Amtsleiter halten Abbau von Personal und Service für unvermeidlich. Sieben funktionstüchtige Bezirksämter sollen erhalten bleiben.

Hamburg. Neun Seiten ist das Dokument lang, aber auf diesen neun Seiten sind nur ganze zwei Wörter unterstrichen: "sieben funktionstüchtige". Sieben funktionstüchtige Bezirksämter wolle man erhalten, dann werde man die Schuldenbremse mittragen, schreiben Hamburgs Bezirksamtsleiter.

Sie haben jetzt ein "Projekt" gegründet, das eng mit der Finanzbehörde abgestimmt ist und den Weg weist, wie die Bezirke ihrer finanziellen Not entkommen wollen und was dabei auf die Bürger zukommen könnte. Und auch wenn in der "Projekteinsetzungsverfügung" nicht von einer Drohung seitens des Senats die Rede ist, muss die Zahl der Bezirksämter wohl ein Thema gewesen sein - sonst hätten die Amtsleiter kaum das Wort "sieben" so demonstrativ hervorgehoben.

Darum geht es: Mit Blick auf die Schuldenbremse, die er 2019 einhalten will, hat der SPD-Senat den Bezirken genau vorgegeben, mit wie viel Geld sie in den Jahren 2013 bis 2017 rechnen können. 2013 bekommen alle Bezirke zusammen 445 Millionen Euro, 2014 sind es 449 Millionen. Das sind zwar gut 30 Millionen mehr als noch 2012, aber im Gegenzug sind auch die Anforderungen an die Bezirke gestiegen, etwa bei den Amtsvormundschaften, bei der Wohngeldauszahlung und bei den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD), die sich um Familien in Not kümmern.

Nach Darstellung der Bezirksamtsleiter werden die Ausgaben daher um sechs bis zehn Prozent oberhalb des zur Verfügung stehenden Betrags liegen. Es geht also um 25 bis 45 Millionen Euro, die eingespart werden müssen. Das Volumen sei "zu hoch, um die gesetzten Ziele mit den bisherigen Maßnahmen zu erreichen", heißt es in dem Papier, das dem Abendblatt vorliegt.

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Daher wollen die Bezirke verstärkt prüfen, welche Aufgaben noch zusammengelegt werden können. Schon jetzt ist beispielsweise Eimsbüttel federführend bei der Gerichtshilfe und Harburg beim Thema Wälder. Daneben sind weitere mögliche Maßnahmen genannt, die die Bürger direkt betreffen könnten:

- "Personalabbau ohne Aufgabenänderung": Könnte zur Folge haben, dass Bauanträge, Personalausweise oder sonstige Genehmigungen langsamer bearbeitet werden;

- "Aufgabenkritik": Würde bedeuten, dass Angebote eingestellt werden;

- "Standardabsenkungen": Leistungen werden nur eingeschränkt erhalten;

- "Ausdünnung oder Abbau von Sprechzeitenangeboten";

- "Erhöhung der Leitungsspanne": mehr Mitarbeiter pro Führungskraft;

- "Verlagerung von Aufgaben auf Stellen außerhalb der Bezirksämter";

- "Rückzug aus der Fläche": Dabei geht es um die Schließung von Kundenzentren wie zuletzt in Stellingen. Nach Aussage eines Bezirksamtsleiters wolle man das möglichst verhindern.

Das "Projekt" läuft zunächst bis September 2014 und wird mit bis zu zehn Mitarbeitern ausgestattet. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn die Beschlüsse dürften einen kräftigen Personalabbau zur Folge haben - schließlich geben die Bezirke 85 Prozent ihres Geldes für Personal aus.

Die Gewerkschaften Ver.di und dbb (Beamtenbund) befürchten den Abbau von 500 bis 600 der noch knapp 7000 Stellen. "Ich verstehe ja, dass die Bezirksamtsleiter Lösungen finden müssen", sagt Ver.di-Expertin Sieglinde Frieß. "Aber Personabbau ist der falsche Weg, und Standardabsenkungen wären für die Bürger eine Katastrophe."