Berlin. Brauchen wir die vierte Corona-Impfung? Bei “Hart aber fair“ positionierte sich der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach dazu.

Vom Corona-Experten zum Gesundheitsminister: Der Wandel des Karl Lauterbach ist fulminant – und nicht frei von Spannungen. Schließlich reicht es für den SPD-Politiker nun nicht mehr, fundiert zu warnen. Vielmehr muss er die Lage plötzlich auch gestalten, und dabei mitunter heikle Kompromisse akzeptieren. Wie geht Lauterbach damit um? Das ließ sich am Montagabend bei "Hart aber fair" beobachten.

"Hart aber fair": Diese Gäste waren dabei

  • Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister
  • Thorsten Frei (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der Union
  • Claudia Kade, Journalistin ("Welt")
  • Anke Richter-Scheer, Ärztin
  • Antonie Rietzschel, freie Journalistin

Gedämpfte Welle

In der Diskussion gelang es Karl Lauterbach fast immer, die Balance zwischen Warnung und Differenzierung zu halten. Sind die neuen Bund-Länder-Regeln mit Blick auf die "Omikron-Wand" unzureichend? Früher hätte Lauterbach möglicherweise für einen "Wellenbrecher" plädiert. Und jetzt?

"Wir haben maßvolle Beschlüsse gefasst", gab sich der Gesundheitsminister diplomatisch. Die neue Welle sei "gedämpft". Bemerkenswerte Sätze, wenn man bedenkt, wie Lauterbach sich in seiner Zeit als SPD-Gesundheitsexperte äußerte.

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Auch an anderer Stelle relativierte Lauterbach potenzielle Gefahren – mit guten Argumenten. Haben wir zu wenig PCR-Tests, wenn die Inzidenz immer weiter steigen sollte? Da sei noch Luft, sagte der Gesundheitsminister. Schließlich seien wöchentlich bis zu 2,4 Millionen PCR-Tests möglich, aktuell aber würden nur 370.000 durchgeführt.

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Das Zahlenwirrwarr nach den Feiertagen verteidigte der SPD-Politiker sogar deutlich. Zwischen den Jahren seien viele im Urlaub, Praxen und Gesundheitsämter geschlossen. Die daraus resultierende geringe Test- und Meldeaktivität könne man aber modellieren. "Dann entsteht doch niemandem ein Schaden."

Durchseuchung und vierte Impfung

Das war etwas viel Verständnis für einen Missstand, dessen Existenz nicht mehr zu verstehen ist. Mit dem Verständnis aber war es bei Lauterbach vorbei, als es um die britische Corona-Politik ging: "Das läuft auf eine Durchseuchung hinaus, ohne dass man das so nennt", befand er mit Blick auf die relative Offenheit des Königreichs trotz hoher Inzidenzen. Da sei man in Deutschland mit einem schützenden Kurs doch deutlich besser gefahren.

Könnte die leichte Öffnung dieses schützenden Kurses von einer vierten Impfung unterstützt werden? In dieser Hinsicht gab sich Lauterbach zurückhaltend: Erste Daten aus Israel zeigten, dass die vierte Impfung nicht so viel bringe, wie man sich erhofft habe. Möglicherweise liege der ideale Zeitpunkt sechs Monate nach dem dritten Schuss. Damit werde sich die Bundesregierung intensiv befassen und dann eine Empfehlung aussprechen.

Das Fazit

Diese Ausgabe von "Hart aber fair" zeigte einmal mehr, dass Karl Lauterbach seinen Arbeitsmodus umgestellt hat. Damit ist er durchaus erfolgreich: Die Mischung aus Studien-Kenner und differenzierendem Politiker wirkt authentisch, auch weil zwischen dem zurückgenommenem Lauterbach ab und an auch mal der alte Mahner und Warner durchblitzt.

Doch der Spagat bleibt heikel. Hinzu kommt, dass Lauterbach eine Zielschiebe bleibt. Wegen der vielen Drohungen sei seine Schutzstufe hoch, sagte der Gesundheitsminister. Dadurch habe sich sein Leben verändert: "Nichts geht mehr spontan." Das sei für ihn ok, doch was sei mit den vielen Kommunalpolitikern, denen es ähnlich gehe? "Die haben diesen Schutz nicht."

Hart aber fair: So liefen die vergangenen Sendungen