Berlin. Rewe stand wegen Plastikverpackungen immer wieder in der Kritik. Eine Unterschriftenaktion fordert nun Verbesserungen bei Bioprodukten.

Aktivisten haben am Mittwoch eine Liste mit mehr als 190.000 Unterschriften an den Rewe-Konzern übergeben. Die Forderung hinter der Aktion: Die Supermarktkette soll Bio-Lebensmittel nicht weiter unnötig verpacken.

Das Anliegen der Unterschriftenaktion auf der Plattform change.org richtet sich gegen die übermäßige Müllproduktion. Weltweit werden laut der Naturschutzorganisation BUND bis zu 250 Millionen Tonnen Plastik hergestellt – pro Jahr. Allein in Deutschland sind es 11,7 Millionen Tonnen Plastikmüll.

Aktivisten wollen Veränderungen, keinen Boykott

Der Rewe-Konzern stand bisher immer wieder im Fokus, weil er sich selbst einen ökologisch wertvolles Image verpassen wollte. So betreibt Rewe mit der Marke Temma eine eigene Kette von Biomärkten. Zudem finden sich im Sortiment der Rewe-Märkte viele Bio-Lebensmittel – vor allem Obst und Gemüse.

Genau das ist auch der Grund dafür, dass die Initiatorin der Unterschriftenaktion auch nicht zum Boykott des Supermarktes aufruft, sondern Verbesserungen fordert. „Ich kaufe sehr gerne bei Rewe ein. Auch Obst und Gemüse, da es ein schmackhaftes Angebot an Bio-Produkten gibt“, schreibt Andrea Bandelow in dem Aufruf, dem bis Mittwochnachmittag fast 195.000 Menschen gefolgt sind.

So landet Plastikmüll in der Umwelt

Dieser Igel kämpft mit einem Plastikring, in dem Getränkedosen transportiert werden können. Bis zu 250 Millionen Tonnen Plastik werden jährlich weltweit hergestellt. Viel davon landet in der Umwelt. Mit fatalen Folgen.
Dieser Igel kämpft mit einem Plastikring, in dem Getränkedosen transportiert werden können. Bis zu 250 Millionen Tonnen Plastik werden jährlich weltweit hergestellt. Viel davon landet in der Umwelt. Mit fatalen Folgen. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Selbst Pinguine bleiben in den Dosenhaltern stecken.
Selbst Pinguine bleiben in den Dosenhaltern stecken. © imago stock&people | imago stock&people
An diesem Strand in Indien sucht ein Hund in Abällen nach Fressbarem.
An diesem Strand in Indien sucht ein Hund in Abällen nach Fressbarem. © imago stock&people | imago stock&people
Tiere verheddern sich in Plastikteilen ...
Tiere verheddern sich in Plastikteilen ... © imago/Bluegreen Pictures | imago stock&people
... oder verschlucken sie, weil sie den Kunststoff für Futter halten.
... oder verschlucken sie, weil sie den Kunststoff für Futter halten. © imago/blickwinkel | imago stock&people
Überall auf der Welt sind die Folgen der Kunststoffgesellschaft zu sehen. Selbst Trauminseln wie Hawaii sind längst mit Plastik vermüllt.
Überall auf der Welt sind die Folgen der Kunststoffgesellschaft zu sehen. Selbst Trauminseln wie Hawaii sind längst mit Plastik vermüllt. © imago/All Canada Photos | imago stock&people
Wie diesem Albatross ergeht es Millionen von Tieren, weil in ihren Mägen das unverdaubare Plastik liegen bleibt und sie somit verhungern.
Wie diesem Albatross ergeht es Millionen von Tieren, weil in ihren Mägen das unverdaubare Plastik liegen bleibt und sie somit verhungern. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Ein Wal aus Plastik und Müll: Diese Installation stammt von der Umweltaktivistengruppe Greenpeace – „gestrandet“ an der Manilabucht in der philippinischen Provinz Cavite.
Ein Wal aus Plastik und Müll: Diese Installation stammt von der Umweltaktivistengruppe Greenpeace – „gestrandet“ an der Manilabucht in der philippinischen Provinz Cavite. © REUTERS | Erik de Castro
Das norwegische Universitätsmuseum in Bergen zeigt in einer Ausstellung große Mengen Plastik aus dem Magen eines Wals. Das sechs Meter lange Tier war im Januar an der norwegischen Westküste bei Sotra gestrandet und musste getötet werden. Im Magen des Tieres waren mehr als 30 Plastiktüten und andere Gegenstände aus Kunststoff. Der Darm hingegen war leer, der Wal war am Verhungern. Das Plastik hatte vermutlich einen Pfropfen im Magen gebildet.
Das norwegische Universitätsmuseum in Bergen zeigt in einer Ausstellung große Mengen Plastik aus dem Magen eines Wals. Das sechs Meter lange Tier war im Januar an der norwegischen Westküste bei Sotra gestrandet und musste getötet werden. Im Magen des Tieres waren mehr als 30 Plastiktüten und andere Gegenstände aus Kunststoff. Der Darm hingegen war leer, der Wal war am Verhungern. Das Plastik hatte vermutlich einen Pfropfen im Magen gebildet. © dpa | Siri Skretting Jansen
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Die Gründe für die Plastikverpackungen

Dass Supermärkte paradoxer Weise auch Bio-Gemüse in Plastik einpacken hat mehrere Gründe. Thomas Bonrath, Sprecher von Rewe, erklärte gegenüber unserer Redaktion: „Unter anderem weil sie die Produkte während des Transports und der Lagerung gut vor äußeren Einwirkungen schützen.“

Ein weiterer Grund: die Durchführungsbestimmungen der EU zu ökologischen Produkten. Diese sieht unter Artikel 26 nämlich vor, dass ökologische und konventionelle Produkte in keinem Fall vermischt werden dürften und stets voneinander zu unterscheiden seien. Deshalb werden Bio-Obst und Bio-Gemüse verpackt und mit Aufschriften versehen.

Luftverpackung: Große Tüte, wenig Inhalt

„Jede Menge Luft nach oben“: Unter diesem Motto deckten die Verbraucherzentrale Hamburg und das Eichamt Fellbach Ende 2016 auf, wie Lebensmittel- und Kosmetikindustrie die Verbraucher täuschen. Bei Kosmetika fielen den Verbraucherschützern vor allem doppelte Böden und dicke Wandungen auf.
„Jede Menge Luft nach oben“: Unter diesem Motto deckten die Verbraucherzentrale Hamburg und das Eichamt Fellbach Ende 2016 auf, wie Lebensmittel- und Kosmetikindustrie die Verbraucher täuschen. Bei Kosmetika fielen den Verbraucherschützern vor allem doppelte Böden und dicke Wandungen auf. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Mit Hilfe von Röntgenbildern zeigen die Verbraucherschützer, das Lebensmittelpackungen durchschnittlich 40 Prozent Luft enthalten. Die Packung „Risotto Porcino di stagione“ von Scotti ist fast zur Hälfte (49 Prozent) mit Luft gefüllt.
Mit Hilfe von Röntgenbildern zeigen die Verbraucherschützer, das Lebensmittelpackungen durchschnittlich 40 Prozent Luft enthalten. Die Packung „Risotto Porcino di stagione“ von Scotti ist fast zur Hälfte (49 Prozent) mit Luft gefüllt. © Verbraucherzentrale Hamburg | Montage: fmg
Zusammen mit dem Risotto landet die Verpackung von „Kellogg’s Frosties“ auf dem Spitzenplatz der geprüften Mogelpackungen.
Zusammen mit dem Risotto landet die Verpackung von „Kellogg’s Frosties“ auf dem Spitzenplatz der geprüften Mogelpackungen. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
49 Prozent Luftanteil stellt das Eichamt bei den Frühstücksflocken fest.
49 Prozent Luftanteil stellt das Eichamt bei den Frühstücksflocken fest. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Nur knapp dahinter landet mit 45 Prozent Luftanteil das „Knusper Früchte-Müsli“ von Netto.
Nur knapp dahinter landet mit 45 Prozent Luftanteil das „Knusper Früchte-Müsli“ von Netto. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die „Skittles“ fallen doppelt negativ auf.
Die „Skittles“ fallen doppelt negativ auf. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die Packung enthält nicht nur ziemlich viel Luft, sondern auch unnötig viel Plastik, weil die Bonbons noch einmal zusätzlich in kleinen Tütchen verpackt sind.
Die Packung enthält nicht nur ziemlich viel Luft, sondern auch unnötig viel Plastik, weil die Bonbons noch einmal zusätzlich in kleinen Tütchen verpackt sind. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Der Protein-Drink „Pink Flash“ von Veganz enthält immerhin 29 Prozent Luft.
Der Protein-Drink „Pink Flash“ von Veganz enthält immerhin 29 Prozent Luft. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die Röntgenaufnahme des Veganz-Protein-Drinks zeigt: Es ist noch Luft nach oben.
Die Röntgenaufnahme des Veganz-Protein-Drinks zeigt: Es ist noch Luft nach oben. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
140 Gramm Salzlakritz sind verhältnismäßig wenig.
140 Gramm Salzlakritz sind verhältnismäßig wenig. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Wie wenig tatsächlich in der Verpackung der „Salz Pastillen“ von Heksehyl enthalten ist, zeigt die Röntgenaufnahme.
Wie wenig tatsächlich in der Verpackung der „Salz Pastillen“ von Heksehyl enthalten ist, zeigt die Röntgenaufnahme. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Auch die Packung Cantuccini „I Morbidi“ von Ghiott könnte besser gefüllt sein.
Auch die Packung Cantuccini „I Morbidi“ von Ghiott könnte besser gefüllt sein. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
39 Prozent Luftanteil stellten die Verbraucherschützer bei der Kontrolle des italienischen Gebäcks fest.
39 Prozent Luftanteil stellten die Verbraucherschützer bei der Kontrolle des italienischen Gebäcks fest. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Auch die Verpackung „Hütten Schmaus“ von Knorr haben das Eichamt Fellbach und die Verbraucherzentrale Hamburg unter die Lupe genommen.
Auch die Verpackung „Hütten Schmaus“ von Knorr haben das Eichamt Fellbach und die Verbraucherzentrale Hamburg unter die Lupe genommen. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
44 Prozent Luftanteil wurde beim „Hütten Schmaus“ bei der Untersuchung festgestellt.
44 Prozent Luftanteil wurde beim „Hütten Schmaus“ bei der Untersuchung festgestellt. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Was bei normalen Mehl-Verpackungen keinerlei Probleme bereitet, scheint beim Falafel-Mehl der Bio-Zentrale nicht möglich.
Was bei normalen Mehl-Verpackungen keinerlei Probleme bereitet, scheint beim Falafel-Mehl der Bio-Zentrale nicht möglich. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Statt die Tüte vollständig zu füllen, gesellt sich zum Falafel-Mehl 42 Prozent Luft.
Statt die Tüte vollständig zu füllen, gesellt sich zum Falafel-Mehl 42 Prozent Luft. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Den Spitzenplatz der Mogelpackungen nimmt bei den Kosmetika die „Augenpflege Nacht“ von Biocura ein.
Den Spitzenplatz der Mogelpackungen nimmt bei den Kosmetika die „Augenpflege Nacht“ von Biocura ein. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg liegt der Luftanteil bei 68 Prozent.
Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg liegt der Luftanteil bei 68 Prozent. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
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Rewe experimentiert mit Lasern

Auf Bio-Gemüse von Rewe waren zuletzt Laseraufdrucke zu sehen.
Auf Bio-Gemüse von Rewe waren zuletzt Laseraufdrucke zu sehen. © Rewe | Fotostudio

Die Rewe-Group hatte zuletzt einen Alternativweg beschritten. In Rewe- und Penny-Märkten hat man mit Laseraufdrucken auf Avocados und Süßkartoffeln experimentiert. Die Ergebnisse sind noch nicht ausgewertet. Geht es nach den Aktivisten hinter der aktuellen Unterschriftenaktion, sollten die Verpackungen jedoch nicht nur von zwei, sondern von allen Bio-Produkten verschwinden.

Der deutsche Einzelhandel steht seit langem wegen unnötiger Verpackungen in der Kritik. Ein Test-Einkauf unserer Redaktion im vergangenen Jahr hatte gezeigt, dass selbst Produkte, die natürlich geschützt sind, in Supermärkten auch verpackt angeboten werden. Kuriose Beispiele waren etwa Orangen, hartgekochte Eier und immer wieder Bananen.