Berlin. Richard Gere ist mit seinem Film „The Dinner“ zurück im Kino. Ein Gespräch über schwarze Momente im Leben und das Gute im Menschen.

In einer perfekten Welt wäre Richard Gere der Präsident, denkt man, als der 67-Jährige zum Pressegespräch die Suite des Berliner Hotels „The Regent“ betritt. Das Haar altersangemessen weiß und schütter, die Augen hinter der randlosen Brille klug und gütig, der Gestus staatstragend, die Worte mit Bedacht gewählt und in entschleunigtem Tempo vorgetragen. Alles klingt ganz wunderbar, auch wenn man anschließend oft gar nicht genau weiß, was er da eigentlich gesagt hat.

Der Hollywoodstar ist gekommen, um über seinen neuen Film „The Dinner“ (aktuell im Kino) zu reden, und da spielt er dann auch einen Politiker, aber einen der oberflächlichen, durchtriebenen Sorte. „Ich hätte diese Rolle nicht angenommen, wenn sich dieses Klischee nicht im Laufe des Films brechen würde“, sagt Gere. „Meine Figur entpuppt sich als komplexe Person.“ Es ist keine Hauptrolle. In Oren Movermans Adaption des Romans „Angerichtet“ vom holländischen Autor Herman Koch muss er sich die Spielzeit teilen mit Steve Coogan, Laura Linney und Rebecca Hall.

Gere: Narzissmus sollte nicht Antrieb sein

Bei dem Familiendrama im Stil von „Der Gott des Gemetzels“ verhandeln zwei Brüder mit ihren Partnerinnen in einem Luxusrestaurant über das scheußliche Verbrechen ihrer halbwüchsigen Söhne. Sich als Superstar in ein Ensemble zu fügen – kein Problem für Hollywood-Eminenz Richard Gere.

„60 Filme – und mich gibt es immer noch“, sagt er zwar stolz. Von jeglicher Egomanie aber hat er sich schon lange verabschiedet. „Der Wunsch, andere zu erreichen, sollte unsere treibende Kraft sein, nicht der Narzissmus“, sagt Gere, der sich vor fast 30 Jahren zum Buddhismus bekannte.

Richard Gere ist der Anti-Trump

„Das Konzept des Ichs ist eine Illusion.“ Es gebe kein fest umrissenes Selbst. „Je tiefer ich den Richard in mir suche, desto eher verflüchtigt er sich.“ Er sagt viele solcher Sätze, um dann wieder einen Schluck grünen Tee zu trinken und seinen Worten den nötigen Raum zu geben.

Und so erscheint er wie der Gegenentwurf zu Egozentriker Donald Trump und seinen Brachial-Reden. „Seine Amtseinführung war der dunkelste Moment in der Geschichte der USA, den ich miterlebt habe. Es ist immer noch unfassbar“, sagte er, aber auch das klingt ganz und gar nicht sauer.

Gere glaubt an das Gute im Menschen

Denn: „Am nächsten Tag standen Millionen von Menschen Arm in Arm auf den Straßen von Washington und demonstrierten Solidarität und Freundlichkeit, und ich dachte mir: Das ist es, wie wir wirklich sind. Die Chance, die darin liegt, dass jemand so komplett Inkompetentes an der Macht ist, ist die, dass wir uns nun auf die Großzügigkeit unseres Geistes besinnen können.“

Denn Gere ist überzeugt, dass die Menschen von Grund auf gut seien. Das Böse sei wie eine Krankheit, von der jeder befallen, aber auch geheilt werden könne. Es ist Gere, der Buddhist, der ältere Bilder von ihm inzwischen komplett überlagert.

In seinen Filmen hatte Gere anderes Image

Das von Gere, dem rücksichtslosen Sexsymbol aus Filmen der frühen 80er wie „Atemlos“, „Ein Offizier und Gentleman“ und „Ein Mann für gewisse Stunden“. Gere, der mit Cindy Crawford das Glamour-Paar der 90er-Jahre bildete. Und Gere, der sanfte Millionär aus „Pretty Woman“ (1990).

Als das Gespräch auf das unvergessene Romantikmärchen mit Julia Roberts kommt, winkt die Pressefrau im Hintergrund nervös mit den Armen. Man sei ja schließlich hier, um über den neuen Film zu reden.

Gere fürchtet Aufkauf von Hollywood durch China

Er sei überrascht gewesen, dass „Pretty Woman“ so aufgenommen wurde, sagt Gere dann trotzdem. „Ich dachte nur: Wow!“, erinnert er sich. Letztendlich seien es „die Kräfte des Universums“, die über den Erfolg entscheiden. Dann spricht er noch darüber, dass sein Freund, der Dalai Lama, den Namen für seinen Sohn Jigme (17) aus seiner seit 2015 geschiedenen Ehe mit der Schauspielerin Carey Lowell ausgesucht hat. Jigme heißt „angstlos“ auf Tibetisch. Angst kennt auch Gere nicht, er sei ein durch und durch positiver Mensch.

Aber eine Befürchtung äußert er dann doch. Nämlich die, dass China, wo Gere wegen seiner Freundschaft zum Dalai Lama Einreiseverbot hat, die Hollywood-Studios aufkaufen könnte. 2016 übernahmen die Chinesen für 3,5 Milliarden Dollar bereits das Filmstudio Legendary Entertainment („Jurassic World“). Aber vielleicht kann in Zukunft ein Richard Gere als Präsident Schlimmeres verhindern. In einer perfekten Welt.