber die Tendeleien um eine Koalition mit Laschets CDU sind nicht nur Poker. Gut möglich, dass die FDP am Ende tatsächlich der Union eine Absage erteilt.

In dem Fall wäre eine große Koalition aus CDU und dem großen Wahlverlierer SPD die erste Wahl. Vielleicht wäre Armin Laschet diese Variante sogar lieber, brächte sie doch die „breite Mehrheit“ der Sitze, die sich der CDU-Mann am Wahlabend für seine künftige Regierung gewünscht hatte. Doch die Frage lautet: Ist die mit dem für sie schlechtesten Ergebnis aller Zeiten in NRW geschlagene SPD überhaupt regierungsfähig und regierungswillig?

NRW-Wahl: Hannelore Kraft tritt zurück
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Zunächst ergeben sich rein praktische Probleme. Nach dem Rücktritt Hannelore Krafts als Parteichefin stehen die Sozialdemokraten führungslos da. Wer die Nachfolge antritt, ist völlig unklar. Wer sollte die Verhandlungen mit der CDU überhaupt führen? Die Sozialdemokraten müssten sich erst einmal neu sortieren – und dies nicht nur personell. Ein programmatischer Neustart steht ebenfalls bevor.

Front gegen große Koalition

Schon gibt es aus den Reihen der Genossen erste Stimmen, die eine Regeneration in der Opposition fordern. Etwa vom Dortmunder Bundestagsabgeordneten Marco Bülow, der „auf gar keinen Fall“ eine große Koalition will:

Damit dürfte Bülow nicht alleine stehen in der SPD, wo sich die Begeisterung für große Koalitionen insgesamt engen Grenzen hält. So war etwa nach der Bundestagswahl 2013 der Widerstand gegen die „GroKo“ im Bund in Düsseldorf besonders ausgeprägt – nicht zuletzt bei Hannelore Kraft. Am Ende zog die Partei dann doch mit.

Auch Politologen sehen Probleme für den Fall eines Bündnisses von Union und SPD. Der Essener Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte etwa zog einen Vergleich zu verfeindeten Fußballclubs:

Auf Wahlsieger Laschet kommen also womöglich schwierige Koalitionsgespräche zu. Er werde „mit allen Gesprächen führen, um dann zu sehen, wo ist am meisten programmatisch durchführbar“, kündigte er an.

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