Köln. Nach dem Busunglück in Bayern gibt es eine Debatte über Technik und Brandschutz. Wie sicher sind Busse? Das müssen Reisende wissen.

Einsteigen, sich um nichts kümmern müssen, auf einem bequemen Sitz von Ort zu Ort geschaukelt werden: Busfahren hat viele Vorteile. Vor allem etwas ältere Menschen machen gerne so Urlaub. In Deutschland werden nach Angaben des Internationalen Bustouristik Verbandes (RDA) 4,8 Millionen Busurlaubsreisen (ab fünf Tage) sowie zehn Millionen Kurzbusreisen (zwei bis vier Tage) unternommen.

Nach dem Unglücksdrama auf der A9 in Bayern, bei dem am Montag 18 Menschen starben, rückt jedoch die Frage nach der Sicherheit von Bussen in den Mittelpunkt.

Im Jahr 2015 gab es fünf Tote bei Busunfällen

Die gute Nachricht: Schwere Unfälle mit Bussen sind sehr selten, seit Ende der 90er-Jahre wurden die Sicherheitsmaßnahmen deutlich erhöht. Auch die Unfallzahlen des Statistischen Bundesamtes belegen das geringe Risiko.

Demnach starben im Jahr 2015 bei Busunfällen fünf Menschen (vorläufige Statistik für 2016: vier), bei Autounfällen 1620; vergleichsweise am sichersten ist die Bahn – dort kamen bei Unfällen drei Reisende ums Leben.

Die Zeiten klappriger Fahrzeuge, in denen auf längeren Strecken auch mal auf dem Boden geschlafen wurde, sind längst vorbei. Die Sicherheitsstandards für Busse seien in ganz Europa hoch, sagt RDA-Sicherheitsexperte Johannes Hübner. Die Busflotten in Deutschland seien im Schnitt sechs Jahre alt.

Plätze in der Mitte am Gang gelten als relativ sicher

Seit Mitte 1998 müssen Reisebusse mit einem Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen Zweipunktgurte an den Sitzplätzen haben, Reiseleiter und Busfahrer sind mit Dreipunktgurten gesichert. Der Busfahrer muss die Passagiere auf die Anschnallpflicht hinweisen.

Eine Sicherheitseinweisung wie im Flugzeug gibt es jedoch nicht, allenfalls liegen Merkblätter auf den Sitzen. Wer sich im Bus nicht anschnallt, begeht eine Ordnungswidrigkeit – Bußgeld 30 Euro. Laut TÜV Rheinland gelten Plätze in der Mitte des Busses am Gang als relativ sicher, da Busse bei Unfällen eine große Knautschzone haben.

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    Alle fünf Jahre ein Gesundheitscheck des Fahrers

    Und wie sieht es mit dem Zustand der Fahrzeuge aus, mit der Fähigkeit der Fahrer? „Busse werden unter anderem einmal jährlich komplett technisch überprüft. Ab dem vierten Jahr der Zulassung gibt es sogar vierteljährliche Prüfungen.

    Alle fünf Jahre muss die Fahrerlaubnis von Omnibusfahrern verlängert werden, wobei dafür auch Weiterbildung, ein Gesundheitscheck sowie eine augenärztliche Untersuchung notwendig sind“, sagt Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (bdo).

    Für Fahrer über 50 Jahren gebe es dabei zusätzliche Auflagen. „Zudem gibt es gesetzlich vorgeschriebene Lenk- und Ruhezeiten, damit Fahrer nicht unter Müdigkeit leiden, wenn sie am Steuer sind.“

    Nach einem zweiten Fahrer erkundigen

    Wer als Busreisender auf Nummer sicher gehen möchte, sollte kritisch bleiben, bevor er einsteigt. Macht der Bus einen heruntergekommenen Eindruck oder hat er abgefahrene Reifen, sind das Alarmsignale.

    Im Internet unter sicherheit-im-reisebus.de gibt es eine Checkliste. Darin wird unter anderem empfohlen, sich vom Reiseveranstalter bestätigen zu lassen, dass die Bestimmungen zu den Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer bei der Planung eingehalten werden.

    Darüber hinaus sollte man sich erkundigen, ob für die Fahrt ein zweiter Fahrer notwendig ist und ob alle technischen Kontrolluntersuchungen durchgeführt wurden. Prüfen könne man auch, ob gültige Plaketten der Hauptuntersuchung sowie der Sicherheitsprüfung – das sogenannte SP-Siegel – am Bus angebracht seien.

    Viele Tote bei schwerem Busunglück auf der A9

    Auf der A9 bei Münchberg ist es am 3. Juli zu einem sehr schweren Verkehrsunfall gekommen. Ein Reisebus bei dem Unglück brannte aus.
    Auf der A9 bei Münchberg ist es am 3. Juli zu einem sehr schweren Verkehrsunfall gekommen. Ein Reisebus bei dem Unglück brannte aus. © dpa | Nicolas Armer
    Ein Reisebus war bei dem Unfall auf einen Lkw aufgefahren.
    Ein Reisebus war bei dem Unfall auf einen Lkw aufgefahren. © dpa | News5 / Fricke
    Danach hatte der Bus mit insgesamt 68 Insassen Feuer gefangen.
    Danach hatte der Bus mit insgesamt 68 Insassen Feuer gefangen. © dpa | Nicolas Armer
    Nur noch ein ausgebranntes Gerippe des verunglückten Reisebusses ist übrig geblieben.
    Nur noch ein ausgebranntes Gerippe des verunglückten Reisebusses ist übrig geblieben. © dpa | Matthias Balk
    „Der Bus stand lichterloh in Flammen“, sagte ein Feuerwehrmitarbeiter.
    „Der Bus stand lichterloh in Flammen“, sagte ein Feuerwehrmitarbeiter. © dpa | Nicolas Armer
    Der Unfallort liegt zwischen den Anschlussstellen Münchberg-Süd und Gefrees.
    Der Unfallort liegt zwischen den Anschlussstellen Münchberg-Süd und Gefrees. © dpa | Google
    Das Luftbild zeigt die Unfallstelle auf der Autobahn A9 bei Münchberg.
    Das Luftbild zeigt die Unfallstelle auf der Autobahn A9 bei Münchberg. © dpa | Bodo Schackow
    Und auch diese Aufnahme macht das Unglück sichtbar.
    Und auch diese Aufnahme macht das Unglück sichtbar. © dpa | Bodo Schackow
    Der komplett ausgebrannte Bus, daneben Feuerwehr- und Rettungswagen sowie Leichenwagen.
    Der komplett ausgebrannte Bus, daneben Feuerwehr- und Rettungswagen sowie Leichenwagen. © Getty Images | Getty Images
    Experten der Polizei unter einem Zelt neben Särgen und Rettungskräften.
    Experten der Polizei unter einem Zelt neben Särgen und Rettungskräften. © dpa | Nicolas Armer
    Bei dem schweren Busunfall sind nach Erkenntnissen der Polizei vermutlich 18 Menschen ums Leben gekommen. 30 der 48 Insassen seien verletzt worden, einige von ihnen schwer.
    Bei dem schweren Busunfall sind nach Erkenntnissen der Polizei vermutlich 18 Menschen ums Leben gekommen. 30 der 48 Insassen seien verletzt worden, einige von ihnen schwer. © dpa | Nicolas Armer
    Die A9 wurde in beiden Fahrtrichtungen gesperrt, so dass vier Rettungshubschrauber auf der Fahrbahn landen konnten.
    Die A9 wurde in beiden Fahrtrichtungen gesperrt, so dass vier Rettungshubschrauber auf der Fahrbahn landen konnten. © dpa | News5 / Fricke
    Auf der Fahrbahn stauten sich die Fahrzeuge.
    Auf der Fahrbahn stauten sich die Fahrzeuge. © dpa | Nicolas Armer
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierte mit Trauer im Landtag in Stuttgart (Baden-Württemberg) auf das schwere Busunglück.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierte mit Trauer im Landtag in Stuttgart (Baden-Württemberg) auf das schwere Busunglück. © dpa | Christoph Schmidt
    Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich vor Ort auf der A9 mit Bestürzung gegenüber der Presse.
    Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich vor Ort auf der A9 mit Bestürzung gegenüber der Presse. © dpa | Nicolas Armer
    Die Bundesregierung hat ihr tiefes Mitgefühl für die Opfer des Busunfalls in Oberfranken geäußert.
    Die Bundesregierung hat ihr tiefes Mitgefühl für die Opfer des Busunfalls in Oberfranken geäußert. © dpa | News5 / Fricke
    Merkels Dank gehe „an alle Rettungskräfte, Ärzte, Sanitäter, Seelsorger, die im Einsatz waren und sind, um Verletzte zu bergen, um Menschen zu betreuen in einer entsetzlichen Situation.“
    Merkels Dank gehe „an alle Rettungskräfte, Ärzte, Sanitäter, Seelsorger, die im Einsatz waren und sind, um Verletzte zu bergen, um Menschen zu betreuen in einer entsetzlichen Situation.“ © dpa | News5 / Fricke
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    Notbremsassistenten sind bei neueren Bussen Pflicht

    Inzwischen sind moderne Busse mit Spurhalte- und Abstandsassistenten ausgerüstet – viel Technik, die aus dem Lastkraftverkehr kommt.

    Busse, die nach dem 1. November 2015 zugelassen sind, müssen mit sogenannten Notbremsassistenten ausgestattet sein, die manuell abschaltbar sind. Das Deaktivieren sollte nach Ansicht von Hermann Winner, Experte für autonomes Fahren an der TU Darmstadt, künftig nicht mehr möglich sein.

    „Materialien leichter entflammbar als in der Bahn“

    Im Mittelpunkt der Diskussion nach dem Unfalldrama auf der A9 steht das Risiko durch Brände im Bus. „Das große Problem liegt in den Innenraummaterialien der Busse: Sie sind deutlich leichter entflammbar als die, die die Deutsche Bahn verbauen muss“, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer.

    Zwar müssen laut den Sicherheitsvorschriften je nach Größe ein oder zwei Feuerlöscher à sechs Kilo Füllmasse bei Bussen an Bord sein. Aber selbst eine automatische Löscheinrichtung hätte die Katastrophe kaum verhindern können, glaubt RDA-Sicherheitsexperte Hübner.

    Diese lösche im Motorraum, eventuell auch im Gepäckraum und in der Toilette, für den Innenraum aber sei sie nicht zugelassen, weil die chemischen Löschmittel Passagiere beeinträchtigen können.

    Verschiedene Theorien zur Unfallursache

    Die Unglücksursache des Busses aus Sachsen und vor allem, wie es zu dem massiven Feuer nach dem Aufprall auf den Lkw am Stauende kam, wird derzeit noch untersucht.

    Experten haben verschiedene Theorien: Eine abgerissene Kraftstoffleitung könnte einen Brand ausgelöst haben, den der Fahrer zunächst nicht bemerkt hatte.

    Für „völlig abwegig“ hält dies Johannes Hübner – „den Rauch hätte der Fahrer über die Lüftung mitbekommen“. Hübner geht von einem Kurzschluss am Armaturenbrett nach dem Aufprall aus. (mit dpa)