Berlin. Bei „Hart aber fair“ wurde am Montagabend in der Theorie ein kleines Experiment gewagt. Offiziell sollte es nicht um die große Corona-Lage gehen, sondern um ein konkretes Phänomen: Die möglichen Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung.
„Wie groß ist der Schaden?“, war die Sendung überschrieben. In der Runde dabei: der Intensivmediziner Uwe Janssens, der Mediziner und Autor Eckart von Hirschhausen, die Journalistin Katharina Hamberger sowie der Bremer Politiker Andreas Bovenschulte und der Sternekoch Nelson Müller.
"Hart aber fair": Diese Gäste waren dabei
- Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeister von Bremen
- Dr. Eckart von Hirschhausen, Mediziner und Autor
- Nelson Müller, Sternekoch und Restaurant-Besitzer
- Katharina Hamberger, Korrespondentin im Hauptstadtstudio des Deutschlandradios
- Prof. Dr. Uwe Janssens, Chefarzt Intensivmedizin des St. Antonius Hospitals Eschweiler
Coronavirus: Eine rätselhafte Erkrankung
Ein wenig Einblick in das Phänomen „Longcovid“ gab Eckart von Hirschhausen. Was genau passiert mit den Körpern derer, die nach einer Covid-Erkrankung langfristig Probleme haben? „Das ist ein stückweit immer noch ein Rätsel“, sagte der Wissenschaftsjournalist, der eine Doku über das Phänomen gedreht hat.
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Feststehe, dass es zwei Probleme gebe, führte von Hirschhausen aus. Erstens greife das Virus die Schichten von Gefäßen an, was je nach betroffenem Organ ganz unterschiedliche Folgen haben könne. Zweitens komme es zu entzündlichen Fehlreaktionen des Immunsystems. Betroffene hätten vier bis acht Wochen und manchmal auch länger mit den Folgen zu kämpfen, berichtete von Hirschhausen.
Uwe Janssens ergänzte, dass eine Behandlung schwierig sei. „Wir haben keine Medikamente“, sagte der Intensivmediziner. Hilfreich sei aber eine Reha, die manchen Betroffenen aber nicht direkt zugestanden werde. Zugleich erinnerte Janssens daran, dass Longcovid nicht mit einem Aufenthalt auf der Intensivstation verwechselt werden sollte. „Die Menschen, die dort landen, sind danach für ihr Leben gezeichnet“, sagte Janssens mit Blick auf die Langzeitschäden einer Beatmung.
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Hart aber fair: Dröger Talkshow-Modus
Bis zu diesem Punkt war die Diskussion interessant, weil sie einen tatsächlich unterbelichteten Bereich der Corona-Lage thematisierte. Leider wechselte Gastgeber Frank Plasberg aber recht bald in den allgemeinen Talkmodus. Politische Versäumnisse, gescheiterte (Sachsen) und gelungene Impfkampagnen (Bremen), Fake News, Spaltung: Alles kam ein bisschen vor.
So erfuhren die Zuschauer etwa auch, was die Runde von Karl Lauterbach hält. Viel, wie ein schnelles Stimmungsbild verriet. Einzig Katharina Hamberger fand etwas kritische Worte über den designierten Bundesgesundheitsminister: An Lauterbach würden enorme Erwartungen gerichtet, sagte die Journalistin vom Deutschlandradio. Es müsse sich erst noch zeigen, ob er diese als Mitglied einer Bundesregierung erfüllen könnte.
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Corona-Pandemie: Das Weihnachtsgeschäft ist im Eimer
Interessant war allerdings die Perspektive von Nelson Müller, der als Sternekoch und Restaurantbesitzer die Ambivalenz vieler Gewerbetreibender ausdrückte. Auf der einen Seite sei es verständlich, dass auf die Corona-Lage reagiert werde, sagte Müller mit Blick auf die verschärften Maßnahmen. Andererseits sei natürlich die Folge, dass die Restaurants leer sind. „Am Ende ist das Weihnachtsgeschäft kaputt, davon leben viele.“ Lesen Sie dazu: Verschärfte Corona-Regeln - Sind Restaurants bald wieder zu?
Einen klaren Schuldigen wollte Müller nicht benennen. Allerdings ließ er durchblicken, dass die Politik in seinen Augen unzureichend reagiert habe. Obwohl es Warnungen gab, sei vieles laufen gelassen worden. Dabei brauche es klare Regeln: „Jetzt wo die kommenden Woche klar sind, kommen die Reservierungen langsam zurück“, berichtete Müller.
In einem Küchenbild gesprochen, war diese Ausgabe von „Hart aber fair“ zu sehr Potpourri. Das war auch deshalb tragisch, weil sich die vielen kleinen Themen nicht zu einem sehenswerten großen Ganzen addierten. Wahrscheinlich hätte es geholfen, wenn sich die Runde stattdessen länger und stärker auf das eigentliche Thema – Longcovid – konzentriert hätte. Es ist zu befürchten, dass uns dieses Phänomen in Zukunft mehr beschäftigen wird.
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