Berlin. Ausgerechnet der 77-jährige Rudolf Dressler zeigt bei „Maischberger“, was der SPD derzeit fehlt: Leidenschaft und ein klarer Kompass.

Im nächsten Jahr ist Rudolf Dressler 50 Jahre lang SPD-Mitglied. Ein halbes Jahrhundert, in dem die Partei viele Tiefschläge einstecken musste: den Sturz Willy Brandts, das Ende der sozialliberalen Koalition, die 16 bleiernen Jahre unter Helmut Kohl. „Aber so etwas wie jetzt habe ich noch nicht erlebt“, sagt Dressler.

Denn jetzt ist es seine eigene Partei, die sich auf offener Bühne in alle Einzelteile zerlegt.

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, Jusos gegen Parteivorstand, Basis gegen Funktionäre. „Das ist ein Super-Gau“, so Dressler. Es werde viele, viele Monate dauern, bis sich die SPD aus diesem Dilemma befreit habe. Und wer einen solch langen Weg vor sich habe, könne nicht in eine Große Koalition eintreten.

Der eine drischt Phrasen, der andere spricht Klartext

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nur gewartet zu haben. „Das GroKo-Drama: Zerlegen sich die Volksparteien?“, fragte die ARD-Talkerin am Mittwochabend. Und endlich sind es mal nicht die Kevin Kühnerts dieser Welt, die vor einer Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses warnen. Mit Rudolf Dressler, dem sozialen Gewissen der SPD, senkt ein prominenter Sozialdemokrat den Daumen über der dritten GroKo seit 2005.

SPD-Mitglied seit fast 50 Jahren: Rudolf Dressler sprach sich bei Maischberger gegen eine Große Koalition aus.
SPD-Mitglied seit fast 50 Jahren: Rudolf Dressler sprach sich bei Maischberger gegen eine Große Koalition aus. © WDR | Max Kohr

Doch so richtig wusste die Moderatorin dann doch nicht, was sie damit nun anfangen sollte. Jedenfalls entlockte sie dem zweiten Sozialdemokraten in der Runde, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, lediglich Phrasen. Stoisch lies Weil jede Frage zu den

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an sich abtropfen. Die SPD müsse jetzt geschlossen auftreten, man habe hart verhandelt, der Koalitionsvertrag trage eine sozialdemokratische Handschrift. Und ja:

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stehe für einen Aufbruch in der SPD.

Scholz bittet SPD um Ja zur GroKo

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    und „Hart aber fair“ am Montag war es ausgerechnet Sandra Maischberger, die das Gewürge von Union und SPD bei der Regierungsbildung als erstes aufgriff. Doch ein eigener Dreh, eine Nachricht, irgendetwas, das hängenbleibt, gelang ihr nicht. Dafür war die Runde – neben Dressler und Weil waren noch die Journalisten Wolfgang Herles und Christiane Meier sowie CDU-Vorstandsmitglied Serap Güler anwesend – einfach zu unbedeutend.

    Sandra Maischberger (M.) mit ihren Talk-Gästen.
    Sandra Maischberger (M.) mit ihren Talk-Gästen. © WDR | Max Kohr

    Dass Spitzenpolitiker aus der ersten Reihe fehlen, muss nicht per se schlecht sein. Oft finden schließlich die, die keine Ämter mehr bekleiden, die deutlichsten Worte. Ein Friedrich Merz hätte die Stimmungslage in der Union ganz sicher pointierter zusammengefasst als es NRW-Staatssekretärin Serap Güler tat. Die fiel vor allem durch schräge Vergleiche auf. Dass die SPD ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen lasse, sei undemokratisch. Dass die Union dafür einen Parteitag einberufe – also deutlich weniger Mitglieder befrage – sei hingegen ok.

    SPD-Urgestein rettet den Talk

    Was bleibt also von dieser Maischberger-Sendung? Am ehesten der couragierte Auftritt von Rudolf Dressler, der auf die Parteiführung in Berlin keine Rücksicht nehmen muss. Die SPD-Spitze habe komplett versagt, nicht nur

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    Die Partei hätte stärker auf eine Minderheitsregierung drängen sollen, der Koalitionsvertrag sei vage und ungenau.

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    bringe der SPD nichts, da der Koalitionsvertrag genau festlege, wofür das Geld ausgegeben werde – etwa für die Mütterrente. „Das ist einem Sozialdemokraten nicht zu vermitteln“, so Dressler. Solch einer Regierung könne er nicht zustimmen.

    Man muss die staatsgläubigen Positionen des ehemaligen Sozialpolitikers nicht teilen. Aber immerhin argumentierte er – anders als sein Parteifreund Stephan Weil – mit Leidenschaft und einem klaren Kompass. Zumindest mit diesem Gast lag Sandra Maischberger richtig.