Berlin. Bei „Hart aber fair“ sorgen die ersten Urlaubsflüge für wenig Verständnis. Ebenso gering ist das Vertrauen in ein Lufthansa-Versprechen.

Die ersten Flieger seit März sind nach Mallorca abgehoben. Und den Bildern nach zu urteilen schien die Stimmung an Bord bestens zu sein. Von Angst vor einer Infektion war nichts zu sehen. Alles nun wieder gut trotz Corona? So scheint es zumindest. „Sommer der Entspannung – kann man das Virus erstmal vergessen?“, fragte Moderator Frank Plasberg am Montagabend bei „Hart aber fair“. Wohlwissend, dass die Malle-Urlauber für viele Kontroversen sorgen.

Denn dicht an dicht saßen die deutschen Urlauber an Bord nebeneinander. Nicht einmal die Mittelreihen waren freigelassen. Nicht nur für Virologen dürften das Bilder sein, die sprachlos machen. Die Bedenken sind nun groß: Ist der Mallorca-Urlaub fahrlässig oder schon egoistisch? Klar ist jedenfalls, dass es ein großes Wagnis ist.

„Hart aber fair“ – das waren die Gäste am Montagabend:

  • Karl Lauterbach (SPD), Gesundheitsökonom und Epidemiologe
  • Wolfgang Kubicki (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender
  • Christina Berndt, Wissenschaftsjournalistin „Süddeutsche Zeitung“
  • Norbert Fiebig, Präsident Deutscher Reiseverband (DRV)
  • Stephan Grünewald, Psychologe
  • Annabel Oelmann, Vorständin Verbraucherzentrale Bremen

Mallorca offen, Kitas geschlossen

Während FDP-Politiker Wolfgang Kubicki an den nun beginnenden Urlaubsflügen prinzipiell nichts problematisch fand, waren andere in der Runde völlig anderer Meinung. „Es ist ein großes Experiment“, fasste es Karl Lauterbach mit großer Skepsis zusammen. Für ihn war klar: „Ich würde in ein Flugzeug derzeit nicht einsteigen“, sagte Lauterbach. Auch der Journalistin Christina Berndt fehlte jegliches Verständnis für die Urlauber, sie sprach von einer „Minderheit, die sich egoistisch Freiheiten herausnimmt, ohne Verantwortung zu übernehmen“.

FDP-Vize Kubicki kann noch so viel von der Freiheit des Einzelnen sprechen und die Eigenverantwortung hochhalten: Gehen in den kommenden Wochen die Infektionszahlen wegen der Urlauber hoch, dann treffen neue Schutzmaßnahmen alle. „Ich will nicht, dass sich ein kleiner Teil der Bevölkerung einen schönen Urlaub macht und Kitas deswegen noch länger geschlossen bleiben“, erklärte SPD-Politiker Lauterbach seine Ablehnung. Lesen Sie hier: Test-Touris im Urlaub – So war es im ersten Mallorca-Flieger

Kubicki hält Rückflug-Versprechen der Lufthansa für „unverschämt“

Und auch die Urlauber sollten sich – trotz aller Versprechen ihrer Reiseveranstalter und der Fluggesellschaften – nicht darauf verlassen, dass sie im Falle einer Erkrankung zurückgeflogen werden. Zwar versprach Lufthansa-Chef Carsten Spohr noch kürzlich eine „Home-Coming-Garantie“ für alle Kunden des Unternehmens. Doch was davon zu halten ist, zeigten die Nachfragen der „Hart aber fair“-Redaktion.

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Sie wollte von der Lufthansa in einem konkreten Fallbeispiel wissen, wie die Lufthansa reagieren würde: Eine Reisende kommt mit einer Lufthansa-Maschine auf Mallorca an, doch bei der Einreise wird bei ihr Fieber gemessen. Fliegt Deutschlands größte Airline diese Person dann wieder nach Hause? Und dann auch noch so sicher, dass sich niemand anderes infizieren kann? Ergebnis: Die Lufthansa brachte es innerhalb von sechs Tagen nicht zustande, die Fragen zu beantworten.

Selbst für Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands, war klar, dass so ein Versprechen auch gar nicht zu halten ist. „Ich halte das für ziemlich unverschämt“, urteilte selbst Wolfgang Kubicki zu den großen Worten des Lufthansa-Bosses.

So wurde die Corona-Krise bisher bei „hart aber fair“ diskutiert:

Eine neue Phase beginnt

So geht nun langsam, das wurde in der Sendung deutlich, eine neue Phase los. Sicher ist, es wird eine streitvolle Zeit. Das zeigen bereits die Mallorca-Urlauber. „Die Spannungen werden jetzt zunehmen – bleibt zu hoffen, dass Maß und Mitte gehalten werden“, befand der Psychologe Stephan Grünewald.

Dass jede Lockerung, die nun kommt, für Streit sorgen wird, ist selbstverständlich. Aber auch wichtig, sofern der Streit denn vernünftig geführt wird: Da hatten Kubicki und Lauterbach Recht, als sie am Ende nach vielen harten gegenseitigen Widerworten betonten, dass genau das ja auch schon viel Wert sei. „Wir streiten uns, aber ohne das verliert die Demokratie ihr Fundament“, sagte Kubicki. Und lag damit, nach vielen schrägen Vergleichen, die er für weitere Lockerungen heranzog, zur Abwechslung auch mal richtig.

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