Berlin. Maybrit Illner widmete sich dem Fall Dieter Wedel. Warum wurden die sexuellen Übergriffe erst jetzt publik, fragte sie in die Runde.

Die #MeToo-Debatte ist dabei, die westlichen Gesellschaften zu verändern: In vielen Ländern begehren Frauen gegen sexuelle Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung auf. Ausgelöst durch den Skandal um den US-Produzenten Harvey Weinstein, hat die Diskussion spätestens mit den Vorwürfen gegen den

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auch Deutschland erreicht.

Dem Thema widmete sich am Donnerstagabend auch Maybrit Illner. Warum erst jetzt? Wer hätte einschreiten können? Und was folgt daraus? Diese Fragen stellte die Gastgeberin ihrer Runde.

Die Betroffene

In der Diskussion berichtete Patricia Thielemann von ihrer Geschichte. „Ich habe mich damals nicht getraut, weil mir ohnehin niemand geglaubt hätte“, sagte die frühere Schauspielerin, die Wedel vorwirft, sie 1991 sexuell belästig zu haben. „Ich wäre gerne mutiger gewesen, aber die Umstände haben das verhindert.“ Nun aber sei sie unabhängig und wolle den anderen Betroffenen beistehen und dazu beitragen, dass sich etwas verändert.

Zugleich kritisierte Thielemann, dass sie in der Öffentlichkeit angefeindet werde. „Wir haben so viel Gegenwind erhalten.“ Die Frauen seien regelrecht an den Pranger gestellt worden. Dabei sei es wichtig, dass die Diskussion anhand von konkreten Fällen geführt werde.

Dieter Wedel und seine Filme

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    Der Enthüller

    Das brachte die Diskussion auf die Frage, ob die Veröffentlichung der Anschuldigungen gegen Wedel durch die Wochenzeitung Zeit richtig war. „Wir haben sieben Fälle recherchiert und Kenntnis von 22 Fällen“, sagte dazu Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Auch habe man mit insgesamt 160 weiteren Personen gesprochen. Am Ende sei man zu dem Schluss gelangt, dass die Zeuginnen glaubhaft seien.

    Di Lorenzo hob in diesem Zusammenhang auch hervor, dass die Zeit im Fall Kachelmann auf der Seite des Angeklagten gestanden habe. „Dieser Fall lag ganz anders.“

    Die Skeptikerin

    Kritik an der Veröffentlichung kam von Svenja Flaßpöhler. „Im öffentlichen Raum entsteht ein Gerichtssaal“, sagte die Chefredakteurin des Philosophie Magazins. Die Gesellschaft müsse Richter spielen, obwohl sie nicht genügend wisse. Schließlich sei unklar, ob die Anschuldigungen stimmen. Auch stelle sich die Frage, ob der Fall Wedel wirklich exemplarisch für die Zustände in der Gesellschaft stehen.

    Zugleich kritisierte Flaßpöhler, dass Frauen in der

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    ständig zu wehrlosen, passiven Akteuren degradiert würden. „Man muss Frauen in die Selbstermächtigung bringen“, forderte sie. Schließlich sei es in vielen Situationen möglich, sich zu wehren. Auch müsse stärker differenziert werden, etwas zwischen einer unerwünschten Anmache und sexuellen Übergriffen. „Sonst verlieren wir in der Gesellschaft Freiheit.“

    Das große Bild im Blick behalten

    Diese Ansichten teilte Anne Wizorek nicht. „Ich weiß nicht, wie man aktuell noch glauben kann, dass er unschuldig ist“, sagte Wizorek unter Verweis auf die vielen Zeuginnen, die Wedel Belästigung vorwerfen. Auch sei

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    als Spektrum zu begreifen. „Das reale Ausmaß ist uns als Gesellschaft noch nicht klar.“

    In diesem Zusammenhang warnte Wizorek auch davor, wegen der prominenten Einzelfälle grundsätzliche strukturelle Probleme aus dem Blick zu verlieren. Sexuelle Übergriffe gegen Frauen seien weit verbreitet, die Dunkelziffer sei hoch.

    Welche Schuld trifft die Branche?

    Doch wieso haben so viele Menschen, die zumindest indirekt über Wedel Bescheid gewusst haben sollen, geschwiegen? „Es gab einen falschen Geniekult um Dieter Wedel“, versuchte sich der Produzent Benjamin Benedict an einer Erklärung. Womöglich sei ihm deswegen ein solches Verhalten zugestanden worden. „Es gab kein Korrektiv.“

    Bei den Öffentlich-Rechtlichen hätte man allerdings etwas ahnen können. Das gilt insbesondere für den saarländischen Rundfunk, aber auch für das ZDF, das Wedel-Produktionen beauftragte. „Uns ist damals nichts zu Ohren gekommen“, sagte allerdings der heutige ZDF-Intendant Thomas Bellut. Derzeit prüfe man die Archive, sei aber noch nicht fündig geworden. „Der Bereich der Produktion war unbeobachtet“, räumte Bellut aber ein. Das müsse jetzt anders gehandhabt werden.

    Die Golden Globes ganz in Schwarz

    Die Golden Globes standen dieses Jahr ganz im Zeichen selbstbewusster Schauspielerinnen, die sich von Sexismus-Skandalen und erpresserischen Produzenten wie Harvey Weinstein und anderen Hollywood-Größen nicht unterkriegen lassen wollen. Hier sind Laura Dern, Nicole Kidman, Zoe Kravitz, Reese Witherspoon und Shailene Woodley zu sehen.
    Die Golden Globes standen dieses Jahr ganz im Zeichen selbstbewusster Schauspielerinnen, die sich von Sexismus-Skandalen und erpresserischen Produzenten wie Harvey Weinstein und anderen Hollywood-Größen nicht unterkriegen lassen wollen. Hier sind Laura Dern, Nicole Kidman, Zoe Kravitz, Reese Witherspoon und Shailene Woodley zu sehen. © REUTERS | LUCY NICHOLSON
    Wer sich bei den Golden Globes solidarisch mit der #MeToo-Bewegung zeigen wollte, kam in Schwarz. Der Eleganz tat dies keinen Abbruch. Stolze Gewinnerinnen der Golden Globes (v. l. nach r.): Laura Dern, Nicole Kidman, Zoe Kravitz, Reese Witherspoon und Shailene Woodley, die Awards für die Serie
    Wer sich bei den Golden Globes solidarisch mit der #MeToo-Bewegung zeigen wollte, kam in Schwarz. Der Eleganz tat dies keinen Abbruch. Stolze Gewinnerinnen der Golden Globes (v. l. nach r.): Laura Dern, Nicole Kidman, Zoe Kravitz, Reese Witherspoon und Shailene Woodley, die Awards für die Serie "Big Little Lies“ gewannen. © REUTERS | LUCY NICHOLSON
    Strahlende Gewinner aus Deutschland: Diane Kruger (l.) und Fatih Akin gewinnen eine Auszeichnung für den besten nicht-englischsprachigen Film „Aus dem Nichts“. Der Film beschäftigt sich mit der Mordserie des NSU. Die Geehrten dürfen auch auf einen Oscar hoffen, der Film ist noch im Rennen in der Kategorie „nicht-englischsprachiger Film“.
    Strahlende Gewinner aus Deutschland: Diane Kruger (l.) und Fatih Akin gewinnen eine Auszeichnung für den besten nicht-englischsprachigen Film „Aus dem Nichts“. Der Film beschäftigt sich mit der Mordserie des NSU. Die Geehrten dürfen auch auf einen Oscar hoffen, der Film ist noch im Rennen in der Kategorie „nicht-englischsprachiger Film“. © REUTERS | LUCY NICHOLSON
    Fatih Akin bedankt sich überschwänglich.
    Fatih Akin bedankt sich überschwänglich. © REUTERS | HANDOUT
    Angelina Jolie zeigte sich auf dem rotem Teppich mit Sohnemann Pax Thien Jolie-Pitt.
    Angelina Jolie zeigte sich auf dem rotem Teppich mit Sohnemann Pax Thien Jolie-Pitt. © Getty Images | Frazer Harrison
    Später stand sie mit der französischen Schauspielerin Isabelle Huppert auf der Bühne.
    Später stand sie mit der französischen Schauspielerin Isabelle Huppert auf der Bühne. © NBCUniversal via Getty Images | Handout
    Auch die deutsche Schauspielerin Veronica Ferres mischte sich unter die Gäste und kam in Schwarz.
    Auch die deutsche Schauspielerin Veronica Ferres mischte sich unter die Gäste und kam in Schwarz. © Getty Images | Frazer Harrison
    Ausgezeichnet wurde Gary Oldman für seine Rolle in dem Drama „Darkest Hour“. Der Brite kam wie seine weiblichen Kolleginnen in schwarz.
    Ausgezeichnet wurde Gary Oldman für seine Rolle in dem Drama „Darkest Hour“. Der Brite kam wie seine weiblichen Kolleginnen in schwarz. © Getty Images | Kevin Winter
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    Den Golden Globe gab es auch für Elisabeth Moss für ihre Rolle in „The Handmaid’s Tale – Der Report der Magd“. © Getty Images | Greg Doherty
    Belohnt wurde Sterling K. Brown als bester Schauspieler in der TV-Serie „This is us“.
    Belohnt wurde Sterling K. Brown als bester Schauspieler in der TV-Serie „This is us“. © dpa | Paul Drinkwater
    Ganz in Schwarz: Die erste Riege der Hollywood-Schauspieler und Schauspielerinnen hatten sich zuvor darauf geeinigt, mit der Farbe Schwarz ein Zeichen gegen Sexismus zu setzen. Nahezu alle folgten dem Aufruf. Hier sind Reese Witherspoon, Eva Longoria, Salma Hayek and Ashley Judd (v. links) zu sehen.
    Ganz in Schwarz: Die erste Riege der Hollywood-Schauspieler und Schauspielerinnen hatten sich zuvor darauf geeinigt, mit der Farbe Schwarz ein Zeichen gegen Sexismus zu setzen. Nahezu alle folgten dem Aufruf. Hier sind Reese Witherspoon, Eva Longoria, Salma Hayek and Ashley Judd (v. links) zu sehen. © Getty Images | Frederick M. Brown
    Aziz Ansari (Mitte) wurde für seine Serie „Master of None“ ausgezeichnet, in der er sowohl die Hauptrolle spielt als auch als Produzent fungiert. Mit ihm freuen sich Emilia Clarke und Kit Harington, bekannt aus „Game of Thrones“.
    Aziz Ansari (Mitte) wurde für seine Serie „Master of None“ ausgezeichnet, in der er sowohl die Hauptrolle spielt als auch als Produzent fungiert. Mit ihm freuen sich Emilia Clarke und Kit Harington, bekannt aus „Game of Thrones“. © Getty Images | Kevin Winter
    Viele Schauspielerinnen luden Aktivistinnen der Bewegung ein, so etwa Susan Sarandon, die mit Rosa Clemente kam. Clemente bezeichnete sich selbst als „Mutter, politische Kommentatorin, Hip-Hop-Aktivistin“.
    Viele Schauspielerinnen luden Aktivistinnen der Bewegung ein, so etwa Susan Sarandon, die mit Rosa Clemente kam. Clemente bezeichnete sich selbst als „Mutter, politische Kommentatorin, Hip-Hop-Aktivistin“. © Getty Images | Frazer Harrison
    Tarana Burke (l.) twitterte als Erste unter dem Hashtag #metoo, hier ist sie an der Seite der Schauspielerin Michelle Williams zu sehen.
    Tarana Burke (l.) twitterte als Erste unter dem Hashtag #metoo, hier ist sie an der Seite der Schauspielerin Michelle Williams zu sehen. © Getty Images | Frazer Harrison
    Aktivistin Marai Larasi (l.) und Schauspielerin Emma Watson posieren vor der Verleihung für die Kameras.
    Aktivistin Marai Larasi (l.) und Schauspielerin Emma Watson posieren vor der Verleihung für die Kameras. © Getty Images | Frazer Harrison
    Schauspielerin Meryl Streep und die Chefin der National Domestic Workers Alliance, Ai-jen Poo, die sich für die Rechte von Arbeitnehmerinnen in der Care-Arbeit einsetzt.
    Schauspielerin Meryl Streep und die Chefin der National Domestic Workers Alliance, Ai-jen Poo, die sich für die Rechte von Arbeitnehmerinnen in der Care-Arbeit einsetzt. © Getty Images | Frazer Harrison
    Gewinnerin Saoirse Ronan bedankt sich für die Auszeichnung für ihre Rolle in „Lady Bird“.
    Gewinnerin Saoirse Ronan bedankt sich für die Auszeichnung für ihre Rolle in „Lady Bird“. © NBCUniversal via Getty Images | Handout
    Schauspielerin und Autorin Greta Gerwig erhielt einen Globe für ihre Musical-Komödie „Lady Bird
    Schauspielerin und Autorin Greta Gerwig erhielt einen Globe für ihre Musical-Komödie „Lady Bird". © NBCUniversal via Getty Images | Handout
    Salma Hayek Pinault.
    Salma Hayek Pinault. © REUTERS | HANDOUT
    Auch „Wonder Woman“ ist gekommen: Gal Gadot hat ihren Ehemann Yaron Versano mitgebracht.
    Auch „Wonder Woman“ ist gekommen: Gal Gadot hat ihren Ehemann Yaron Versano mitgebracht. © Getty Images | Frazer Harrison
    Schauspielerin Viola Davis (bekannt u.a. aus „How to Get Away with Murder“) posiert für die Presse.
    Schauspielerin Viola Davis (bekannt u.a. aus „How to Get Away with Murder“) posiert für die Presse. © Getty Images | Frazer Harrison
    Ewan McGregor bedankt sich für den Award, den er für seine Rolle in „Fargo“ erhielt.
    Ewan McGregor bedankt sich für den Award, den er für seine Rolle in „Fargo“ erhielt. © NBCUniversal via Getty Images | Handout
    Society-Sternchen Paris Hilton kam zur Aftershow-Party.
    Society-Sternchen Paris Hilton kam zur Aftershow-Party. © REUTERS | MARIO ANZUONI
    Last but not least wurde Moderatorin und Schauspielerin Oprah Winfrey mit dem Cecil B. Demille Award geehrt, eine Auszeichnung, die das Lebenswerk von Filmschaffenden würdigt.
    Last but not least wurde Moderatorin und Schauspielerin Oprah Winfrey mit dem Cecil B. Demille Award geehrt, eine Auszeichnung, die das Lebenswerk von Filmschaffenden würdigt. © REUTERS | HANDOUT
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    Das Fazit

    Diese Ausgabe von Maybrit Illner konnte sich sehen lassen. Schließlich kamen hier viele unterschiedliche Perspektiven zum Fall Wedel zur Sprache. Obendrein gelang sogar die Verknüpfung mit der allgemeineren #MeToo-Debatte. Gut so!

    Am Ende blieb die Frage, ob die Enthüllungen wie von Thielemann erhofft etwas verändern werden. Die Zeichen stehen gut: Die Gesellschaft ist sensibilisiert, auch dürften sich viele Betroffene bestärkt fühlen, gegen das Unrecht aufzubegehren. Das bedeutet aber nicht, dass alle Probleme gelöst sind. Wäre ein Fall wie der von Dieter Wedel heute unmöglich? „Ich weiß es nicht, man kann nie sicher sein“, sagte Thomas Bellut dazu in aller Offenheit.

    Zur Ausgabe von „Maybrit Illner“ in der ZDF-Mediathek