Berlin/München. Hersteller sollen ältere Dieselautos nachrüsten, um Fahrverbote zu vermeiden. DHL setzt auf abgasfreie Fahrzeuge für Paketzustellung.

Fast schon verzweifelt bemühen sich Politik und Autoindustrie um neues Vertrauen in den Diesel. Denn die für die Hersteller und auch die deutsche Klimabilanz wichtige Technologie ist mittlerweile so weit in Verruf geraten, dass die Zukunft des Diesels zumindest teilweise infrage gestellt ist. Sinkende Absatzzahlen, fallende Wiederverkaufswerte – die Folgen des VW-Skandals haben auch die Verbraucher längst erreicht.

So rät der ADAC potenziellen Kaufinteressenten derzeit von der Anschaffung eines neuen Dieselautos ab. Der Automobilclub empfiehlt, den Herbst abzuwarten. Dann kommen Neuwagen mit einer verbesserten Abgasreinigung nach der Euro-6-Norm auf den Markt.

Drohende Fahrverbote verunsichern Verbraucher

Verunsichert sind die Verbraucher auch durch drohende Fahrverbote in den Städten. Denn die Feinstaubbelastung ist vielerorts zu hoch. Und dafür sind Diesel mitverantwortlich. In Stuttgart wird es dazu kommen. Auch in München könnten ältere Diesel aus dem Verkehr verbannt werden. Das bayerische Verwaltungsgericht hat in diesem März angeordnet, Fahrverbote vorzubereiten. Das Problem einer zu hohen Schadstoffbelastung kennen jedoch noch viele andere Städte, sodass dies auch anderswo drohen könnte.

Die bayerische Landesregierung versucht jetzt den Alleingang und will gemeinsam mit den im Lande ansässigen Produzenten BMW und Audi etwas tun. Beide Seiten vereinbarten nun eine Nachrüstung älterer Fahrzeuge, den Einsatz modernster Dieseltechnologie, die Förderung alternativer Antriebe sowie des öffentlichen Nahverkehrs. Es gelte, „pauschale Fahrverbote in Innenstädten zu vermeiden“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Seine Wirtschaftsministerin Ilse Aigner verspricht sich davon eine „vertrauensbildende Maßnahme“.

In Deutschland sind fast sechs Millionen ältere Diesel unterwegs

Die Details sind noch nicht klar, vor allem, wenn es um die Finanzierung der Nachrüstung geht. Bei BMW geht es um rund 700.000 Fahrzeuge der Euro-5-Norm, von denen die Hälfte in die Werkstätten gerufen werden soll. In ganz Deutschland sind von allen Herstellern zusammengenommen fast sechs Millionen ältere Diesel unterwegs.

Die Software für die Updates veranschlagen Experten mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Dazu kommen noch rund 300 Euro für die Arbeiten in der Werkstatt. Aigner will, dass die Fahrzeugbesitzer nichts für die Nachrüstung zahlen müssen. Konkret geklärt ist diese Frage aber wohl noch nicht. Für Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sind Fahrverbote dennoch „nicht vom Tisch“.

Auch die Bundesregierung will aktiv an der Verminderung der Schadstoffbelastung mitwirken. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und ihr Kollege Alexander Dobrindt (CSU) aus dem Verkehrsressort haben die Initiative „Nationales Forum Diesel“ ins Leben gerufen. Zusammen mit der Industrie sollen Wege zur Verminderung der Abgasbelastung gefunden werden.

Auch Lkw-Bauer MAN setzt auf Elektrolaster

Scharfe Kritik am bayerischen Vorgehen äußert der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Nicht der Schutz der Menschen steht im Vordergrund, sondern der Schutz der Industrie“, sagt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Referent des VCD. Es sei unklar, welche Schadstoffminderung eine Nachrüstung erreiche.

Streit gibt es auch um ein Gutachten des bayerischen Verwaltungsgerichtes zur Belastung der Münchener Luft mit Stickstoffdioxid. Es hätte an diesem Donnerstag veröffentlicht werden müssen. Seehofer wolle es unter Verschluss halten, warf die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dem Ministerpräsidenten vor. Sollte er das Gutachten nicht veröffentlichen, werde noch am Freitag ein Zwangsgeld beantragt, kündigte DUH-Chef Jürgen Resch an.

DHL testet elektrische Fahrzeuge für die Paketzustellung

Wie die Zukunft der Mobilität aussehen könnte, zeigt derweil die Deutsche Post mit ihrer Paketsparte DHL. Das Unternehmen baut selbst elektrisch angetriebene Zustellfahrzeuge in einem Werk in Aachen. In Berlin werden ab sofort 40 dieser StreetScooter für die Paketverteilung eingesetzt. Post-Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) stellten die Fahrzeuge am Donnerstag vor. Damit würden in weiten Teilen der Hauptstadt Pakete leise und emissionsfrei zugestellt, hieß es. Die Fahrzeuge sind schon in anderen deutschen Städten unterwegs. Das Unternehmen will seine Flotte komplett umstellen und bis zur Mitte des Jahrhunderts die in der Logistik anfallenden CO2-Emissionen auf null senken.

Auf elektrische Antriebe setzt auch der Lkw-Hersteller MAN. Im Liefer- und Nahverkehr liege dort die Zukunft, sagte Chef Joachim Drees: „Öffentliche Verkehrsmittel, am besten mit Elektromotor angetrieben, spielen für uns die entscheidende Rolle zur Bewältigung städtischer Verkehrsprobleme.“